Verfahrensgang
AG Oranienburg (Aktenzeichen 33 F 62/01) |
Tenor
Das Ablehnungsgesuch wird zurückgewiesen.
Gründe
Das gemäß §§ 42 ff. ZPO zulässige Ablehnungsgesuch bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Gemäß § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit statt, sofern ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Erforderlich dafür sind objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und daher nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden reichen nicht aus (allg. Meinung, vgl. nur Zöller-Vollkommer, ZPO, 22. Aufl. 2001 § 42 Rn. 9 m. w. R).
Ein solcher eine Ablehnung objektiv rechtfertigender Grund ist nicht darin zu sehen, dass das Amtsgericht eine Verurteilungsprognose aus der strafrechtlichen Ermittlungsakte betreffend den Antragsgegner zu prüfen beabsichtigt, ohne dass der Antragsgegner bzw dessen Prozessbevollmächtigter bislang Kenntnis vom Inhalt dieser Ermittlungsakte hat.
Das Umgangsrechtsverfahren bestimmt sich nach den Vorschriften des FGG, § 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, und wird vom sogenannten Amtsermittlungsgrundsatz beherrscht. Danach hat das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen gemäß §§ 12 FGG, 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO aufzuklären. Art und Umfang der Ermittlungen bestimmen sich nach der Lage des jeweiligen Einzelfalls; der Amtsrichter entscheidet hierüber nach pflichtgemäßem Ermessen (BayObLG FamRZ 1995, 501, 502). Je nachhaltiger in das Umgangsrecht eingegriffen wird, umso hoher sind die Anforderungen für die Amtsermittlungspflicht; insbesondere wenn – wie es hier seitens der Antragstellerin beantragt wird – das Umgangsrecht eines Elternteils vollständig ausgeschlossen werden soll, gehen die Amtsermittlungspflichten aufgrund dieses schwerwiegendsten Eingriffes in das Umgangsrecht besonders weit.
Unter Berücksichtigung dessen war das Amtsgericht im vorliegenden Fall nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, sich Kenntnis von den strafrechtlichen Ermittlungen zu verschaffen Dies folgt aus dem von der Antragstellerin erhobenen Vorwurf sexueller Straftaten des Antragsgegners, die dieser zumindest an fremden Kindern vorgenommen haben soll. Da ein möglicher sexueller Mißbrauch bei der Beurteilung der Eignung eines Elternteils zur Wahrnehmung des Umgangsrechts erhebliche Bedeutung haben kann, hat das Gericht diesem nachzugehen. Für das Umgangsrecht ist von Bedeutung, ob die Gefahr des sexuellen Mißbrauchs besteht. Zwar trägt der bloße Verdacht des sexuellen Mißbrauchs für sich alleine betrachtet einen völligen Abbruch des Umgangsrechts nicht (OLG Celle FamRZ 1998, 973). Maßgeblich ist jedoch die Intensität des Tatverdachts; das Familiengericht muss unabhängig von dem Stand eines bereits laufenden Ermittlungsverfahrens (OLG Bamberg FamRZ 2000, 43) im Einzelfall das Gewicht des Tatverdachts und der möglichen Gefahren für das Kindeswohl prüfen und abwägen (Oelkers in Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 3. Aufl. 2001 Rn. 669 mit weiteren Nachweisen). Erscheint es nach den (polizeilichen und staatsanwaltlichen) Ermittlungsergebnissen durchaus möglich, dass ein sexueller Mißbrauch begangen wurde, kommt die Einschränkung des Umganges bis hin zum Ausschluss in Betracht (OLG Bamberg FamRZ 1994, 719; Oelkers, a.a.O. Rn. 671).
Die erforderliche Prüfung und Abwägung kann das Amtsgericht aber nur dann anstellen, wenn es sich Kenntnis von dem Stand des Ermittlungsverfahrens verschafft. Insoweit hat das Amtsgericht zu Recht die Ermittlungsakten beigezogen, um hieraus eine Prognose hinsichtlich der Qualität des Verdachtes eines sexuellen Mißbrauches erstellen zu können.
Bedenken an dieser Verfahrensweise bestehen auch nicht deshalb, weil dem Antragsgegner bzw. dessen Prozessbevollmächtigten der Inhalt der Ermittlungsakten bislang nicht bekannt ist; der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) wird dadurch nicht verletzt.
Zwar steht nicht dem Antragsgegner als Beschuldigten, wohl aber seinem Prozessbevollmächtigten bei Darlegung berechtigter Interessen ein Akteneinsichtsrecht zu, welches nur unter besonderen Voraussetzungen versagt werden kann, § 406 e Abs. 1 und 2 StPO. Dass der Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners von seinem Akteneinsichtsrecht bislang keinen Gebrauch gemacht hat, ist damit unabhängig von den dafür bestehenden Gründen ohne Belang. Zu Recht hat daher auch das Amtsgericht dem Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners keine Einsicht in die kopierte Ermittlungsakte gegeben, da dies allein Sache der jeweiligen Ermittlungsbehörde (der Polizei bzw. hier der Staatsanwaltschaft) ist. Insoweit stellt sich aber auch das weitere Verhalten des Amtsrichters als korrekt dar Soweit der Amtsrichter dem Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners angeboten hat, die Verhandlung zu vertagen, um ihm so die Gelegenheit zu geben, Akteneinsicht bei der Ermittlu...