Verfahrensgang
LG Potsdam (Entscheidung vom 28.09.2018; Aktenzeichen 20 StVK 222/17 (Vollz)) |
Tenor
Auf die Streitwertbeschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Verurteilten wird der Gegenstandswert in dem Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam vom 28. September 2018 abgeändert und auf 4.000,00 € festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert beträgt 230,10 €.
Gründe
I.
Der Untergebrachte ist aufgrund des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 31. Januar 1994 wegen Mordes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt und seine Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden. Die Unterbringung dauert zwischenzeitlich 25 Jahre an, gegenwärtig befindet er sich im Maßregelvollzug des Asklepios Fachklinikums Brandenburg, Klinik für Forensische Psychiatrie.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 26. Juni 2017 wandte sich der Untergebrachte gegen die Versagung erstmaligen unbegleiteten Ausgangs im ungesicherten Gelände der Klinik von täglich einer Stunde.
Mit Beschluss vom 28. September 2018 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen, die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Untergebrachten der Antragsgegnerin auferlegt und den Gegenstandswert - ohne nähere Begründung - auf 900,00 € festgesetzt. Weshalb die Strafvollstreckungskammer für die rechtlich nicht anspruchsvolle Entscheidung mehr als ein Jahr benötigt hat, ist an Hand der Akte nicht nachvollziehbar.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Untergebrachten hat mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2018 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwertes durch die Strafvollstreckungskammer im Beschluss vom 28. September 2018 erhoben und beantragt, den Gegenstandswert auf 5.000,00 € festzusetzen.
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam hat mit Beschluss vom 30. Dezember 2018 der Beschwerde nicht abgeholfen. Der Bezirksrevisor hat mit Zuschrift vom 29. April 2019 beantragt, die Streitwertbeschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Verurteilten als unbegründet zu verwerfen, hilfsweise den Gegenstandswert auf 1.500,00 € festzusetzen.
II.
Das Rechtsmittel hat den aus dem Entscheidungstenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet.
1. Die Streitwertbeschwerde ist zulässig.
a) Gegen die Festsetzung des Streitwerts ist die (befristete) Beschwerde nach § 68 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8, 63, Abs. 2 GKG statthaft. Die Frist des § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG wurde gewahrt.
b) Der Wert des Beschwerdegegenstands, der sich hier aus der Differenz der von der Höhe des festgesetzten und des begehrten Streitwerts abhängigen Höhe der Rechtsanwaltsgebühr bemisst, übersteigt die in § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG festgelegte Grenze von 200 €.
Anzusetzen sind dabei jeweils die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG, mithin das 1,3-fache der in § 13 Abs. 1 RVG bestimmten Gebühr), die Post- und Telekommunikationspauschale von 20 Prozent bzw. 20 € nach Nr. 7002 VV RVG sowie die auf diese Vergütung anfallende Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG. Während sich bei einem Streitwert von 900,00 € ein Vergütungsanspruch von 124,00 € zuzüglich Umsatzsteuer ergibt, beträgt dieser bei einem avisierten Streitwert von 5.000 € netto 354,10 €, sodass sich eine Differenz von netto 230,10 € errechnet.
c) Der Verfahrensbevollmächtigte ist nach § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG aus eigenem Recht zur Einlegung des Rechtsmittels befugt.
2. Der Senat bestimmt den Streitwert - abweichend von der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam - für das gerichtliche Verfahren nach §§ 109 ff. StVollzG, in dem es vorliegend nicht um eine bezifferbare Geldleistung geht, gemäß §§ 60, 52 Abs. 1 GKG mit 4.000,00 €.
Maßgeblich für diese Einschätzung ist in erster Linie die sich aus dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung bei objektiver Beurteilung ergebende Bedeutung der Sache für den Strafgefangenen (§ 52 Abs. 1 GKG, vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 23. Juni 2017, 20 Ws 181/17, abgedruckt in: NJ 2017, 335 f.; OVG Münster NVwZ-RR 2010, 960). Dessen subjektive Einschätzung, welche Bedeutung die Sache für ihn hat (Affektionsinteresse), spielt demgegenüber keine Rolle (vgl. OLG Lüneburg JurBüro, 2014, 191). Ausgangspunkt der Bewertung ist mithin allein die Sachverhaltsschilderung, wie sie sich aus der Begründung des Antrags nach § 109 StVollzG ergibt. In dieser Weise bewertbar sind demnach die rechtliche Tragweite der angefochtenen Entscheidung des Klinikums und die Auswirkungen, die ein Erfolg des Antrags auf gerichtliche Entscheidung für die wirtschaftliche oder sonstige Lage des Untergebrachten hätte.
In Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz ist zudem zu bedenken, dass - wenn auch grundsätzlich die wirtschaftlichen Verhältnisse und die soziale Lage der Verfahrensbeteiligten für den Streitwert kein Gewicht haben - die Bemessung des Streitwertes aus rechtsstaatlichen Gründen...