Leitsatz (amtlich)
1. Eine wirksame Mahnung muss den Zeitpunkt, von dem an Unterhalt verlangt wird, erkennen lassen.
2. Soweit das Jugendamt im Zusammenhang mit einem Unterhaltsanspruch nach § 1615l BGB tätig wird, handelt es nicht als gesetzlicher Vertreter.
Normenkette
BGB § 286 Abs. 1, § 1613 Abs. 1; SGB VIII § 18
Verfahrensgang
AG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 24.08.2005; Aktenzeichen 5.3 F 274/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Der Klägerin kann Prozesskostenhilfe über die durch den angefochtenen Beschluss erfolgte Bewilligung hinaus nicht gewährt werden. Insoweit bietet ihre Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Bei der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 114 Rz. 19; Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf-/Gutjahr, § 1 Rz. 254) kann nicht angenommen werden, dass die Klägerin Unterhalt gem. § 1615l BGB vom Beklagten auch für die Vergangenheit, nämlich für die Monate April bis November 2004 verlangen kann.
Gemäß § 1615l Abs. 3 Satz 1 BGB sind beim Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten entsprechend anzuwenden. § 1615l Abs. 3 Satz 4 BGB bestimmt ausdrücklich noch die entsprechende Anwendung von § 1613 Abs. 2 BGB. Die Geltendmachung von Unterhalt für die Vergangenheit ohne Einschränkungen gem. § 1613 Abs. 2 BGB kommt vorliegend aber mit Rücksicht darauf, dass auf Grund der Vaterschaftsanerkennung durch den Beklagten mit Urkunde vom 28.2.2003 von diesem Zeitpunkt an die Vaterschaft des Kindes Aaron feststand, nicht in Betracht. Wenn aber die Vorschrift des § 1613 Abs. 2 BGB nicht greift, müssten auch im Hinblick auf den Unterhaltsanspruch der nichtehelichen Mutter die allgemeinen Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB vorliegen (Eschenbruch/Wohlgemuth, Der Unterhaltsprozess, 3. Aufl., Rz. 4049). Demnach muss der Beklagte entweder zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs zur Auskunftserteilung aufgefordert oder aber in Verzug gekommen sein. Beide Voraussetzungen liegen auch unter Berücksichtung der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Anlagen K 18 und K 19 nicht vor.
Mit Schreiben vom 15.4.2004 (Anlage K 19) hat das Jugendamt des Landkreises Oder-Spree den Beklagten unter der Überschrift "Unterstützungsantrag gem. § 18 Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) für Ihren Sohn A.L.R." mitgeteilt, dass dessen Originalbelege zurückgesendet würden, es der Beklagte jedoch versäumt habe, den Steuerbescheid aus dem vergangenen Jahr zu übermitteln und, sollte dieser bis zum 23.4.2004 nicht vorliegen, lediglich 5 % für berufsbedingte Aufwendungen auf das Einkommen anzurechnen seien. Mit Schreiben vom 28.4.2004 (Anlage K 18) hat das Jugendamt unter derselben Überschrift dem Beklagten mitgeteilt, dass sein bereinigtes Einkommen 1.381 EUR betrage, sodass unter Berücksichtigung des Selbstbehalts 606 EUR für Unterhaltszahlungen eingesetzt werden müssten. Es ergebe sich ein Anspruch des Kindes von 159 EUR und der Mutter von 447 EUR. Zur Sicherung des Unterhaltsanspruchs für den Sohn werde die urkundliche Verpflichtung angeregt. Diese beiden Schreiben rechtfertigen die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs nach § 1615l BGB ab April 2004 nicht. Dabei kann dahinstehen, ob das Jugendamt überhaupt anstelle der Klägerin berechtigt ist, den Unterhaltsanspruch nach § 1615l BGB gegen den Beklagten geltend zu machen. Gemäß § 18 Abs. 1 SGB VIII - Kinder- und Jugendhilfe - haben Mütter und Väter, die allein für ein Kind oder einen Jugendlichen zu sorgen haben oder tatsächlich sorgen, Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge einschließlich der Geltendmachung von Unterhalts- oder Unterhaltsersatzansprüchen des Kindes oder Jugendlichen. Die Mutter, der die elterliche Sorge nach § 1626a Abs. 2 BGB zusteht, hat Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Geltendmachung ihrer Unterhaltsansprüche nach § 1615l BGB, § 18 Abs. 2 SGB VIII (vgl. hierzu Strick in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 18 SGB VIII, Rz. 5 f.). Gemäß § 52a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII hat das Jugendamt unverzüglich nach der Geburt eines Kindes, dessen Eltern nicht miteinander verheiratet sind, der Mutter Beratung und Unterstützung insb. bei der Vaterschaftsfeststellung und der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen des Kindes anzubieten (vgl. hierzu MünchKomm/Strick, BGB, 4. Aufl., § 652a SGB VIII, Rz. 2 f.). Soweit es um den Unterhaltsanspruch des Kindes selbst geht, wird das Jugendamt auf schriftlichen Antrag eines Elternteils gemäß § 1712 Abs. 1 Nr. 2 BGB Beistand des Kindes für die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen. In einem solchen Fall ist das Jugendamt gesetzlicher Vertreter des Kindes (Luthin/Seidel, Handbuch des Unterhaltsrechts, 10. Aufl., Rz. 4080; Palandt/Diederichsen, BGB, 65. Aufl., § 1712 Rz. 5 ff.) und als solche auch...