Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 19.01.2022, Az. 12 O 195/21, aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückgegeben.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Rückzahlung überhöhter Vergütungen wegen behaupteter Manipulationen bei der Vergabe von Bauleistungen in Anspruch. Sie wirft dem Beklagten zu 5 als ihren ehemaligen Geschäftsführer vor, in Abstimmung mit den anderen Beteiligten so in Vergabeverfahren eingegriffen zu haben, dass es jeweils zu einer überteuerten Auftragsvergabe an die Beklagte zu 1, deren Gesellschafter die Beklagten zu 2 und 3 sind, bzw. an die Beklagte zu 4 als Subunternehmerin der Beklagten zu 1 gekommen sei. Als Gegenleistung habe der Beklagte zu 5 Schmiergeldzahlungen erhalten.
Die Beklagten zu 1 und 3 bis 5 haben die Aussetzung der Verhandlung gemäß § 149 ZPO mit Blick auf das parallel geführte staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren beantragt und dies im Wesentlichen mit der Sachverhaltsidentität, den besseren Erkenntnismöglichkeiten der Ermittlungsbehörden und dem Grundsatz des fairen Verfahrens begründet, weil sie - im Gegensatz zur Klägerin - bislang keine Akteneinsicht erhalten hätten und die Geschäftsunterlagen beschlagnahmt seien. Eine unangemessene Verzögerung des Rechtsstreits sei mit der Aussetzung wegen der zu erwartenden Synergien nicht zu erwarten.
Das Landgericht hat die Verhandlung mit Beschluss vom 19.01.2022, der Klägerin zugestellt am 03.02.2022, bis zur Erledigung des bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin unter dem Aktenzeichen 365 Js 15676/17 geführten Strafverfahrens ausgesetzt und auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin vom 15.02.2022 dieser mit Beschluss vom 12.04.2022 nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Wegen des Inhalts wird auf die Beschlüsse Bezug genommen.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin ist insoweit begründet, als der angefochtene Beschluss aufzuheben ist, weil weder der Ausgangsbeschluss noch der Nichtabhilfebeschluss tragbare Ausführungen zu der dem Landgericht obliegenden Ermessensausübung gemäß § 149 ZPO enthält.
Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass § 149 Abs. 1 ZPO die Aussetzung eines Zivilverfahrens auch dann ermöglicht, wenn bereits vor dem Zivilverfahren an anderer Stelle der Verdacht einer Straftat besteht und im Hinblick auf diesen ausgesetzt werden soll (BGH, Beschluss vom 24. April 2018 - VI ZB 52/16 -, Rn. 13, juris). Ebenso steht außer Frage, dass jedenfalls in Teilen das bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin geführte Ermittlungsverfahren auf einem identischen Lebenssachverhalt wie die vorliegende Zivilklage beruht. Dies steht letztlich schon deshalb fest, weil sich die Klage im Wesentlichen auf das bereits vorliegende Ermittlungsergebnis nach entsprechender Akteneinsicht der Klägerin stützt. Schließlich ist eine Aussetzung des Verfahrens auch dann im Rahmen einer Ermessensentscheidung möglich, wenn - wie vorliegend zu erwarten - das Strafverfahren voraussichtlich länger als ein Jahr andauern wird (BGH a.a.O.).
Allerdings setzt die Aussetzungsentscheidung eine umfassende Ermessensabwägung voraus. Dabei sind neben der Komplexität des möglichen Tatgeschehens und die mit dem Abwarten verbundenen Vorteile aus dem Ergebnis der Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaft einschließlich der Reduzierung der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen auch die Interessen der Parteien mit Blick auf die Frage der laufenden Verjährungsfrist, der Durchsetzbarkeit etwaiger Ansprüche bei langer Verfahrensdauer aber auch die Grundsätze des fairen Verfahrens zu berücksichtigen, die insbesondere bei nur einseitiger Akteneinsicht zum Tragen kommen können. Dies mag auch das Landgericht im Rahmen der Gesamtschau im Blick gehabt haben. Allerdings ergibt sich dies nicht aus dem Aussetzungsbeschluss.
Im Falle des § 149 ZPO müssen die streitigen Umstände, auf die es im Zivilverfahren ankommt und die im Strafverfahren leichter oder einfacher geklärt werden können, so konkret und eingehend dargestellt werden, dass die Ermessensausübung auf Ermessensfehler überprüft werden kann. Dies ist nicht möglich, wenn - wie hier - nicht dargestellt ist, welche konkreten Ansprüche mit der Klage geltend gemacht werden und inwieweit diese auf strafbare Handlungen gestützt werden, die Gegenstand des Ermittlungsverfahrens sind, verbunden mit der Darstellung nachprüfbarer Argumente dafür, dass und gegebenenfalls inwieweit die Erkenntnisse im Ermittlungsverfahren für die konkret geltend gemachten Ansprüche von Bedeutung sein können. Der allgemeine Hinweis darauf, dass das Ermittlungs- bzw. Strafverfahren in wie hier komplexen Strafsachen regelmäßig einen erheblichen Erkenntnisgewinn versprechen, reicht nicht aus. Mit Recht werden derartige pauschale Hinweise, etwa auf die überlegenen Erkenntnismöglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden, als Leerformel angesehen (BGH, Beschluss v...