Verfahrensgang

LG Wuppertal (Aktenzeichen 31 StVK 4/20)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an die 1. Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Wuppertal zurückverwiesen.

Dem Betroffenen wird ratenfreie Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin P in F gewährt. Im Übrigen wird der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert wird auf 1.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Am 14. Januar 2020 verhängte die Antragsgegnerin gegen den Betroffenen eine 10-tägige Umschluss-, Freizeit- und TV-Sperre wegen einer stattgehabten Auseinandersetzung mit dem Mitgefangenen N.

Den dagegen gerichteten undatierten Antrag auf gerichtliche Entscheidung, der am 17. Januar 2020 beim Landgericht Wuppertal einging und in dem der Betroffene lediglich eine verbale Auseinandersetzung eingeräumt, aber eine körperliche Auseinandersetzung mit näheren Ausführungen bestritten hat, hat die 1. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Wuppertal (im Folgenden: Strafvollstreckungskammer) durch Beschluss vom 13. Februar 2020 als unbegründet zurückgewiesen und den Streitwert auf 500 Euro festgesetzt. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat der Senat mit Beschluss vom 07. Mai 2020 (III-1 Vollz (Ws) 88/20) den Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 13. Februar 2020 aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Zur Begründung hat der Senat u.a. ausgeführt, dass die Strafvollstreckungskammer ersichtlich nach einer eigenen Subsumtion des Sachverhalts unter §§ 79 Abs. 1 Satz 1, 80 Abs. 1 und 3, 63 Abs. 2 Satz 3 StVollzG NRW die seitens der Vollzugsanstalt angeordnete Disziplinarmaßnahme für rechtmäßig gehalten habe, ohne (etwaige) Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin einer Prüfung im Rahmen des § 115 StVollzG zu unterziehen. Insbesondere habe sie es aufgrund eigener Ermessenserwägungen als nicht entscheidungserheblich dahinstehen lassen, ob es zu einer körperlichen oder (lediglich) verbalen Auseinandersetzung des Betroffenen mit dem Mitgefangenen N gekommen sei.

Nachdem der Betroffene mit anwaltlichem Schriftsatz vom 06. Juli 2020 mitgeteilt hat, der Akte sei zu entnehmen, dass die Disziplinarmaßnahme vollstreckt worden sei, so dass nunmehr deren Rechtswidrigkeit festzustellen sei, hat die Strafvollstreckungskammer mit dem angefochtenen Beschluss vom 24. Juli 2020 den Antrag auf gerichtliche Entscheidung wiederum zurückgewiesen und den Streitwert auf 5.000 Euro festgesetzt.

Dabei hat sie unter Hinweis auf ein durch den Betroffenen nicht vorgetragenes Feststellungsinteresse offengelassen, ob der Antrag bereits unzulässig sei und zur Begründung ihrer ablehnenden Entscheidung ausgeführt, dass sie - auf Grundlage einer selbst vorgenommenen Beweiswürdigung - davon überzeugt sei, die verbale Auseinandersetzung sei in eine körperliche umgeschlagen. Die insoweit bestreitende Einlassung des Betroffenen, es sei nicht zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen, was auch ca. 15 andere Mithäftlinge schriftlich beim Bereichsleiter zu Protokoll gegeben hätten, sei widerlegt, da davon auszugehen sei, dass die Antragsgegnerin entsprechend ihrer Pflicht gemäß § 81 Abs. 1 StVollzG NRW den Sachverhalt ermittelt habe und insbesondere etwaige brauchbare anderslautende Aussagen berücksichtigt hätte. Von einer vorsätzlichen körperlichen Auseinandersetzung im Sinne des § 223 StGB ausgehend kommt die Strafvollstreckungskammer damit zu der Bewertung, dass die Begründung der Disziplinarmaßnahme keine Ermessensfehler erkennen lasse und verhältnismäßig sei. Gleichzeitig teilt die Strafvollstreckungskammer in den Beschlussgründen jedoch mit, dass die Antragsgegnerin selbst die Anordnung der von ihr verhängten Disziplinarmaßnahme damit begründet habe, dass der Betroffene eine lautstarke Auseinandersetzung mit einem Mitgefangenen gehabt und dadurch das geordnete Miteinander in der Anstalt erheblich gestört hätte. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Nach Zustellung des Beschlusses am 31. August 2020 hat der Betroffene durch am 25. September 2020 beim Landgericht Wuppertal eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 24. September 2020 Rechtsbeschwerde eingelegt, die Rüge der Verletzung materiellen Rechts erhoben und die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Disziplinarmaßnahme vom 14. Januar 2020 beantragt. Durch weiteren anwaltlichen Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 24. September 2020 hat der Betroffene zudem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das gesamte Verfahren, hilfsweise für das Rechtsbeschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin P in F beantragt.

Das Ministerium der Justiz Nordrhein-Westfalen hat unter dem 22. Oktober 2020 Stellung genommen und beantragt, ...

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