Entscheidungsstichwort (Thema)
PKH für die Geltendmachung von Ansprüchen aus einem Verkehrsunfall. Nachweis der Kausalität einer unfallbedingten Verletzung im Kopfbereich. Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Schmerzensgeldrente. Schmerzensgeld für die Verursachung eines Verkehrsunfalls ohne Mitverschulden der Geschädigten
Leitsatz (redaktionell)
1. a) Der Nachweis der Kausalität einer rechtswidrigen Handlung für den Eintritt einer Körperverletzung ist zunächst nach Maßgabe des § 286 ZPO (Strengbeweis) zu führen, mithin ist erforderlich, dass zwar die Unfallkausalität nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein muss, erforderlich ist jedoch ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie vollständig auszuschließen.
b) Ist eine Primärverletzung nach diesem Maßgaben festzustellen, ist die Unfallursächlichkeit weitergehender Beschwerden gemäß § 287 ZPO zu beurteilen, so dass - je nach Lage des Einzelfalles - eine höhere oder deutlich höhere Wahrscheinlichkeit für die Überzeugungsbildung ausreicht. Der Beweis ist in diesem Falle etwa dann geführt, wenn bei Ausschluss anderer Ursachen der Unfall als einzige realistische Ursache verbleibt.
c) Das Vorliegen einer Primärverletzung im Kopfbereich durch das Unfallereignis steht fest, wenn die Verletzte jedenfalls eine Risswunde über dem rechten Ohr, eine Prellung der linken Ohrmuschel sowie eine Schädelprellung mit Gehirnerschütterung erlitten hat.
2. Eine Schmerzensgeldrente kann nur ausnahmeweise bei Verletzungen mit lebenslangem, schwerem Dauerschaden verlangt werden.
3. 16000 EUR Schmerzensgeld - mittelbar im Wege der Gewährung von Prozesskostenhilfe - für eine Frau, die bei einem Verkehrsunfall eine Schädelprellung mit Gehirnerschütterung, eine Risswunde über dem rechten Ohr sowie eine Prellung der linken Ohrmuschel erlitt.
Als Dauerfolgen sind Schwindelgefühle, Angstzustände, Konzentrations- und Schlafstörungen, Kopfschmerzen sowie ein Tinnitus verblieben.
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 10.01.2008; Aktenzeichen 17 O 205/07) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 7. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. Januar 2008, Az.: 17 O 205/07, teilweise abgeändert.
Der Antragstellerin wird zur Wahrung ihrer Rechte in erster Instanz unter Beiordnung von Rechtsanwalt St. N. zu den Bedingungen eines im Bezirk des Landgerichts Frankfurt (Oder) niedergelassenen Rechtsanwalts Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage gewährt, soweit die Antragstellerin eine Verurteilung der Antragsgegner erstrebt, an sie als Gesamtschuldner ein angemessenes Schmerzensgeld - in Höhe von wenigstens 15.000,00 EUR - zu zahlen, sowie festzustellen, dass die Antragsgegner als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Antragstellerin die aus dem Verkehrsunfall vom 29.05.2005 resultierenden weiteren Schäden zu ersetzen, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen oder bereits übergegangen sind.
Der weitergehende Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und die weitergehende sofortige Beschwerde werden zurückgewiesen.
Gebühren für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes (mindestens in Höhe von 15.000,00 EUR) sowie auf eine monatlichen Geldrente (wenigstens in Höhe von 80,00 EUR) und auf Feststellung einer Verantwortlichkeit der Antragsgegner für alle weiteren gesundheitlichen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom Morgen des 29.05.2005 auf der BAB 12 zwischen den Anschlussstellen Fr. und St. in Fahrtrichtung St., bei dem die Antragstellerin als Beifahrerin des Pkw Peugeot, amtliches Kennzeichen H., durch den auf diesen von hinten aufgefahrenen, bei der Antragsgegnerin zu 1. versicherten und vom Antragsgegner zu 2. im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit geführten Pkw verletzt wurde. Die Parteien streiten im wesentlichen darüber, ob die Antragstellerin über verschiedene unstreitige Verletzungen hinaus - Risswunde über dem rechten Ohr, Prellung der linken Ohrmuschel und der rechten Hand - eine Schädelprellung/ Gehirnerschütterung erlitten hat, die zu erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigungen der Antragstellerin - Tinnitus, Schwindelgefühle, Angstzustände, Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen und Schlafstörungen - geführt hat, wobei diese nach Behauptung der Antragstellerin weiterhin vorliegen. Wegen der Einzelheiten des Vortrages der Parteien wird auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss verwiesen.
Das Landgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 10.01.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die beabsichtigte Klage sei bereits unschlüssig. Die Kausalität zwischen den behaupteten bzw. unstreitigen unmittelbaren Unfallverletzungen und den vorgetragenen nunmehrigen Beschwerden d...