Entscheidungsstichwort (Thema)

Durchführung des Versorgungsausgleichs aufgrund Parteivereinbarung trotz Vorliegens der Voraussetzungen für dessen Aussetzung

 

Normenkette

BGB § 1587b Abs. 1, § 1587o Abs. 1 S. 2; VAÜG § 2 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Bad Liebenwerda (Urteil vom 03.01.2007; Aktenzeichen 22 F 201/06)

 

Tenor

Der Tenor des angefochtenen Urteils wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Von dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 1., Vers.-Nr. ..., werden auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 2., Vers.-Nr. ..., angleichungsdynamische Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 29,23 EUR, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31.7.2006, übertragen.

Die zu übertragenden angleichungsdynamischen Rentenanwartschaften sind in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

Es bleibt bei der Kostenentscheidung des ersten Rechtszuges. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Der Beschwerdewert wird auf 2.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1. hat auch in der Sache Erfolg. Mit Recht hat sie sich darauf berufen, das AG habe den Versorgungsausgleich fehlerhaft durchgeführt.

1. Nach Auskunft der Beteiligten zu 1. vom 4.10.2006 hat der Antragsgegner während der Ehezeit i.S.d. § 1587 Abs. 2 BGB - dies ist die Zeit vom 1.1.1979 bis zum 31.7.2006 - angleichungsdynamische Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 580,45 EUR monatlich erworben.

Ferner steht aufgrund der Auskunft der Beteiligten zu 2. vom 8.11.2006 fest, dass die Antragstellerin auf die Ehezeit entfallende angleichungsdynamische Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 471,88 EUR monatlich sowie nichtangleichungs-dynamische Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 11,71 EUR monatlich erworben hat.

Darüber hinaus hat die Antragstellerin Anrechte bei der Beteiligten zu 3., einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, nach der Auskunft vom 3.11.2006 eine unverfallbare Anwartschaft auf eine Betriebsrente von monatlich 93,34 EUR erworben. Bei Anwendung der Tabelle 1 zur BarwertVO ist zu beachten, dass die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ab dem Leistungsbeginn als volldynamisch anzusehen ist (BGH FamRZ 2004, 1474 ff. m. Anm. Glockner; vgl. auch OLG Brandenburg FamRZ 2005, 37). Dies führt zur Anwendung der Anm. 2 zur Tabelle 1 der BarwertVO und damit zu einem erhöhten Faktor. Zudem ist die seit dem 1.6.2006 geltende aktuelle BarwertVO (FamRZ 2006, 914 ff.) zu beachten. Letzteres hat das AG missachtet.

Dies führt zu folgender Umwertung der betrieblichen Altersversorgung:

mitgeteilter monatlicher Ehezeitanteilder Betriebsrente 93,34 EUR

Jahresbetrag der Betriebsrente 1.120,08 EUR

Alter der Antragstellerin bei Ehezeitende 46

Barwert gem. Tabelle 1 BarwertVO 5,00

erhöhter Barwert gem. Tabelle 1Anm. 2 BarwertVO 7,50

Barwert der Rente 8.400,60 EUR

4. Umrechnung in eine Rentenanwartschaft

Umrechnungsfaktor Beitrag in Entgeltpunktezum Ehezeitende 0,0001750002

ergibt Entgeltpunkte 1,4701

allgemeiner Rentenwert zum Ehezeitende 26,13

Rentenanwartschaft 38,41 EUR

2. Die Ausgleichsbilanz stellt sich zunächst wie folgt dar:

Antragsgegner

Antragstellerin

1. Angleichungsdynamische Anrechte

gesetzliche Rentenversicherung/Ost

580,45 EUR

471,88 EUR

Summe

580,45 EUR

471,88 EUR

Differenz

108,57 EUR

Hälfte = Ausgleichsbetrag

54,29 EUR

2. Nichtangleichungsdynamische Anrechte

gesetzliche Rentenversicherung/West

- EUR

11,71 EUR

Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes

- EUR

38,41 EUR

Summe

- EUR

50,12 EUR

Differenz

50,12 EUR

Hälfte = Ausgleichsbetrag

25,06 EUR

Hiernach wäre der Versorgungsausgleich an sich auszusetzen, da der Antragsgegner einerseits die höheren angleichungsdynamischen Rechte, andererseits aber die geringeren nichtangleichungsdynamischen Anrechte besitzt. Da keiner der Parteien Rente bezieht, sind auch die Voraussetzungen eines Leistungsfalles gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VAÜG nicht gegeben. Daher wäre der Versorgungsausgleich an sich gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG auszusetzen.

Gleichwohl ist der Versorgungsausgleich hier unter Beachtung der Vereinbarung der Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 3.1.2007 vor dem AG durchzuführen.

Danach haben die anwaltlich vertretenen Parteien einen Vergleich dahingehend geschlossen, dass die dynamischen Anwartschaften der Antragstellerin beim gesetzlichen Versorgungsträger (= Beteiligte zu 2.) und beim Kommunalen Versorgungsverband (= Beteiligter zu 3.) als angleichungsdynamische Anwartschaften behandelt werden und der Ausgleich zum Versorgungsausgleich auf der Grundlage der angleichungsdynamischen Anwartschaften erfolgen soll.

Da das AG diesen Vergleich genehmigt hat, § 1587o Abs. 2 Satz 3 BGB, ist dieser Vergleich formwirksam zustande gekommen. Bei der hier vorgenommenen Aufwertung der nichtangleichungsdynamischen Anrechte in angleichungsdynamische h...

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