Verfahrensgang

LG Potsdam (Entscheidung vom 27.05.2019; Aktenzeichen 27 Ns 14/19)

AG Zossen (Aktenzeichen 10 Ds 593/18)

 

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Potsdam vom 27. Mai 2019 aufgehoben.

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Landeskasse.

 

Gründe

I.

1. Das Amtsgericht Zossen hatte mit Urteil vom 6. Februar 2019 den Angeklagten wegen "Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht" zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.

2. Die gegen dieses Urteil seitens des Angeklagten eingelegte Berufung hat die 7. kleine Strafkammer des Landgerichts Potsdam mit Urteil vom 27. Mai 2019 als unbegründet verworfen.

a) Das Berufungsgericht hat in seinem Urteil zur verfahrensgegenständlichen Weisung festgestellt, dass der Angeklagte durch Urteil des Landgerichts Berlin vom 7. Dezember 2011 (518-7 JuJs 1207/09 Kls 14/19) wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen und wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt worden war. Das Datum der Rechtskraft der Entscheidung wird nicht mitgeteilt. Der Angeklagte hatte die dem Urteil zugrunde liegenden Straftaten im Zeitraum zwischen Mai 2007 und dem ... Mai 2009 gegenüber den drei zur Tatzeit zwischen neun und elf Jahre alten Töchtern seiner damaligen Ehefrau begangen, die diese mit in die Ehe gebracht hatte. Seiner Stieftochter P... hatte der Angeklagte aus einer Verärgerung heraus in Misshandlungsabsicht mit der Hand einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf gegeben, wodurch sie mit der Stirn gegen die Kante eines gläsernen Esstisches gefallen war, wobei von der schmerzhaften und blutenden Wunde eine sichtbare Narbe zurückgeblieben ist. Die Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern hatte der Angeklagte dadurch verwirklich, dass er mit dem Zeigefinger in jeweils drei Fällen an der Scheide seiner Stieftöchter A... und An... manipulierte, um sich sexuell zu erregen. Den Fall des schweren sexuellen Missbrauch von Kindern hatte der Angeklagte den Urteilsfeststellungen zufolge am ... Mai 2009 dadurch verwirklicht, dass er sich, nachdem er seiner damals elfjährigen Stieftochter An... an der Scheide manipulierte, "mit seinem ganzen Gewicht auf den Körper des Mädchens" legte und "mit seinem erigierten Geschlechtsteil ungeschützt in die Scheide des Kindes" eindrang.

Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass der Angeklagte die Strafe aus dem Urteil vom 7. Dezember 2011 bis zum 1. September 2016 in der Justizvollzugsanstalt ... vollständig verbüßt habe. Mit Beschluss vom 8. September 2016 habe die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Berlin die Dauer der von Gesetzes wegen eintretenden Führungsaufsicht auf fünf Jahre festgelegt, den Angeklagten der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt und ihm diverse Weisungen erteilt. Unter anderen habe die Strafvollstreckungskammer dem Verurteilten die Weisung erteilt, "- keinerlei berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit auszuüben, bei denen er mit minderjährigen weiblichen Personen Kontakt hat (§ 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StGB)".

Weiter heißt es in dem angefochtenen Berufungsurteil: "Der Angeklagte wurde darauf hingewiesen, dass er gemäß § 145a StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren und mit Geldstrafe bestraft werden könne, wenn er während der Führungsaufsicht gegen die ihm gemäß § 68b Abs. 1 StGB erteilten Weisungen verstoße und dadurch den Zweck der Maßregel gefährde." Angaben dazu, wer den Hinweis erteilt hat, ob dies mündlich oder schriftlich erfolgt ist, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen.

Auf Anregung der Bewährungshelferin habe die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Berlin den Beschluss vom 8. September 2016 unter dem Datum des 9. Dezember 2016 im Beschlusswege wie folgt abgeändert: "Die Weisung (betreffend minderjährige weibliche Personen) des Beschlusses der (Strafvollstreckungs-) Kammer vom 8. September 2016 wird dahingehend ergänzt, dass der Verurteilte keinen über den Augenblick hinausgehenden Kontakt mit weiblichen Kindern aufnimmt oder unterhält, nicht mit ihnen verkehrt, sie nicht beschäftigt, ausbildet oder beherbergt [...]" (Bl. 5 UA). Hinsichtlich der Belehrung heißt es weiter: "Die damalige Bewährungshelferin des Angeklagten las ihm den Beschluss vor und erläuterte ihn. Der Angeklagte nahm die Erläuterung zur Kenntnis." (UA aaO.). Eine erneute Bezugnahme auf § 68b Abs. 1 StGB oder eine sonstige Klarstellung, dass diese Weisung gemäß § 145a Satz 1 StGB strafbewährt ist, enthält der Beschluss vom 8. September 2016 nicht.

b) Zu dem Weisungsverstoß hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der Angeklagte seit dem Frühjahr 2018 häufig bei seiner neuen Freundin, der 37jährigen Zeugin S..., übernachtet habe, die nach ihrer Scheidung mit einem vierjährigen Sohn und einer zweijährigen T...

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