Entscheidungsstichwort (Thema)

Umgang des Kindes mit anderen Bezugspersonen: Voraussetzungen einer sozial-familiären Beziehung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Funktion als Haushaltshilfe, Kindermädchen und Freundin begründet nicht ohne weiteres die Stellung einer Bezugsperson gem. § 1685 Abs. 2 BGB.

 

Normenkette

BGB § 1685 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Beschluss vom 11.06.2010; Aktenzeichen 32 F 55/10)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Oranienburg vom 11.6.2010 - Az.: 32 F 55/10 - wird zurückgewiesen.

Von der Erhebung der Gerichtskosten wird abgesehen; außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die gem. §§ 58 Abs. 1; 59 Abs. 2; 63 Abs. 1, 3; 64 Abs. 1 FamFG zulässige Beschwerde ist aus den im Wesentlichen zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses unbegründet.

Die Antragstellerin hat als angebliche Bezugsperson des Kindes L. W. kein Umgangsrecht mit dem Kind gem. § 1685 Abs. 2 BGB. Nicht mit dem Kind verwandte enge Bezugspersonen haben nur dann ein Umgangsrecht mit einem minderjährigen Kind, wenn ein besonderes Näheverhältnis begründet worden ist. Notwendige Voraussetzung ist zunächst, dass eine sozial-familiäre Beziehung entstanden ist. Ohne Belang ist insoweit, ob diese Beziehung fortbesteht oder zwischenzeitlich abgerissen ist (BGH, FamRZ 2005, 114 mit näherer Begründung). Zusätzlich muss festgestellt werden, dass der Umgang dem Kindeswohl dient. In diesem Zusammenhang spielt auch eine Rolle, inwieweit die ursprünglich begründete Beziehung noch besteht (BGH, a.a.O.). Das ist hier nicht der Fall, wie das AG zutreffend festgestellt hat.

Eine sozial-familiäre Beziehung setzt voraus, dass der den Umgang Begehrende tatsächlich mindestens eine Zeit lang tatsächlich Verantwortung für das Kind getragen hat (BVerfG FamRZ 2004, 1705; BGH, a.a.O.; OLG Koblenz FamRZ 2009, 1229). Ein Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft, noch dazu über einen längeren Zeitraum, hat die Antragstellerin schon nicht behauptet. Sie will "als Haushaltshilfe, Kindermädchen und Freundin" fungiert haben und "jeden Tag" im Haushalt der Großmutter L. s gewesen sein. Eine häusliche Gemeinschaft setzt jedoch nicht nur häufige Anwesenheit am Tag (in welchem Umfang bleibt ohnehin bei den Angaben der Antragstellerin offen), sondern auch ein regelmäßiges oder jedenfalls über längere Zeiträume regelmäßiges Übernachten voraus (vgl.: OLG Koblenz, a.a.O.).

Ob durch einen regelmäßigen Kontakt über 9 Monate, zu dem das Abholen aus Kindergarten bzw. Vorschule, gemeinsames Spielen und "Unternehmungen" gehört haben sollen, eine tragfähige soziale Beziehung entstanden ist, kann nicht sicher festgestellt werden. Inwieweit die Antragstellerin neben der betreuenden Großmutter (der Großvater, der ebenfalls zum Haushalt gehörte findet bei der Antragstellerin keine Erwähnung) tatsächlich Verantwortung für L. übernommen hat, bleibt nach der kurzen Darstellung der Antragstellerin in ihrer Antragsschrift fraglich. Da § 1685 Abs. 2 BGB solche Verbindungen betrifft, wie sie in Art. 6 GG als Familie grundrechtlich geschützt werden, ist ersichtlich, dass nicht jeder längere Sozialkontakt geschützt werden soll, sondern nur gewachsene Vertrauensbeziehungen, wie sie in einer Familie oder vergleichbaren Strukturen bestehen. In der Beschwerde vom 29.6.2010 und dem Schriftsatz vom 10.5.2010 macht die Antragstellerin keinerlei weitergehende tatsächliche Angaben zu Art und Intensität des behaupteten Kontakts zu L.. Sie beschränkt sich vielmehr auf zusammenhanglose rechtliche Ausführungen und Vorwürfe ohne Tatsachenkern. Soweit sie Mitarbeiter des Krisenzentrums Wien und des Jugendamtes als Zeugen benannt hat, bleibt völlig offen, zu welchen Tatsachen diese Auskunft geben sollen. Schließlich hat die Befragung L. s ergeben, dass diese keine Ines kenne.

Selbst wenn man aber davon ausgehen würde, dass eine sozial-familiäre Beziehung zwischen der Antragstellerin und L. im Jahr 2008 bestanden hat, so ist jedenfalls ein Umgang nicht dem Kindeswohl dienlich.

Zum einen ist hier zu berücksichtigen, dass es aus derzeitiger Sicht L. s eine Beziehung zur Antragstellerin nicht gibt. Sie hat sowohl auf Befragen der Richterin am AG als auch durch den Verfahrensbeistand erklärt, sich nicht an ein Kindermädchen oder eine Person Ines erinnern zu können. Auch Pflegepersonen haben angegeben, dass L. über eine Ines nichts berichtet habe.

Schwerer wiegt allerdings die auch vom AG in den Vordergrund gestellte Erwägung, dass die Antragstellerin im Verfahren deutlich zu erkennen gegeben hat, dass sie die derzeitige Betreuungssituation des Kindes, die auf gerichtlichen Entscheidungen sowie der Zustimmung der Kindesmutter beruht, nicht zu tolerieren bereit ist. Vielmehr unterstützt die Antragstellerin massiv die in anderem Zusammenhang vom Senat als kindeswohlschädlich festgestellten Anliegen der Großmutter des Kindes. Sowohl letztere als auch d...

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