Leitsatz (amtlich)
1. Stellt die Führungsaufichtstelle gemäß § 145a S. 2 StGB Strafantrag gegen den unter Führungsaufsicht stehenden Täter wegen Verstoßes gegen eine bestimmte Weisung (§ 68b Abs. 1 StGB), kann die Tat auch gegen einen Gehilfen (§ 27 StGB) verfolgt werden, ohne dass es eines gesonderten Strafantrags gegen diesen bedarf.
2. Die Strafbewehrtheit einer Weisung, gegen die der unter Führungsaufsicht stehende Täter vorsätzlich verstoßen hat, muss vom Vorsatz des Gehilfen umfasst sein.
Normenkette
StGB §§ 27, 68b, 77, 145a
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Entscheidung vom 12.05.2021; Aktenzeichen 10 Ns 330 Js 43188/18) |
Tenor
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 12. Mai 2021 (10 Ns 330 Js 43188/18) mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Kammer des Landgerichts Karlsruhe zurückverwiesen.
Gründe
I.
Durch Urteil des AG Karlsruhe vom 24.09.2019 wurde die Angeklagte vom Vorwurf der Beihilfe zum Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht und Anstiftung zur Strafvereitelung sowie Strafvereitelung freigesprochen.
Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Karlsruhe durch Urteil vom 12.05.2021 das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und die Angeklagte wegen Beihilfe zum Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht zu der Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils 15 Euro verurteilt. Im Übrigen wurde die Angeklagte freigesprochen.
II.
Die Revision der Angeklagten hat - soweit diese auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützt wird - zumindest vorläufigen Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichtes habe die Angeklagte mit dem gesondert verfolgten R. nach dessen Haftentlassung von 2016 bis September 2018 eine Beziehung geführt, wobei zwischenzeitlich eine Trennung von Herbst 2017 bis April 2018 erfolgt sei. Spätestens im Januar 2017 habe die Angeklagte erfahren, dass ihr Partner R. nach vollständiger Verbüßung einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren unter anderem wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern unter Führungsaufsicht stand. Ferner habe die Angeklagte sowohl von ihrem Partner als auch von dem Polizeibeamten M. im Rahmen einer Gefährderansprache erfahren, dass gegen Ihren Partner im Rahmen der Führungsaufsicht die Weisung erteilt worden sei, keinen Kontakt zu Kindern aufzunehmen. Trotzdem habe sie ihrem Partner, zumindest im Zeitraum nach den Sommerferien ab Ende August 2018, bzw. Anfang September 2018 an im Einzelnen nicht mehr genau feststellbaren Tagen gestattet, bei ihr in ihrer Wohnung in Karlsruhe mehrfach zu nächtigen, wobei sie gewusst habe, dass R. damit zwangsläufig auch Kontakt zu ihrer damals bei ihr lebenden zwölfjährigen Tochter, L. N., haben würde. Das Landgericht hat weiter festgestellt, dass der gesondert verfolgte R. zwischenzeitlich durch Urteil des Amtsgericht Karlsruhe vom 15.10.2020 wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht u.a. zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden sei. Seine hiergegen gerichtete Berufung habe R. zwischenzeitlich auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.
a. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Beihilfe zum Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht gemäß §§ 145a Satz 1, 27 StGB nicht. Den Feststellungen des Landgerichts ist nicht zu entnehmen, dass die Angeklagte ihrerseits in dem Bewusstsein handelte, dass gerade die dem gesondert verfolgten R. erteilte Weisung eines Kontaktverbotes strafbar ist.
Die Angeklagte hat sich nicht zur Sache eingelassen.
Zu den dem gesondert verfolgten R. erteilten Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht hat das Landgericht näher ausgeführt, dass mit dem Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 19.2.2016 nach vollständiger Vollstreckung der Haftstrafe zunächst Führungsaufsicht angeordnet worden sei. Mit Beschluss vom 4.4.2016 sei die Führungsaufsicht unter anderem um die Weisung ergänzt worden, dass es dem Verurteilten R. verboten sei, zu Kindern und Jugendlichen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen zu verkehren, sie auszubilden oder sie zu beherbergen. Mit Beschluss des Landgerichtes Karlsruhe vom 15.3.2017 sei der Verurteilte R. darauf hingewiesen worden, dass es sich bei den mit Beschluss vom 4.4.2016 erteilten Weisungen um strafbewehrte Weisungen handele, insbesondere die Weisung, keinen Kontakt zu Kindern aufzunehmen, strafbewehrt sei. Ergänzend wurde festgestellt, dass der Beschluss vom 15.3.2017 dem Verurteilten am 18.3.2017 zugestellt worden sei, wobei der Ausfertigung vom 15.3.2017 nicht nochmals eine Ausfertigung des Beschlusses vom 4.4.2016 beigefügt worden sei.
Die Feststellungen hierzu (unter II Seite 5) lauten: "Die Angeklagte erfuhr zudem Ende 2016, spätestens im Januar 2017, dass der gesondert verfolgte R. wegen u.a. schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern vorbestraft war, gegen Ihn deshalb Führungsaufsicht angeordnet war, und ihm im Rahmen der Führungsaufsicht die Weisung erte...