Leitsatz (amtlich)
Ausübung des Wahlrechts über die ausschließlich örtliche Zuständigkeit in Gewaltschutzsachen.
Verfahrensgang
AG Königs Wusterhausen (Aktenzeichen 30 F 202/10) |
AG Strausberg (Aktenzeichen 2.2 F 222/10 (AAu)) |
Tenor
Zum zuständigen Gericht wird das AG - Familiengericht - Königs Wusterhausen bestimmt.
Gründe
1. Der Antragsteller begehrt gegen den Antragsgegner, einen Geschäftspartner, den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz, wobei er die begehrten Maßnahmen u.a. an einen behaupteten Vorfall vom 26.7.2010 - Beleidigung, Körperverletzung, Sachbeschädigung - in der ...-Straße in R. anknüpft. Der Antragsteller hat sich zum Zwecke der Rechtsverfolgung am 3.8.2010 zum AG Strausberg begeben, dort seinen Antrag nebst Begründung zu Protokoll der Rechtsantragsstelle gegeben und dies mit dem Antrag auf "sofortige Abgabe an das zuständige AG in Königs Wusterhausen" geschlossen.
Die Antragsschrift wurde sodann am 4.8.2010 dem AG Königs Wusterhausen übermittelt, das mit Beschluss vom selben Tage die Übernahme mit näherer Begründung abgelehnt hat.
Das AG Strausberg hat sich daraufhin seinerseits mit Beschluss vom 4.8.2010 mit näherer Darlegung für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren gem. § 3 Abs. 2 FamFG an das AG Königs Wusterhausen verwiesen.
Beide Beschlüsse sind nach Aktenlage dem Antragsteller zur Kenntnis gegeben worden.
Unter dem 5.8.2010 hat das AG Königs Wusterhausen dem vorzitierten Verweisungsbeschluss des AG Strausberg die Bindungswirkung abgesprochen und die Sache dem OLG Brandenburg zur Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 5 FamFG vorgelegt.
2. Das Brandenburgische OLG - Familiensenat - ist gem. § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit berufen, weil dieses das nächst höhere gemeinsame Gericht ist und es sich bei der hier streitbefangenen Gewaltschutzsache um eine Familiensache handelt (§§ 23a Abs. 1 Nr. 1 GVG i.V.m. §§ 111 Nr. 6, 210 FamFG).
Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG liegen vor. Beide AG - Familiengerichte - haben sich "rechtskräftig" für unzuständig erklärt, das AG Strausberg durch den nach § 3 Abs. 3 Satz 1 FamFG unanfechtbaren Verweisungsbeschluss vom 4.8.2010 und das AG Königs Wusterhausen durch den die Übernahme ablehnenden Beschluss vom selben Tage in Verbindung mit der erneut die Zuständigkeit verneinenden (Vorlage-)Verfügung vom 5.8.2010. Dies genügt den Anforderungen an das Merkmal "rechtskräftig" i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG, weil es insoweit allein darauf ankommt, dass eine den Beteiligten bekannt gemachte ausdrückliche Kompetenzleugnung vorliegt (vgl. Schulte-Bunert/Weinreich - Schöpflin, FamFG, § 5 Rz. 11 sowie zum insoweit gleichlautenden § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO: BGHZ 102, 338; BGH NJW 2002, 3634; OLGReport Brandenburg 2005, 2004; Zöller/Vollkommer, 27. Aufl., § 36 Rz. 25). Die im Streitfall vorliegende alleinige Bekanntgabe an den Antragsteller ist mit Rücksicht darauf unschädlich, dass der Antragsgegner in dem zugrunde liegenden (Eil-)Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung selbst nicht notwendig anzuhören ist (§ 51 Abs. 2 Satz 2 FamFG).
Zuständig ist das AG - Familiengericht - Königs Wusterhausen aufgrund § 211 Nr. 1 FamFG und aufgrund bindender Verweisung nach § 3 Abs. 1, 3 FamFG.
a) Nach Auffassung des Senates hat der Antragsteller im Zuge der Protokollierung seines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz die ihm nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt - Tatort im Bezirk des AG Königs Wusterhausen (§ 211 Nr. 1 FamFG); Wohnort des Antragsgegners im Bezirk des AG Strausberg (§ 211 Nr. 3 FamFG) - zustehende Wahl des dann örtlich ausschließlich zuständigen Gerichts dahin getroffen, dass dieses das AG Königs Wusterhausen sein soll. Entgegen der vom Familiengericht des AG Königs Wusterhausen vertretenen Auffassung liegt deshalb kein Fall des § 2 Abs. 1 FamFG vor. Nach der hier unmittelbar im Zusammenhang mit der Antragstellung ausdrücklich getroffenen Wahl des Antragstellers gab es nicht mehr zwei örtlich zuständige Gerichte, sondern war das AG Königs Wusterhausen von vornherein ausschließlich zuständig.
Entgegen der Auffassung des AG Königs Wusterhausen hat der Antragsteller nicht bereits dadurch das ihm nach § 211 FamFG zustehende Wahlrecht auch nicht deshalb zunächst und dann bindend zugunsten des AG Strausberg ausgeübt, weil er die dortige Rechtsantragsstelle aufgesucht hat um sein Begehren aufnehmen zu lassen. Insoweit liegt - dies ergibt eine interessengerechte Auslegung seiner Antragsschrift vom 4.8.2010 tatsächlich ein Fall des § 25 Abs. 3 FamFG vor.
Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz unterliegen als Familiensachen generell nicht dem Anwaltszwang nach § 114 FamFG, so dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 214 FamFG gem. § 25 Abs. 1 und 2 FamFG auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden AG gestellt werden kann. Bei dieser Sachlage kann entgegen der Ansicht des AG Königs Wusterhausen...