Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaß. Vermächtnis
Leitsatz (redaktionell)
Zur Abgrenzung von Vermächtnis und Erbeinsetzung.
Normenkette
BGB §§ 2069, 2087, 2108
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 09.09.1996; Aktenzeichen 16 T 273/96) |
AG Eberswalde (Aktenzeichen 7 VI 399/95) |
Tenor
Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird verworfen.
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2. bis 4. wird der Beschluß des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. September 1996 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung nach Maßgabe der nachfolgenden Gründe an das Landgericht Frankfurt (Oder) zurückverwiesen, das auch über die Kosten der weiteren Beschwerde zu entscheiden hat.
Gründe
Die statthafte weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. ist unzulässig. Denn er ist durch den angefochtenen Beschluß des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. September 1996 nicht beschwert. Das Landgericht hat nämlich nur den Vorbescheid des Amtsgerichts aufgehoben, mit dem die Erteilung eines Erbscheins zugunsten der Beteiligten zu 2. bis 4. angekündigt worden war. Daher kann dahingestellt bleiben, ob der Beteiligte zu 1. Erbeserbe nach H. B. und damit überhaupt im materiellen Sinn Beteiligter des hiesigen Verfahrens ist.
Wegen der mit Schriftsatz vom 23.12.1996 gestellten Anträge des Beteiligten zu 1. wird darauf hingewiesen, daß das Rechtsbeschwerdegericht über das Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Vorinstanz zu befinden hat, wobei grundsätzlich nur der erkennende Teil der Entscheidung der Anfechtung unterliegt (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 13. Aufl., § 27, Rz. 8, § 19, Rz. 81). Ferner beschränkt sich die Prüfung nur auf die Verletzung des Gesetzes (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 27, Rz. 61). Im übrigen hat das Amtsgericht den Erbschein vom 30.12.1975 mit weiterem Beschluß vom 24.4.1996 bereits eingezogen, die Einziehung ist allerdings bisher nicht durchgeführt (vgl. Palandt-Edenhofer, BGB, 56. Aufl., § 2361, Rz. 9).
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2. bis 4. ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zu der aus der Beschlußformel ersichtlichen Entscheidung.
Dem Landgericht ist insofern ein zur Aufhebung seines Beschlusses führender Rechtsfehler unterlaufen, als es nur festgestellt hat, daß die Anordnung einer Sondernacherbfolge nicht möglich sei, weshalb die Anordnungen der Erblasserin bzgl. des Grundstücks in B. nur dahin ausgelegt werden könnten, daß es sich dabei um ein aufschiebend bedingtes Vermächtnis zugunsten der Nichte und des Neffen ihres vorverstorbenen Ehemanns handele. Das Landgericht hätte aber prüfen müssen, ob es sich bei der Zuwendung des Grundstücks in B. nicht in Wahrheit um die Zuwendung eines Teils des Nachlasses handelt, die Alleinerbin also teilweise mit einer Nacherbfolge beschwert ist, so daß sie nur zu einem Teil Vollerbin, zum anderen Teil Vorerbin werden sollte (vgl. Staudinger-Behrends-Avenarius, BGB, 13. Bearbeitung, § 2100, Rz. 6 f). Denn für die Nacherbeneinsetzung gilt § 2087 BGB im gleichen Maße wie für die Erbeinsetzung, d. h. ob eine Erbeinsetzung oder ein Vermächtnis vorliegt, richtet sich bei der Nacherbschaft nach denselben Auslegungskriterien wie bei einer normalen Erbeinsetzung (vgl. MüKomm-Grunsky, BGB, 2. Aufl, § 2100, Rz. 16 a.E.; BayObLG 1965, 457 ff, 463 a.E.). Daß der nach dem Tode des Vorerben zu erteilende Erbschein grundsätzlich nur die Quoten der Nacherben ausweist, bedeutet entgegen der Ansicht des Landgerichts auch nicht, daß die Nacherben Zugriff auf ihnen nicht zugedachte Nachlaßgegenstände haben. Denn wie bei Miterben überhaupt, ist die Auseinandersetzung nach dem Willen des Erblassers durchzuführen, d. h. der zunächst gesamthänderisch am Nachlaß beteiligte Miterbe hat im Rahmen der Erbauseinandersetzung nur einen Anspruch auf den ihm zugedachten Einzelgegenstand (vgl. Staudinger-Otte, a.a.O., § 2087, Rz. 24). Schon deshalb, weil sich das Landgericht nicht mit der Möglichkeit auseinandergesetzt hat, daß den Nacherben möglicherweise ein Bruchteil der Erbschaft zukommen sollte, kann der angefochtene Beschluß keinen Bestand haben.
Bei der nun vorzunehmenden Prüfung wird das Landgericht die Angaben der Beteiligten zu 2. bis 4. zu berücksichtigen haben, wonach die Erblasserin zwischen dem eigenen und dem von ihrem Mann ererbten Vermögen unterschieden und es je nach Herkunft ihrer eigenen Familie bzw. derjenigen ihres Mannes zugedacht habe. Jedenfalls hat die Erblasserin in ihrem Testament angegeben, welchen Wert bzw. Einheitswert die einzelnen Vermögensgegenstände haben. Den Wert des Gesamtnachlasses hat sie aus der Summe dieser Werte errechnet. Sie hat das Testament von einem Notar aufnehmen lassen und die Nichte und den Neffen ihres vorverstorbenen Ehemanns ausdrücklich als Nacherben, ihre Schwester als „einfache Vorerbin” bezeichnet und ihre Befugnisse hinsichtlich des Grundstücks in B. konkret beschrieben. Dagegen dürfte der Bezeichnung der Schwester als Alleinerbin keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen. D...