Leitsatz (amtlich)
Bei einer Kostenverteilung nach Quoten und bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugunsten einer Partei sind nicht die Kosten des Prozessgegners ohne Berücksichtigung der Kosten der bedürftigen Partei einerseits und die Wahlanwaltsvergütung des beigeordneten Anwalts ohne Berücksichtigung der Kosten des Prozessgegners andererseits jeweils unter Berücksichtigung der ausgeworfenen Quote in zwei Beschlüssen festzusetzen.
In einem derartigen Fall findet vielmehr auch in Bezug auf das Beitreibungsrecht des beigeordneten Anwalts eine Kostenausgleichung in einem einzigen Beschluss so statt, als ob keine Prozesskostenhilfe bewilligt worden wäre. (Aufgabe OLG Brandenburg, Beschl. v. 16.10.2002, 8 W 297/01)
Normenkette
ZPO §§ 106, 126
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 02.09.2005; Aktenzeichen 31 O 8/05) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss II des LG Frankfurt (Oder) vom 2.9.2005 - 31 O 8/05 - aufgehoben.
Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Beschwerdewert beträgt 758,64 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin nahm den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch. Dem Beklagten wurde auf seinen Antrag uneingeschränkt Prozesskostenhilfe bewilligt. Der Beklagte gab im Termin zur mündlichen Verhandlung eine Unterlassungserklärung ab, worauf die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärten.
Das LG hat die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91a ZPO der Klägerin zu 60 %, dem Beklagten zu 40 %, auferlegt.
Der Rechtspfleger des LG hat auf Antrag des beigeordneten Rechtsanwalts gem. § 126 ZPO mit Kostenfestsetzungsbeschluss I vom 2.9.2005 die ihm von der Klägerin zu erstattenden Kosten auf 1.001,43 EUR festgesetzt und i.H.v. 187,20e EUR einen Übergang des Erstattungsanspruchs auf die Landeskasse festgestellt. Dabei hat er ausschließlich die Wahlanwaltsvergütung des beigeordneten Rechtsanwalts und die an ihn geflossenen Zahlungen der Staatskasse berücksichtigt, nicht jedoch die Kosten der Klägerin mit einbezogen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss II vom gleichen Tage hat das LG die von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten i.H.v. 758,64 EUR festgesetzt. Dieser Betrag stellt 40 % der erstattungsfähigen Kosten der Klägerin dar. Die eigenen Kosten des Beklagten blieben unberücksichtigt.
Nach Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses II am 4.10.2005 hat der Beklagte selbst mit am 17.10.2005 bei Gericht eingegangenen Schreiben sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er sinngemäß geltend macht, es habe in dem Kostenfestsetzungsbeschluss II keine Kostenaufteilung entsprechend der vom LG ausgeworfenen Kostenquote stattgefunden. Er habe seinem beigeordneten Rechtsanwalt dessen Wahlanwaltsgebühren in vollem Umfang bezahlt. Zusätzlich solle er jetzt noch 40 % der Kosten der Gegenseite übernehmen, damit bezahle er 140 % an Rechtsanwaltsgebühren.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss I ist dem beigeordneten Rechtsanwalt am 10.10.2005 zugestellt, dem Beklagten selbst im Laufe des Beschwerdeverfahrens formlos übermittelt worden.
Der zuständige Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 11.7.2006 dem Rechtsbehelf des Beklagten nicht abgeholfen und ihn dem Brandenburgischen OLG zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde ist gem. den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 569 Abs. 1 ZPO zulässig.
Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Das LG hat, der Rechtsprechung des 8. Zivilsenates des Brandenburgischen OLG (Beschl. v. 16.10.2002, 8 W 297/0 1, zitiert nach Juris) folgend, das Kostenausgleichungsverfahren nach § 106 ZPO und das Festsetzungsverfahren nach § 126 ZPO getrennt und zwei separate Beschlüsse erlassen. Der 8. Zivilsenat des Brandenburgischen OLG ist seit mehreren Jahren aufgelöst. Der entscheidende 6. Zivilsenat ist innerhalb des Brandenburgischen OLG nunmehr allein zuständig für die Entscheidungen über Beschwerden in Kostensachen, die vorher der 8. Zivilsenat bearbeitet hat. Der 6. Zivilsenat folgt der - soweit erkennbar - von keinem anderen OLG vertretenen Ansicht des 8. Zivilsenates des Brandenburgischen OLG nicht.
Die Rechtsprechung des 8. Zivilsenates widerspricht dem Grundgedanken des § 106 ZPO, wonach bei einer Verteilung der Prozesskosten nach Quoten der Kostenausgleich einheitlich in einem Beschluss durchgeführt werden muss. Sie führt außerdem in Fällen wie dem vorliegenden, bei dem die mit Prozesskostenhilfe prozessierende Partei teilweise unterliegt, aber die ggü. dem Prozessgegner kleinere Kostenquote zu tragen hat, zu nicht zu rechtfertigenden Ergebnissen. Die bedürftige Partei wird durch die Trennung der Verfahren nach § 106 ZPO und nach § 126 ZPO schlechter behandelt, als wenn sie keine Prozesskostenhilfe erhalten hätte. Sie sieht sich nämlich einem Erstattungsanspruch ausgesetzt, der im Falle einer Ausgleichung nach § 106 ZPO überhaupt nicht entstehen würde. Der beigeordnete Anwalt kann demgegenüber nach der Rechtsprechung des 8. Zivilsenates gem. § 126 ZPO aus eigenem Recht einen höheren An...