Normenkette
ZPO § 110 ff., §§ 113-114, 122 Abs. 1 Nr. 2, § 318
Verfahrensgang
LG Neuruppin (Aktenzeichen 2 O 541/01) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Neuruppin vom 8.7.2002 aufgehoben. Das LG wird angewiesen, die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht aus den Gründen des aufgehobenen Beschlusses abzulehnen.
Gründe
Die gem. §§ 127 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige, insb. rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin hat einen vorläufigen Erfolg dahingehend, dass der angefochtene Beschluss des LG aufzuheben ist.
I. Das LG hat der Klägerin, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Costa Rica hat, mit dem – nicht angefochtenen – Zwischenurteil vom 2.5.2002 (Bl. 131 f.) gem. den §§ 110 f. ZPO aufgegeben, binnen zwei Monaten eine Sicherheit von 8.000 Euro wegen der Prozesskosten zu leisten. Dem ist die Klägerin nicht nachgekommen. Vielmehr hat sie nach Zustellung des Zwischenurteils die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt (Bl. 148 f.). Diesen Antrag hat das LG mit Beschluss vom 8.7.2002 (Bl. 159 f.) zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Mangels Leistung der Sicherheit habe die Klage keine Aussicht auf Erfolg. Auch wenn der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt würde, bliebe es bei diesem Ergebnis, denn die Vorschrift des § 122 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gelte nicht für Fälle, in denen – wie hier – die Prozesskostenhilfe erst nach Anordnung der Sicherheitsleistung beantragt wurde.
II. Der Senat kann der Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht beipflichten.
Richtig ist zwar, dass der mit der Klage beabsichtigten Rechtsverfolgung die hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO) abzusprechen ist, wenn sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit abzeichnet, dass der Kläger eine ihm auferlegte Sicherheit wegen der Prozesskosten nicht leisten wird. Denn dann müsste die Klage gem. § 113 ZPO für zurückgenommen erklärt werden.
So liegt es hier aber deswegen nicht, weil die Klägerin bei Bewilligung der von ihr nachgesuchten Prozesskostenhilfe gem. § 122 Abs. 1 Nr. 2 ZPO von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozesskosten befreit ist. Diese Wirkung tritt kraft Gesetzes ein, ohne dass das LG sein Zwischenurteil ändern oder aufheben müsste. Deshalb kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Vorschrift des § 109 ZPO die Bindung des Gerichts an seine Zwischenurteile, mit denen die Sicherheitsleistung angeordnet wurde, durchbricht (vgl. hierzu: OLG Hamburg v. 5.2.1991 – 6 W 10/91, WM 1991, 925 – bejaht für den Fall, dass erst nachträglich die Gewährleistung der Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Sicherheitsleistung bekannt wurde). Nach dem klaren Wortlaut des § 122 Abs. 1 Nr. 2 ZPO hängt die dort für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe angeordnete Rechtsfolge nicht davon ab, wann der entspr. Antrag gestellt wurde. Die Bindung des Gerichts an seine (End- und) Zwischenurteil gem. § 318 ZPO steht dem nicht entgegen: Erstens ist die Änderung des Zwischenurteils gar nicht nötig. Zweitens besteht – worauf denn auch das OLG Hamburg in der oben zitierten Entscheidung abgestellt hat – eine solche Bindung dann nicht, wenn das Gesetz etwas anderes vorsieht (typische Beispiele dafür sind etwa das Versäumnisurteil oder das Vorbehaltsurteil).
Folglich kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht mehr mit der vom LG gegebenen Begründung abgelehnt werden. Da das LG – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – die Erfolgsaussichten i.Ü. und auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht nachgeprüft hat, erscheint es angebracht, ihm die im Rahmen der erforderlichen Neubescheidung nötigen Anordnungen zu übertragen (§ 572 Abs. 3 ZPO).
Beschwerdewert: 34.226,34 Euro.
Kahl Feles Boiczenko
Fundstellen
Haufe-Index 1103752 |
NJW-RR 2003, 209 |
MDR 2003, 288 |
IPRspr. 2002, 127 |
OLGR-NBL 2003, 90 |