Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 21. September 2017 abgeändert.

Die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder K... E..., geboren am ... August 2013, und J... E..., geboren am ... Dezember 2014, wird auf die Mutter allein übertragen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin 4/5 und der Antragsgegner 1/5 zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die beteiligten Eltern streiten um die elterliche Sorge für ihre Söhne.

Die Eltern der beiden fünf- und sechsjährigen Jungen sind seit November 2014 getrennt lebende Eheleute. Zwischen ihnen ist ein Scheidungsverfahren vor dem Familiengericht in Nauen zum Aktenzeichen 18 F 110/15 anhängig. Die Beschwerdeführerin ist japanische Staatsangehörige, der Beschwerdegegner ist deutscher Staatsangehöriger. Die Kinder haben die deutsche und die japanische Staatsangehörigkeit. Seit der Trennung leben die Kinder im Haushalt der Antragstellerin. Der Antragsgegner hatte - teilweise begleiteten - Umgang mit den Kindern. Zwischen den Eltern waren bzw. sind noch immer mehrere gerichtliche Verfahren anhängig, darunter auch ein nicht abgeschlossenes Umgangsverfahren. Die Antragstellerin hat das vorliegende Verfahren eingeleitet, weil sie mit den Kindern nach Japan umziehen wollte, wo sie ihre Familie, Freunde und bessere Erwerbsmöglichkeiten hätte. Zum 31. Mai 2017 ist die Antragstellerin ohne Wissen des Antragsgegners und gegen dessen Willen unter Mitnahme von beiden Kindern nach Japan ausgereist und dort zu ihren Eltern in deren Einfamilienhaus gezogen (Bl. 458). Nach ihrem Verschwinden aus dem von ihr mit den Kindern bis Mai 2018 bewohnten Haus in F... hat sie ihren und der Kinder Aufenthaltsort zunächst geheim gehalten. Erst während des Beschwerdeverfahrens, im Juni 2018 (Bl. 375), hat sie bekannt gegeben, dass sie mit den Kindern nach Japan gezogen ist.

Der Vater hat ein Rückführungsverfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ) in Japan durch zwei Instanzen erfolgreich geführt. Der Tokyo High Court hat die Rückführung der Kinder im Jahr 2018 angeordnet. Der Vater hat erfolglos versucht, diese Entscheidung zu vollstrecken. Ein Vollstreckungsversuch scheiterte Anfang 2019 daran, dass die Entscheidung des High Court der Mutter nicht zugestellt werden konnte. Seit dem Verbringen der Kinder nach Japan hatte der Vater keinen Umgang mehr mit seinen Söhnen. Die Mutter hat ihm und den gemeinsamen Söhnen auch keinen sonstigen Kontakt, etwa via Skype, ermöglicht.

Die Beschwerdeführerin hat erstinstanzlich vorgetragen, die Kinder hätten zu ihr eine weitaus engere Bindung als zum Antragsgegner. Sie habe die Kinder bestens betreut, an ihrer Erziehungsfähigkeit bestehe kein Zweifel. Insbesondere J... habe keine besonders enge Bindung zu seinem Vater, weil sich die Eltern bereits vor seiner Geburt getrennt hätten.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die elterliche Sorge für die gemeinsamen minderjährigen Kinder K... E..., geboren am ... August 2013, und J... E..., geboren am ... Dezember 2014, auf die Kindesmutter allein zu übertragen,

hilfsweise,

das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Gesundheitssorge für die gemeinsamen Kinder K... E..., geboren am ... August 2013, und J... E..., geboren am 5. Dezember 2014, auf die Kindesmutter allein zu übertragen,

Der Antragsgegner hat beantragt,

die Anträge der Antragstellerin abzuweisen,

die elterliche Sorge für die minderjährigen Kinder K... E..., geboren am ... August 2013, und J... E..., geboren am ... Dezember 2014, auf den Kindesvater allein zu übertragen,

hilfsweise,

das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder K... E..., geboren am ... August 2013, und J... E..., geboren am ... Dezember 2014, auf den Kindesvater allein zu übertragen,

Der Antragstellerin fehle die erforderliche Bindungstoleranz. Es sei entgegen ihrer Ankündigung, einmal jährlich nach Deutschland reisen zu wollen, um Vater und Kindern Umgang zu ermöglichen, mit einem vollständigen Kontaktabbruch zwischen Vater und Kindern zu rechnen. Dies und der Umstand, dass die Kinder aus ihrem vertrauten Umfeld herausgerissen würden, widerspräche dem Kindeswohl.

Das Amtsgericht hat die beteiligten Eltern und das Jugendamt (Bl. 26) angehört. Es hat in einem parallel geführten Verfahren der Eltern um den Umgang des Vaters mit den Kindern (18 F 88/16) ein Sachverständigengutachten (Bl. 200 ff.) zu der Frage eingeholt, ob die Eltern ihre Elternverantwortung gemeinsam ausüben können, wie den objektiven Kindesinteressen am ehesten Rechnung getragen werden kann und ob ein Umzug der Mutter mit den Kindern nach Japan deren Wohl diene (Bl. 202).

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug nimmt, hat das Amtsgericht die elterliche Sorge für die Kinder auf den Antragsgegner allein übertragen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Ziel, ihrerseit...

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