Leitsatz (amtlich)
1. In dem im Scheidungsfall von Amts wegen zu betreiben Verfahren über den Versorgungsausgleich hat das Gericht gem. § 12 FGG von Amts wegen die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen zu veranlassen und die geeignet erscheinenden Beweise zu erheben. Die Ermittlungspflichten aus § 12 FGG betreffen sämtliche Umstände, die die Höhe und die Art und Weise des Versorgungsausgleiches betreffen können, insb. auch die Existenz von Anrechten und deren Bewertung.
2. Versicherungsprodukte der Riesterrente sind ebenfalls im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen.
3. Aus Klarstellungsgründen sollten die am Verfahren über den Versorgungsausgleich formell beteiligten Versorgungsträger in das Rubrum aufgenommen werden.
Verfahrensgang
AG Oranienburg (Aktenzeichen 34 F 260/02) |
Tenor
Die zum Versorgungsausgleich in Ziff. 1I. des Tenors des angefochtenen Urteils getroffene Regelung wird aufgehoben.
Das Verfahren über den Versorgungsausgleich wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das AG Oranienburg zurückverwiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 1.374,84 Euro.
Gründe
Die gem. § 621e ZPO zulässigen befristeten Beschwerden haben in der Sache insoweit Erfolg, als sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das AG führen. Das Verfahren zum Versorgungsausgleich leidet an einem schweren Verfahrensmangel, da das AG den Grundsatz der Amtsermittlung in nicht hinreichender Weise beachtet hat.
1. Das Verfahren über den Versorgungsausgleich ist im Scheidungsfall von Amts wegen zu betreiben; es bedarf für die Durchführung des Versorgungsausgleiches insb. keines Antrages der Eheleute oder eines sonstigen Beteiligten, § 623 Abs. 1 S. 3 ZPO. Da sich das Verfahren über den Versorgungsausgleich nach den Vorschriften des FGG bestimmt
(§ 621 Abs. 1 Ziff. 6, § 621a Abs. 1 ZPO), gilt für die Ermittlungen von Amts wegen § 12 FGG. Hiernach hat das Gericht die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen zu veranlassen und die geeignet erscheinenden Beweise zu erheben.
Die Ermittlungspflichten aus § 12 FGG betreffen sämtliche Umstände, die die Höhe und die Art und Weise des Versorgungsausgleiches betreffen können. Für das Verfahren über den Versorgungsausgleich hat dies zunächst zur Folge, dass das AG sämtliche im Rahmen des Versorgungsausgleiches nach § 1587a BGB möglicherweise zu berücksichtigenden Rechte und deren Dynamik (dazu BGH v. 10.9.1997 - XII ZB 126/95, FamRZ 1998, 424 f.) zu ermitteln und sodann zu überprüfen hat, ob diese Anrechte tatsächlich dem Versorgungsausgleich unterfallen, da nur so die von Amts wegen zu treffende Entscheidung über den Versorgungsausgleich ordnungsgemäß vorbereitet werden kann. Zur Erfüllung dieser Pflichten hat das AG bei allen in Betracht kommenden Beteiligten des Versorgungsausgleichsverfahrens gem. § 53b FGG entsprechende Auskünfte einzuholen (zum Ganzen OLG Brandenburg v. 6.2.2001 - 9 UF 257/00, FamRZ 2002, 168).
2. Dem ist das AG nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Auf Seiten der Antragstellerin sind - möglicherweise - nicht sämtliche in Betracht kommenden Versorgungsanrechte ermittelt worden.
Das AG hat nach dem Erhalt der Auskunft der Beteiligten zu 3. v. 22.11.2002 (Bl. 28 d.A.) keine weiter gehenden Ermittlungen hinsichtlich der zugunsten der Antragstellerin bestehenden fondsgebundenen Rentenversicherung (Vers.-Nr.: ...) angestellt. Weitergehende Ermittlungen waren jedoch erforderlich, da nach derzeitigem Stand zumindest nicht ausgeschlossen ist, dass diese Versicherung in den Versorgungsausgleich fällt.
Im Versorgungsausgleich ist diese Versicherung im Grundsatz schon deswegen zu berücksichtigen, weil sie als fondsgebundene Rentenversicherung mit aufgeschobener Rentenzahlung geführt wird und daher grundsätzlich dem Versorgungsausgleich unterfällt, sofern nicht ein Kapitalrecht besteht und sofern nicht ein solches bereits ausgeübt ist. Dies gilt auch, sofern es sich hierbei um einen sog. "Riester-Vertrag" handeln sollte. Versicherungsprodukte der Riesterrente sind ebenfalls im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen (Bergschneider, FamRZ 2003, 1609 [1612] - Familienrechtliche Konsequenzen der sog. Riester-Rente).
Da Versicherungsbeginn dieser Versicherung der 1.7.2002 ist und da das Ehezeitende i.S.d. § 1587 Abs. 2 BGB der 31.8.2002 ist, wie das AG zutreffend errechnet hat, ist die Versicherung auch mit dem noch zu ermittelnden Wert anzusetzen. Dabei ist zwar nicht auszuschließen, dass wegen der kurzen Laufzeit von lediglich zwei Monaten, die für den Ehezeitanteil hier maßgebend sind, kein Deckungskapital vorhanden ist. Andererseits ist es auch nicht ausgeschlossen, dass insb. auf Grund der Besonderheiten der sog. Riester-Rente - so es sich denn um eine solche handelt -, bei der die Vertragsabschlusskosten über einen längerfristigen Zeitraum gestreckt werden, bereits in den ersten Monaten sich ein Deckungskapital - anders als bei sonstigen Versicherungsverträgen - ansammel...