Leitsatz (amtlich)

Die Änderungssperrfrist des § 25 Abs. 3 S. 3 GKG beginnt bei einem selbständigen Beweissicherungsverfahren - wenn kein Hauptsacheverfahren folgt - mit dessen Abschluss. Eine nach Ablauf der Sperrfrist eingelegte Streitwertbeschwerde ist auch dann unzulässig, wenn der Festsetzungsbeschluss zwar den Parteien, nicht jedoch dem Beschwerdeführer als Verfahrensbevollmächtigten zugestellt wurde.

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Beschluss vom 30.10.2003; Aktenzeichen 8 OH 6/01)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde vom 1.9.2004 gegen den Streitwertbeschluss der 8. Zivilkammer des LG Potsdam vom 30.10.2003 - Az. 8 OH 6/01 - wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Mit Schreiben vom 9.8.2001 hat der Beschwerdeführer als Verfahrensbevollmächtigter des Antragstellers einen Antrag auf Beweissicherung gem. §§ 485 ff. ZPO gestellt. Das LG Potsdam hat daraufhin mit Beschl. v. 19.11.2001 die selbständige Beweiserhebung angeordnet und ein Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. L. eingeholt. Das Gutachten wurde den Verfahrensbeteiligten durch Verfügung vom 4.6.2003 übersandt und eine Frist zur Stellungnahme binnen vier Wochen eingeräumt. Das Gutachten ging bei den Beteiligten am 10.6.2003 ein. Nachdem weder Stellungnahmen zum Gutachten abgegeben noch eine Anhörung des Sachverständigen beantragt wurden, stellte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 17.9.2003 den Antrag, den Streitwert des Verfahrens festzusetzen. Das LG teilte den Parteivertretern daraufhin mit, dass es beabsichtige, den Streitwert auf 71.560 EUR festzusetzen. Nach Eingang der Stellungnahmen hat das LG Potsdam mit Beschl. v. 30.10.2003 den Streitwert auf 25.564,59 EUR festgesetzt. Der Beschluss wurde am 5.11.2003 dem Antragsgegner zu 1) und der Antragsgegnervertreterin zu 2) sowie der Rechtsanwaltskanzlei B., die sich zwischenzeitlich als Vertreter des Antragstellers angezeigt hatten, zugestellt. Eine Zustellung an den Beschwerdeführer erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 26.8.2004 bat der Beschwerdeführer, den Streitwert nunmehr festzusetzen, worauf das LG dem Beschwerdeführer den Streitwertbeschluss vom 30.10.2003 übermittelte. Mit Schreiben vom 1.9.2004 hat der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt er aus, das eigene Beschwerderecht ergebe sich aus § 9 Abs. 2 BRAGO. Die Streitwertbeschwerde sei auch begründet, da es bei der Streitwertfestsetzung auf den objektiven Charakter ankomme. Daher wären die vom Sachverständigen ermittelten Mangelbeseitigungs- und Ersatzvornahmekosten i.H.v. 71.560 EUR anzusetzen.

II. Die Beschwerde ist gem. §§ 72, 68 GKG i.d.F. vom 5.5.2004, als auch gem. § 25 Abs. 3 GKG vom 15.12.1975 statthaft. Der Beschwerdeführer ist berechtigt, die Beschwerde in eigenem Namen nach § 9 Abs. 2 BRAGO einzulegen. Dabei geht der Senat bei sachgerechter Bewertung des Verfahrensziels davon aus, dass der Beschwerdeführer aus eigenem Recht vorgehen will, obgleich dies der Beschwerdeschrift nicht eindeutig zu entnehmen ist. Eine Höherbewertung des Gegenstandswertes liegt in erster Linie im Interesse der Verfahrensbevollmächtigten der Parteien und weniger im Interesse der Parteien selbst. Im Übrigen ergibt sich dies aus der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 4.1.2005.

Die Beschwerde ist jedoch nicht zulässig. Sowohl nach § 25 Abs. 3 S. 3 GKG a.F. als auch nach § 68 Abs. 1 S. 3 GKG n.F. ist eine Änderung der Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren und damit auch des für die Anwaltsgebühren maßgebenden Streitwertes nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Dieser Zeitpunkt ist spätestens auf den 8.7.2003 zu bestimmen.

Das selbständige Beweissicherungsverfahren stellt kein Hauptsacheverfahren dar. Vielmehr soll es der Beweissicherung dienen und ein Hauptsacheverfahren vorbereiten. Die Feststellungen werden regelmäßig im Rahmen eines nachfolgenden Hauptsacheverfahrens an die Stelle eines Beweises gesetzt. Damit kommt dem selbständigen Beweisverfahren bei nachfolgendem Hauptprozess nur der Charakter eines Nebenverfahrens zu. Folgerichtig kann in diesem Fall die Änderung der Wertfestsetzung erst sechs Monate nach Abschluss des Hauptprozesses ausgeschlossen sein. So liegt der Fall hier jedoch nicht. Ein Hauptsacheverfahren wurde hier gerade nicht angestrengt. Auch ein Antrag nach § 494a ZPO lag nicht vor. Damit fand das selbständige Beweisverfahren seinen Abschluss, ohne dass weitere gerichtliche Maßnahmen erfolgten. Daher ist für den Beginn der Frist des § 25 Abs. 3 S. 3 GKG a.F.; § 68 Abs. 1 S. 3 GKG n.F. auf den Zeitpunkt abzustellen, an dem das selbständige Beweisverfahren beendet wurde (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rz. 48). Das selbständige Beweisverfahren ist mit Zustellung des schriftlichen Gutachtens beendet, wenn eine mündliche Erläuterung nicht stattfindet (Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 492 Rz. 4). Das ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge