Leitsatz (amtlich)
1. Vergütungsfähig im Tätigkeitsbereich des Verfahrenspflegers sind regelmäßig nur ein erstes Gespräch mit dem Kind bzw. weitere Gespräche vor und nach gerichtlichen Anhörungsterminen, die Teilnahme an mündlichen Terminen vor dem Gericht, das Aktenstudium sowie der damit verbundene Schriftwechsel. Vergütet wird auch dabei nicht der geltend gemachte, sondern nur der für die Erfüllung der vorgenannten Aufgaben notwendige Zeitaufwand (Plausibilitätsprüfung).
2. Der Verfahrenspfleger soll als „Sprachrohr des Kindes” die eigenständigen Wünsche, Vorstellungen und Interessen des Kindes erkennen und dem Gericht unterbreiten.
3. Verhaltensbeobachtungen innerhalb des gewohnten Umfeldes des Kindes, insb. in der mütterlichen und väterlichen Wohnung sind grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Etwas anderes kann bei besonders jungen Kinder (hier: Alter ca. 2 Jahre) gelten.
4. Der Verfahrenspfleger hat keine Sachverhaltsaufklärung (z.B. durch Einholen Auskünfte Dritter) zu betreiben. Kontakte mit den übrigen Verfahrensbeteiligten sind daher regelmäßig nicht erstattungsfähig, selbst wenn diese zur Konfliktlösung beitragen.
5. Der Zeitaufwand für die Begründung und Durchsetzung des Vergütungsanspruches ist nicht erstattungsfähig.
Verfahrensgang
AG Cottbus (Beschluss vom 13.08.2003; Aktenzeichen 52 F 253/01) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 21.8.2003 wird der Beschluss des AG Cottbus vom 13.8.2003, Az. 52 F 253/01, – unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels und Antrages des Beschwerdeführers – dahingehend abgeändert, dass die dem Verfahrenspfleger aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung nebst Aufwendungsersatz für die Zeit vom 26.6.2001 bis zum 28.2.2002 auf 343,75 Euro nebst 5 % seit dem 16.4.2002 festgesetzt wird.
Die Gerichtsgebühren des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer ausgehend von einem Gegenstandswert von 487,53 Euro zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
1. Die gem. §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 S. 3, 56g Abs. 1, Abs. 5 S. 1 FGG zulässige sofortige Beschwerde des Betreuungsvereins, dem der Verfahrenspfleger angehört, wurde form- und fristgerecht eingelegt. Der Beschwerdewert übersteigt 150 Euro, sodass die sofortige Beschwerde zulässig ist.
2. Sie hat in der Sache jedoch überwiegend keinen Erfolg. Dem Betreuungsverein steht eine Vergütung für nur 790 Minuten zu je 16,11 Euro in der Stunde (= 212,12 Euro) zzgl. 7 % Umsatzsteuer (= 226,97 Euro), sowie Aufwendungsersatz i.H.v. 3 Euro Telefonkosten für 50 Einheiten, 0,30 Euro für zwei Kopien, 2,24 Euro für Portokosten und 111,24 Euro für 412 km Fahrtkosten zu. Der Ansatz der Umsatzsteuer entfällt beim Aufwendungsersatz.
a) Der Betreuungsverein kann nach §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG, 1908e, 1908i Abs. 1 BGB im eigenen Namen Ersatz der entstandenen Aufwendungen nach § 1835 Abs. 1 BGB und eine Vergütung nach den §§ 1836 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, 1836a, § 1 BVormVG verlangen. Die Bestimmung des § 1908e BGB ist auf die Fälle der gesetzlich nicht geregelten „Vereinsverfahrenspflegschaft” entspr. anwendbar (OLG Brandenburg, FamRZ 2003, 882 f.). Vergütungspflichtig sind jedoch nur die Zeiten und Aufwendungen, die auf die vom Gesetz dem Verfahrenspfleger zugewiesenen Tätigkeiten entfallen. Dies hat der Gesetzgeber in seiner Begründung zu dem Betreuungsrechtsänderungsgesetz ausdrücklich betont (BT-Drucks. 13/7158, 1) und in dem Wortlaut von § 1 BVormVG zum Ausdruck gebracht („für die Führung der Vormundschaft erforderliche Zeit”).
Bei der Frage, welche Tätigkeiten vergütungspflichtig sind, ist mithin auf die gesetzliche Zweckrichtung seiner Bestellung abzustellen, Defizite bei der Wahrnehmung der Interessen des betroffenen Kindes zu verhindern. Dies veranlasste den Gesetzgeber, dem Kind durch den Verfahrenspfleger die Möglichkeit zu geben, auf das Verfahren Einfluss nehmen zu können. Er ist deshalb an den Verfahrenshandlungen zu beteiligen, ihm ist Gelegenheit zu geben, Stellung zu nehmen, und er ist zu Anhörungsterminen zu laden, §§ 50a, 50b FGG (Keidel/Kuntze/Winkler/Engelhardt, FG, 15. Aufl., § 50 Rz. 22). Seine Position ist damit mit der eines Prozessbevollmächtigten des Kindes vergleichbar (OLG Brandenburg v. 22.11.2000 – 9 WF 218/00, FamRZ 2001, 692; OLG Brandenburg v. 22.11.2000 – 9 WF 218/00, FamRZ 2002, 969 [970]; OLG München OLGReport München 2000, 304). Der Verfahrenspfleger erbringt daher regelmäßig nur folgende vergütungspflichtig Leistungen:
Unmittelbar nach der Bestellung erfolgt das Aktenstudium und die Aktenauswertung, da es zweifellos zur Aufgabe des Verfahrenspflegers gehört, sich die für die Durchführung seiner Tätigkeit notwendige Informationen zu verschaffen. Gemäß § 34 FGG ist er hierzu berechtigt, in die gerichtliche Akten Einsicht zu nehmen und diese durchzuarbeiten. Der Verfahrenspfleger hat zudem das Recht und die Pflicht, sich mit allen am Verfahren Beteiligten Personen und Institutionen und insb. den insoweit abgegebenen Stellungnahmen auseinander zu setzen, sodass auch d...