Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Entzug der elterlichen Sorge nach §§ 1666, 1666a BGB

 

Verfahrensgang

AG Rathenow (Beschluss vom 31.07.2012)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3. wird der Beschluss des AG Rathenow vom 31.7.2012 teilweise abgeändert.

Der Beteiligten zu 3. werden das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht der Gesundheitsfürsorge, das Recht der Beantragung von Hilfen zur Erziehung sowie das Recht zur Regelung von Schule, Hort und Kindergarten betreffenden Angelegenheiten einschließlich der An- und Abmeldung für das Kind I. R. entzogen. Insoweit wird das Jugendamt des Landkreises ... zum Pfleger bestellt.

Im Übrigen verbleibt es bei der elterlichen Sorge der Beteiligten zu 3. für das Kind.

Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die elterliche Sorge der 1986 geborenen, zur Restaurantfachfrau ausgebildeten, an einigen Wochentagen vorwiegend in den Abendstunden ab 18 Uhr als Kellnerin tätigen geringfügig beschäftigten Mutter für das nunmehr 5-jährige, etwa seit Anfang 2011 ständig im Haushalt der Großeltern lebende, nichteheliche Kind I. R. Erklärungen über die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge für I. haben die Eltern nicht abgegeben. Der Vater, der von der Mutter getrennt lebt, seitdem das Kind ca. 1 ½ Jahre alt war, hat aufgrund des nach wie vor stark angespannten Verhältnisses zur Mutter, der er aus dem Wege geht, keinen Kontakt zu seiner Tochter.

Die seit mehreren Jahren psychisch auffällige, in der Vergangenheit teilweise durch Eifersuchtshandlungen (auch Gewalt gegen Sachen) bzw. sog. Stalking gegenüber ihren Partnern imponierende, seit der Trennung vom Kindesvater bis etwa Anfang 2011 zunächst wieder bei den Großeltern I. s lebende Mutter bevollmächtigte die Großeltern am 12.5.2011 umfassend, die Angelegenheiten des Kindes, die Inhalt der elterlichen Sorge sind (insbesondere das Aufenthaltsbestimmungs- und Erziehungsrecht) für sie wahrzunehmen; zuvor hatten die Großeltern I. seit der Trennung der Eltern bereits nahezu jedes Wochenende in Obhut gehabt. Die Kindesmutter befand sich in der Folgezeit vom 17.8.-19.9.2011 und vom 20.9.-7.10.2011 in stationärer psychiatrischer Behandlung des Krankenhauses H ..., in deren Verlauf die Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung - gegenwärtig schwere Episode - (ICD-10:F 33.2) und einer Agoraphobie mit Panikstörung (ICD-10: F 40.01) gestellt wurden. Bereits zuvor wurde sie ab Januar 2011 ambulant psychotherapeutisch behandelt, nachdem sie sich sozial völlig zurückgezogen, das Haus nicht mehr verlassen und über eine ängstliche bis misstrauische Grundstimmung, starke innere Unruhe, Anspannung, Schuld-/Verarmungsgefühle sowie Antriebsarmut geklagt hatte. Während des 14. Lebensjahres hatte die Mutter in ihrem damaligen Freundeskreis Marihuana geraucht sowie - entsprechend ihrer im Zuge der stationären Behandlung erfolgten eigenen Angaben - im 18. Lebensjahr Kokain und "Speed" zu sich genommen, ferner seit dem 20. Lebensjahr vor allem "Ecstasy" und MDMA; seit Anfang 2011 ist sie abstinent.

Nachdem die Mutter ihren stationären Aufenthalt auf eigenen Wunsch beendet hatte, erfolgte für sie keine Entlassungsdiagnostik; das Behandlungsergebnis wurde ärztlicherseits gleichwohl als positiv bewertet. Zur Stabilisierung und Rückfallprophylaxe wurden u.a. Achtsamkeits- und Entspannungsübungen sowie eine ambulante Psychotherapie dringend empfohlen. Dieser Empfehlung ist die Kindesmutter jedoch zunächst nicht nachgekommen, weil sie den ihr vermittelten Therapeuten ablehnte, allerdings keinen anderen fand. Seit 5.9.2012 lässt sie sich nunmehr durch den Diplompsychologen K ... tiefenpsychologisch behandeln, der sie als motiviert, ihren psychischen Zustand als stabilisiert einschätzt und der Therapie bereits sichtbar werdende Erfolgsaussichten bescheinigt. Zur Medikation wurden der Beteiligten zu 3. von Seiten der behandelnden Klinik Citalopram (selektiver Serotoninwiederaufnahmehemmer zur Behandlung von Depression bzw. Prophylaxe bei rezidivierender Depression) und Atosil (Bedarfsmedikation bei Erregungszuständen und Anspannung) empfohlen, die sie auch - abgesehen von einem Versuch zur eigenmächtigen Herabsetzung der Medikation im Frühling 2012 - soweit medizinisch indiziert einnimmt.

Der Kontakt der Mutter zu I. ist während und nach ihrer stationären Behandlung nicht abgerissen. Vielmehr hat sie das Kind regelmäßig über mehrere Tage in ihre Obhut nehmen können, von dieser Möglichkeit jedoch nicht immer Gebrauch gemacht bzw. es vorzeitig, auch spätabends, zu den Großeltern zurückgebracht. Anderseits verlangte sie seit etwa Anfang Januar 2012 das Kind auch zu nicht verabredeten Zeiten, z.T. ebenfalls spätabends, von den Großeltern heraus und drohte im Falle der Weigerung damit, es ihnen vorzuenthalten, so dass in der Folgezeit in Absprache mit dem Jugendamt nur noch einmal pro Woche zweistündige Umgangstermine der Beteiligten zu 3. mit I. unter Aufsicht stattfanden.

Das v...

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