Entscheidungsstichwort (Thema)
Formularpflicht im VKH-Prüfungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Im VKH-Prüfungsverfahren ist der Beteiligte verpflichtet zu erklären, ob sich seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Vergleich zu seinen Angaben in dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe verändert habe. Er hat dazu das Antragsformular zu benutzen, also vollständig auszufüllen, und auf Verlangen des Gerichts Belege vorzulegen.
Normenkette
ZPO § 124 Nr. 2 Var. 2, § 120a Abs. 1 S. 3, Abs. 4 Sätze 1-2
Verfahrensgang
AG Neuruppin (Aktenzeichen 53 F 209/13) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts Neuruppin vom 12. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Der Tatbestand der §§ 113 I FamFG, 124 Nr. 2 Var. 2 ZPO ist erfüllt und das Aufhebungsermessen daher eröffnet.
Eine auf § 124 Nr. 2 Var. 2 ZPO gestützte Aufhebung setzt voraus, daß der Beteiligte die Erklärung nach § 120 a I 3 ZPO nicht oder ungenügend abgegeben hat. Der Beteiligte ist verpflichtet zu erklären, ob sich seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Vergleich zu seinen Angaben in dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe verändert haben (§ 120 a I 3 ZPO). Er hat dazu das Antragsformular zu benutzen (§ 120 a IV 1 ZPO), also vollständig auszufüllen, und auf Verlangen des Gerichts Belege vorzulegen (§§ 120 a IV 2, 118 II 1 ZPO). Damit soll auch in diesem Verfahren, ebenso wie vor der erstmaligen Bewilligung, eine vollständige und wirksame Prüfung ermöglicht werden. § 124 Nr. 2 Var. 2 ZPO entspricht zu diesem Zwecke dem § 118 II 4 ZPO: die Bewilligung ist abzulehnen, und sie kann aufgehoben werden, wenn sich der Beteiligte der Mitwirkung an den erforderlichen Überprüfungen verweigert (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 124 Rdnr. 10).
Die dem Antragsgegner mitgeteilte Pflicht, das Erklärungsformular zu verwenden und Belege vorzulegen (Verfügungen des Amtgerichts vom 10. Juli, 10. September und 24. Oktober 2018, Bl. 82, 87, 99), beschreibt die sich aus dem Gesetz ergebende Mitwirkungsobliegenheit und ist, soweit Ermessen eröffnet ist (§§ 120 a IV 2, 118 II ZPO), sachlich begründet. Die Prüfung, ob und gegebenenfalls wie sich die wirtschaftlichen Verhältnisse geändert haben und ob und in welcher Höhe deshalb eine Beteiligung an den Verfahrenskosten gerechtfertigt ist, setzt eine vollständige, schlüssige Darlegung der Einnahmen und Ausgaben voraus. Im Prüfungsverfahren nach § 120 a I ZPO besteht insoweit kein anderes Obliegenheitsverhältnis des Beteiligten gegenüber dem Gericht als vor der Erstentscheidung: dem Anspruch auf Hilfe steht die Obliegenheit gegenüber, die Hilfsbedürftigkeit selbst darzulegen. Der von einer VKH-Bewilligung Begünstigte hat glaubhaft darzulegen, daß sich die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geändert haben oder wie sie sich geändert haben. Er muß an einer vollständigen Prüfung mitwirken, ob und gegebenenfalls wie sich die Verhältnisse verändert haben.
Die Formularpflicht (§ 120 a IV 1 ZPO) geht deshalb über eine bloße Förmelei hinaus. Das Formular verlangt und ermöglicht eine vollständige, gegliederte Darstellung der Einnahmen, Ausgaben und des Vermögens. Es erleichtert damit sowohl dem Verpflichteten eine lückenlose Darlegung, bei der nichts ausgelassen wird, wenn sämtliche Formularfelder ausgefüllt werden, als auch dem Gericht eine Überprüfung anhand einer übersichtlichen Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse.
Zu den Mitwirkungsobliegenheiten gehört auch, die Höhe der Einnahmen und Ausgaben durch Gehaltsbescheinigungen und Kontoauszüge zu belegen, damit Umfang und Herkunft der Einnahmen sowie ihre Verwendung vollständig geprüft werden können (Senatsbeschluß, RPfleger 2015, 152).
Der Antragsgegner hat diese Obliegenheiten nicht erfüllt. Das Formular hat er nicht vorgelegt. Die "Gewinnermittlung", die er mit der Beschwerde vorgelegt hat, kann nicht nur das Formular nicht ersetzen, sondern sie wird auch einer schlüssigen und vollständigen Darstellung der Einkommensverhältnisse nicht gerecht. Belege sind nicht beigefügt. Der Zeitraum, auf den sich die mitgeteiliten Werte beziehen, wird mehrmals voneinander abweichend angegeben. Eine vollständige Prüfung, ob dem Antragsgegner im Monatsdurchschnitt jetzt ein höheres einsetzbares Einkommen zur Verfügung steht als zur Zeit der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe, ist anhand der vorgelegten Angaben nicht möglich.
Das durch § 124 I ZPO intendierte Aufhebungsermessen wird zu Lasten des Antragsgegners ausgeübt. Es ist nicht zu verkennen, daß die Rückzahlung der an seinen Verfahrensbevollmächtigten gezahlten Vergütung den Antragsgegner schwer belasten könnte. Andererseits ist kein Grund zu erkennen, der die Nachlässigkeit des Antragsgegners in milderem Licht erscheinen lassen könnte. Er hat eine mit wenig Mühe verbundene Mitwirkungshandlung unterlassen. Nachdem er mehrere Fristsetzungen des Amtsgerichts unbeachtet gelassen hat, ist die Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe gere...