Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung der Prozesskostenhilfe gem. § 124 Ziff. 2 ZPO
Leitsatz (amtlich)
1. Grobe Fahrlässigkeit i.S.v. § 124 Ziff. 2 ZPO liegt auch dann vor, wenn die Partei Einkünfte (hier: Unfallrente) nicht angibt, weil sie glaubt, dass die Einkünfte durch entsprechende Belastungen aufgezehrt werden.
2. Führen die wahren Verhältnisse nur zu einer teilweisen Abweichung von der auf den unrichtigen Grundlagen getroffenen Entscheidung, ist die bereits bewilligte Prozesskostenhilfe gem. § 124 Ziff. 2 ZPO so zu ändern, dass dem Hilfsbedürftigen diejenige Prozesskostenhilfe erhalten bleibt, auf die er ungeachtet der Unrichtigkeit seiner Angaben einen Anspruch hat.
Normenkette
ZPO § 124 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Neuruppin (Beschluss vom 13.03.2005; Aktenzeichen 53 F 137/04) |
Tenor
Unter Zurückweisung der weiter gehenden Beschwerde wird der angefochtene Beschluss dahingehend abgeändert, dass der am 16.12.2004 erlassene Prozesskostenhilfebewilligungsbeschluss abgeändert und wie folgt neu gefasst wird:
Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe für die erste Instanz (ausschließlich der Zwangsvollstreckung) unter Beiordnung von Rechtsanwalt Günther in Neuruppin bewilligt. Im Hinblick auf seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse werden ihm monatliche Raten i.H.v. 135 EUR auferlegt.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und zulässigerweise eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache im Wesentlichen Erfolg. Obgleich dem AG darin zuzustimmen ist, dass der Kläger aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, § 124 Ziff. 2 ZPO, führt dies nicht zur gänzlichen Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe. Vielmehr ist die festgesetzte Rate auf Grund der nunmehr feststehenden wirtschaftlichen Verhältnisse neu zu bestimmen. Dies führt zu einer Erhöhung der festgesetzten Rate von 115 EUR um 20 EUR auf 135 EUR, insoweit bleibt die eingelegte sofortige Beschwerde erfolglos.
1. Nach § 124 Ziff. 2 ZPO kann das Gericht die bewilligte Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat. Grobe Fahrlässigkeit in diesem Sinne liegt vor, soweit die Partei es verabsäumt hat, der einem jeden einleuchtenden prozessualen Sorgfalt nachzukommen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl. 2005, § 124 Rz. 38).
Eine solche grobe Nachlässigkeit ist hier in dem Umstand, dass der Kläger seine Unfallrente in der Erklärung zur Prozesskostenhilfe nicht angegeben hat, zu sehen. Dem Vordruck zur Prozesskostenhilfe ist bei hinreichend sorgfältigem Durchlesen eindeutig zu entnehmen, dass sämtliche laufende Einnahmen anzugeben sind, insb. bezogene Renten, wie die angegebenen Beispiele zeigen. Bei gehöriger prozessualer Sorgfalt hätte daher neben der aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhaltenen Erwerbsunfähigkeitsrente auch die weitere Unfallrente angegeben werden müssen. Hiergegen hat der Kläger erkennbar verstoßen.
Soweit grobe Nachlässigkeit fehlt, wenn triftige Gründe eine Zurückhaltung rechtfertigen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl. 2005, § 124 Rz. 38), trifft dies auf die durch den Kläger mit seiner Beschwerde vorgebrachten Gründe nicht zu. Soweit er behauptet, davon ausgegangen zu sein, seine Aufwendungen für den Pkw stellten krankheitsbedingten Mehraufwand dar, der die bezogene Unfallrente kompensiere, widerspricht dem schon in tatsächlicher Hinsicht das von dem Kläger dargestellte Zahlenwerk. So macht der Kläger Belastungen von insgesamt 192,18 EUR geltend, denen jedoch die Unfallrente von 246,56 EUR demnach in überschießender Höhe von über 50 EUR gegenübersteht. Im Übrigen hätte es angesichts des Inhalts des Vordruckes zur Prozesskostenhilfe sich ebenfalls aufgedrängt, diese Belastungspositionen im Einzelnen aufzuführen, um so dem Gericht die Möglichkeit zu eröffnen, einerseits die Abzugsfähigkeit der Positionen überprüfen zu können und andererseits die vollständige Kompensation der bezogenen Unfallrente festzustellen. Auch dieses Vorbringen entschuldigt den Kläger daher nicht.
2. Hat hiernach der Kläger gegen § 124 Ziff. 2 ZPO verstoßen, führt dies gleichwohl nicht zur vollständigen Aufhebung der bereits bewilligten Prozesskostenhilfe. Erforderlich ist, dass die unrichtigen Angaben ursächlich für eine fehlerhafte Entscheidung des Gerichtes gewesen sind. Führen die wahren Verhältnisse nur zu einer teilweisen Abweichung von der auf den unrichtigen Grundlagen getroffenen Entscheidung, ist eine entsprechende Anpassung erforderlich. Die bereits bewilligte Prozesskostenhilfe ist dann so zu ändern, dass dem Hilfsbedürftigen diejenige Prozesskostenhilfe erhalten bleibt, auf die er ungeachtet der Unrichtigkeit seiner Angaben einen Anspruch hat (Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 124 Rz. 5, am Ende).
Bei korrekter Angabe der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse hätte dem Kläger eine höhere Ratenzahlung auferlegt werde...