Verfahrensgang
AG Zossen (Entscheidung vom 02.05.2005; Aktenzeichen 11 OWi 243/07) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 2. Mai 2005 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Zossen zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Zossen hat gegen den Betroffenen mit dem angefochtenen Beschluss wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften in zwei Fällen eine Geldbuße in Höhe von 350,00 EUR festgesetzt sowie auf ein Fahrverbot von zwei Monaten erkannt.
Hinsichtlich der Feststellungen nimmt der Beschluss lediglich auf den Bußgeldbescheid des Zentraldienstes der Polizei vom 22. Dezember 2006 Bezug, ohne darzulegen, welche Ordnungswidrigkeiten dem Betroffenen vorgeworfen werden; Tatort und Tatzeit werden ebenso wenig mitgeteilt wie die Höhe und Umstände der Geschwindigkeitsbeschränkung; ob beispielsweise eine Schilderbrücke, beidseitig aufgestellte Verkehrsschilder oder ein Geschwindigkeitstrichter gegeben war, wird nicht mitgeteilt. Im Rahmen der Beweiswürdigung wird - im Aufbau verfehlt - lediglich mitgeteilt, dass der Betroffene "eine Geschwindigkeit von 139 km/h auf der erkennbar 100 km/h bzw. von 145 km/h auf der erkennbar auf 80 km/h geschwindigkeitsbeschränkten Autobahn BAB 10" gefahren sei und die Geschwindigkeitsüberschreitungen auf einer Videodistanzauswertung beruhen. Der Beschluss enthält weder Angaben zur Dauer bzw. Strecke der Geschwindigkeitsaufzeichnung, noch zum Messverfahren noch zu den in Abzug gekommenen Toleranzen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde, die mit näheren Ausführungen die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend macht.
II.
1.
Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 79 Abs. 1 Nr. 1, 2 5 OWiG statthaft und entsprechend den §§ 79 Abs. 3, 4 OWiG, §§ 341, 344, 345 StPO form- und fristgerecht bei Gericht angebracht worden.
2.
Das Rechtsmittel hat - vorläufigen - Erfolg; die Rechtsbeschwerde ist begründet.
a)
Die erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Die vom Betroffenen erhobene Aufklärungsrüge ist bereits unzulässig, da sie den Begründungsanforderungen der §§ 79 Abs. 3 Satz 1, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht genügt (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl. 2007, § 244 Rdnr. 80 ff.); gleiches gilt für die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs, hier fehlt es ebenfalls an einer vollständigen Mitteilung der den Mangel enthaltenden Tatsachen. Soweit der Rechtbeschwerdeführer die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Zossen rügt (§ 79 Abs. 3 OWiG, § 338 Nr. 4 StPO) ist er unabhängig von den erforderlichen Darlegungspflichten mit dieser Rüge bereits deswegen ausgeschlossen, weil er gemäß § 46 Abs. 1 OWiG, § 16 Satz 3 StPO den Einwand der örtlichen Zuständigkeit nur bis zum Beginn seiner Vernehmung zu Sache in der Hauptverhandlung geltend machen kann, er sich dort aber rügelos eingelassen hat (vgl. Göhler, OWiG, 14. Aufl. 2006, § 68 Rdnr. 20 m.w.N.).
b)
Sachlich-rechtliche Fehler führen jedoch zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
aa)
Die Urteilsfeststellungen und die Beweiswürdigung sind in einem so erheblichen Maße lückenhaft, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung hinsichtlich der objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale nicht möglich ist.
(1.)
Soweit sich die Feststellungen im angefochtenen Beschluss ausschließlich darauf beschränken, auf den Bußgeldbescheid Bezug zu nehmen, ist dies von Rechts wegen zu beanstanden.
Die Gründe eines Urteils oder Beschlusses in Bußgeldsachen unterliegen keinen hohen Anforderungen (vgl. BGHSt 39, S. 291; BayObLG NZV 2003, S. 247; OLG Rostock DAR 2001, S. 421), so dass teilweise für ausreichend erachtet wird, den Begründungsaufwand auf das rechtsstaatlich unverzichtbare Maß zu beschränken (vgl. Cieniak NZV 1998, S. 293). Dennoch müssen die Gründe so beschaffen sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht zur Nachprüfung der richtigen Rechtsanwendung entnehmen kann, welche Feststellungen der Bußgeldrichter getroffen hat und welche tatrichterlichen Erwägungen der Bemessung der Geldbuße und der Anwendung von Nebenfolgen zugrunde liegen. Dabei wird der Bußgeldrichter auch bei einer Entscheidung im Beschlusswege nach § 72 OWiG von der Begründungspflicht grundsätzlich nicht entbunden. Die Anforderungen an die Begründung eines Beschlusses nach § 72 OWiG entsprechen im Wesentlichen denen eines Urteils. Eine unterschiedliche Form der Begründung ist deshalb nicht vorgesehen, weil der Beschluss nach § 72 OWiG mit dem gleichen Rechtsmittel angefochten werden kann wie das Urteil (vgl. schriftlicher Bericht des BT-Rechtsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, BTDrucks. V/2600, zu § 61); der Unterschied in der Anfechtungsmöglichkeit von Urteil und Beschluss besteht - abgesehen von § 79 Abs. 1 S. 1, Nr. 4, 5 OWiG - allein darin, dass ...