Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaß. Testamentsauslegung
Leitsatz (redaktionell)
Das erstinstanzliche Gericht hat nicht allein auf den Wortlaut der letztwilligen Verfügung abzustellen, sondern auch zu berücksichtigen, dass der Erforschung des wirklichen Willens des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung durch den Wortlaut der Verfügung von Todes wegen keine Grenze gezogen wird.
Normenkette
BGB § 133
Verfahrensgang
LG Neuruppin (Beschluss vom 20.01.1997; Aktenzeichen 5 T 297/96) |
AG Neuruppin (Aktenzeichen VI 198/93) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3. und 4. vom 18. Februar 1997 wird der Beschluß des Landgerichts Neuruppin vom 20. Januar 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten der weiteren Beschwerde zu entscheiden hat.
Der Gegenstandswert der weiteren Beschwerde beträgt 50.000,00 DM.
Tatbestand
I.
Der am 04.02.1960 verstorbene Erblasser P. Sch. hinterließ ein privatschriftliches Testament vom 04,01.1951 mit folgendem Inhalt:
„Mein letzter Wille:
Im Falle meines Ablebens bestimme ich folgendes:
Als Erbin meines Nachlasses setze ich meine Ehefrau M. Sch. geb. S. ein und als Nacherben für dasjenige, was von der Erbschaft übrig sein wird, meine beiden Kinder M. O. geb. Sch. und K. Sch.
2.
Nach meinem Tode soll unser Sohn K. das Geschäft, das wir bisher gemeinsam geführt haben, mit allen Aktiven und Passiven allein erhalten. Mein Sohn ist verpflichtet, alle Grundsteuern und sonstigen Abgaben und Lasten, die auf dem Grundstück ruhen, zu bestreiten, und meiner Ehefrau und Mutter monatlich an Unterhalt zusammen 150,– DM, (in W. einhundertfünfzig DM) zu zahlen. Dieser Betrag ermäßigt sich jedoch um 50,– DM falls meine Mutter nicht mehr am Leben sein sollte.
3.
Mein Sohn K. ist ferner verpflichtet, meiner Ehefrau und Mutter die drei von ihnen bisher oben bewohnten Räume frei mit Licht und Heizung zu überlassen, freien Umgang im ganzen Hause, Hof und Garten, insbesondere auch zu den Geschäftsräumen zu gewähren.
4.
Nach dem Tode des Letztverstorbenen soll K. das Hausgrundstück erhalten. Er ist jedoch verpflichtet, für unsere Tochter M. O., z. Zt. in S. wohnhaft, eine Hypothek in Höhe von 8000,– DM (i. W. achttausend DM) in das Grundbuch eintragen zu lassen, die mit 4 % in vierteljährlichen Raten zu verzinsen ist. Die Kündigung dieser Hypothek soll vor Ablauf von 5 Jahren nicht zulässig sein. Im Falle eines Verkaufs des verpfändeten Grundbesitzes tritt auf Verlangen der Gläubigerin sofortige Fälligkeit des Kapitals ein.
5.
Die für meine Ehefrau eingetragene Hypothek von 3000,–DM soll auch weiterhin auf das Grundstück eingetragen bleiben, indem ihr das volle Verfügungsrecht zustehen soll, insbesondere für den Fall, wenn sie etwa durch schwere Erkrankung in eine Notlage geraten sollte.
6.
Alle sonstigen Nachlaßsachen, wie Möbel u. s. w. sollen nach unserem Ableben erhalten:
- das Eßzimmer und alle zum Geschäft gehörigen Sachen und alle Sachen in der Wohnstube hinter dem Laden und die Küchen-Sachen unser Sohn. K.
- das Herrenzimmer, Klavier, Teppich, Brücken und Eßservice unsere Tochter M.
7.
Alle Zuwendungen, die wir unseren Kindern M. und K. bisher gemacht haben und noch machen werden, sind ausgeglichen.
8.
Alle Sachen, Möbel u. s. w., die meine Ehefrau bei unserer Eheschließung mit in die Ehe eingebracht hat, sind hiervon ausgeschlossen, da über diese Sachen meiner Frau das Verfügungsrecht.
Alle Rechte aus meiner Sozialversicherung stehen meiner Frau zu, wie auch Rente.
W. 4. Jan. 1951.
Paul Schregel.”
Das Staatliche Notariat Wittstock/Dosse erteilte am 02.03.1960 unter dem Aktenzeichen 47/60 einen Erbschein dahingehend, daß – befreite – Vorerbin des Erblassers P. Sch. seine Ehefrau M. Sch., geb. S. und Nacherben seine beiden Kinder aus erster Ehe, M. O., geb. Sch., und K. Sch., seien. K. Sch. und M. O. sind am 12.04.1976 bzw. am 15.10.1976 und die zweite Ehefrau des Erblassers, M. Sch., geb. S., ist am 21.08.1978 verstorben. Sowohl die Abkömmlinge von K. Sch. als auch diejenigen von M. O. haben nach dem Tode der M. Sch. die Erbschaft ausgeschlagen.
Unter dem 24.05.1979 erteilte das Staatliche Notariat Wittstock (66-247-78) einen – weiteren – Erbschein, nach dem alleiniger gesetzlicher Erbe des Erblassers P. Sch. die Deutsche Demokratische Republik sei. Dieser Erbschein wurde durch Beschluß des Amtsgerichts Neuruppin zwischenzeitlich, am 15.03.1994, (VI 198/93) eingezogen.
Am 30.10.1979 erteilte das Staatliche Notariat Wittstock einen Erbschein nach der am 21.08.1978 verstorbenen zweiten Ehefrau des Erblassers, M. Sch. wonach sie von ihrer Nichte I. W., geb. G., und ihrer Enkelin B. H., geb. O., der Beteiligten zu 1., zu je ½ beerbt worden sei. I. W., die vormalige Beteiligte zu 2., ist am 29.04.1995 verstorben und ausweislich eines gemeinschaftlichen Erbscheins des Amtsgerichts Neuruppin vom 07.11.1995 (12 VI 1 75/95) von ihren Kindern P. W., G. W., R. W. und C. W. zu je 1/4 des Nachlasses beerbt worden.
Am 22.11.1993 bean...