Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindung eines volljährigen Kindes an das Bestimmungsrecht der Mutter über die Art der Unterhaltsgewährung
Leitsatz (amtlich)
1. Ist eine Übereinkunft zwischen den Eltern - die auch konkludent getroffenen werden kann - gem. § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB zustande gekommen, so kann sich ein Elternteil davon nicht ohne das Vorliegen besonderer Gründe durch eine andere Art der Unterhaltsgewährung loslösen.
2. Hat ein Kind lange Zeit bei einem Elternteil gelebt, kann das Recht dieses Elternteils auf Fortführung dieser gefestigten Lebensverhältnisse ein schützenswerter Belang sein.
Normenkette
BGB § 1612 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
AG Oranienburg (Beschluss vom 04.09.2007; Aktenzeichen 33 F 189/07) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die angestrengte Klage der Antragstellerin ist angesichts eines in weiten Teilen unsubstantiierten Sachvortrages nach derzeitigem Stand gänzlich unschlüssig. Soweit die Antragstellerin sich auf ihren Ausbildungsunterhaltsanspruch ggü. der Antragsgegnerin beruft (§§ 1601, 1610 Abs. 2 BGB), steht dem das der Antragsgegnerin nach derzeitigem Stand zustehende und von ihr auch ausgeübte Bestimmungsrecht des § 1612 Abs. 2 BGB entgegen.
1. Der Antragsgegnerin steht nach derzeitigem Stand das elterliche Bestimmungsrecht zu, obgleich in der Regel beide Eltern ausübungsberechtigt sind, § 1612 Abs. 2 S. 1 BGB. Dies folgt aus vormals bestehenden Übereinkunft beider Elternteile betreffend des Bestimmungsrechtes. Angesichts des Inhaltes des Schreibens der Antragsgegnerin vom 25.8.2007 (Bl. 15 HA), dem die Antragstellerin bislang in keiner Weise entgegengetreten ist, hat die Antragstellerin wohl seit Trennung ihrer Eltern durchgängig bei der Antragsgegnerin in deren Haushalt gelebt. Damit ist zumindest konkludent eine Übereinkunft zwischen den Eltern dergestalt zustande gekommen, dass die Antragsgegnerin die Antragstellerin in ihrem Haushalt versorgt und dass der Vater der Antragsstellerin zumindest teilweise Barunterhalt zur Verfügung stellt. Zuletzt letzterem Punkt hat sich die Antragstellerin bislang in keiner Weise näher geäußert, dass aber entsprechende Geldbeträge durch den Vater der Antragstellerin geflossen sind, ist dem Inhalt des vorgenannten Schreibens der Antragsgegnerin zu entnehmen.
Ist eine Übereinkunft zwischen den Eltern gem. § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB zustande gekommen, so kann sich ein Elternteil davon nicht ohne das Vorliegen besonderer Gründe durch eine andere Art der Unterhaltsgewährung loslösen, vielmehr ist dies im Grundsatz für beide Elternteile bindend. Aus Sicht der Antragstellerin wirkt dies ebenfalls im Sinne einer Bindung, d.h. die in konkludenter Form zustande gekommene Übereinkunft der Elternteile bindet dann auch die Antragstellerin i.S.d. § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB.
Selbst wenn aber nicht von einer Übereinkunft auszugehen wäre, dürfte hier der Antragsgegnerin das Bestimmungsrecht allein zuzuweisen sein. Werden beide Elternteile auf Barunterhalt in Anspruch genommen, kann ein Elternteil das Bestimmungsrecht allein wirksam ausüben, soweit sein Angebot Belange des anderen Elternteils nicht verletzt (BGH FamRZ 1988, 831). Belange des anderen Elternteils werden insbesondere dann nicht verletzt, wenn das Angebot des Elternteil den gesamten Unterhalt für das Kind umfasst (BGH, a.a.O.). Diese Konstellation dürfte hier jedenfalls insoweit gegeben sein, als aus dem Inhalt des Schreibens der Antragsgegnerin vom 25.8.2007 hervorgeht, dass sie letztendlich für die gesamten anfallenden Kosten der Antragstellerin Sorge getragen hat, mag sie dazu auch jedenfalls teilweise den durch den Kindesvater gezahlten Barunterhalt eingesetzt haben. In umgekehrter Richtung sind dagegen gleichsam schützenswerte Belange der Antragsgegnerin erkennbar. Hat ein Kind lange Zeit bei einem Elternteil gelebt, kann das Recht dieses Elternteils auf Fortführung dieser gefestigten Lebensverhältnisse ein schützenswerter Belang sein (BGH FamRZ 1984, 37, 39). Diesem Elternteil steht dann das Bestimmungsrecht auch insoweit zu, die vormaligen Lebensverhältnisse fortzuführen.
2. Der Ausübung des Bestimmungsrechts durch die Antragsgegnerin stehen keine Gründe entgegen, die möglicherweise zu einer Unwirksamkeit der Bestimmung führen würde. Dabei ist zu beachten, dass das Recht des volljährigen Kindes auf die freie Selbstbestimmung hinter dem elterlichen Bestimmungsrecht grundsätzlich zurücktritt, da die Beachtung der finanziellen Interessen der Kindeseltern Vorrang genießt (vgl. OLG Brandenburg OLGReport Brandenburg 2006, 533, 534). Besondere, ausnahmsweise Vorrang genießende eigene Interessen hat die Antragstellerin nicht dargetan; sie sind auch anhand der Aktenlage nach derzeitigem Stand in keiner Weise erkennbar.
3. Leistet das volljährige Kind dem wirksam ausgeübten Bestimmungsrecht keine Folge, so verliert es seinen Unterhaltsanspruch. Insoweit wird auc...