Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterliche Sorge: Erlass einer unbefristeten Verbleibensanordnung zugunsten der Pflegeeltern eines seit Längerem in Pflegefamilie lebenden Kindes. Anordnung von Umgangskontakten zur Vorbereitung einer künftigen Rückführung in die Herkunftsfamilie
Leitsatz (redaktionell)
Eine starke Bindung eines Kindes an seine Pflegeeltern kann auch im Falle der wiederhergestellten Erziehungsfähigkeit der leiblichen Eltern den Erlass einer Verbleibensanordnung auf unbestimmte Zeit rechtfertigen. Eine solche Verbleibensanordnung ist von Amts wegen mit einer Umgangsregelung zur Sicherstellung der schrittweisen Heranführung des Kindes an die Herkunftsfamilie zu versehen.
Normenkette
BGB § 1632 Abs. 4, § 1684
Verfahrensgang
AG Eisenhüttenstadt (Beschluss vom 08.12.2006; Aktenzeichen 7 F 129/05) |
Tenor
Der Beschluss des AG Eisenhüttenstadt vom 8.12.2006 wird teilweise abgeändert.
Die Mutter, Frau K. H., hat das Recht, mit der Tochter S., geboren am ... 2004, wie folgt zusammen zu sein:
a) an jedem zweiten Dienstag in der Zeit von 9:00 Uhr bis 16:00 Uhr, beginnend mit dem 3.6.2008, endend mit Ablauf des Monats August 2008,
b) an jedem zweiten Wochenende in der Zeit von Samstag, 9:00 Uhr bis Sonntag, 17:00 Uhr, beginnend mit dem Wochenende 24./25.5.2008, endet mit Ablauf des Monats 2008.
c) an jedem ersten, dritten und vierten Wochenende eines Monats in der Zeit von Freitag, 17:00 Uhr, bis Sonntag, 17:00 Uhr, wobei hinsichtlich eines ersten Wochenendes der Freitag und der Sonntag im selben Monat liegen müssen, beginnend mit dem Wochenende 5./7.9.2008,
d) an Weihnachten in der Zeit von Heiligabend, 9:00 Uhr, bis zum 1. Weihnachtstag, 17:00 Uhr,
e) an Silvester/Neujahr in der Zeit vom 31.12., 9:00 Uhr, bis zum 1.1., 17:00 Uhr,
f) an Ostern von Karfreitag, 9:00 Uhr, bis zum Ostersonntag, 17:00 Uhr,
g) an Pfingsten vom Freitag vor Pfingsten, 17:00 Uhr, bis Pfingstmontag, 17:00 Uhr,
h) in den Sommerferien des Landes Brandenburg, beginnend mit dem Tag nach dem letzten Schultag, 9:00 Uhr, bis zum 21. Tag danach, 17:00 Uhr,
i) in den Herbstferien des Landes Brandenburg, beginnend mit dem Tag nach dem letzten Schultag, 9:00 Uhr, bis zum 7. Tag darauf, 17:00 Uhr,
j) in den Winterferien des Landes Brandenburg, beginnend mit dem Tag nach dem letzten Schultag, 9:00 Uhr, bis zum 7. Tag darauf, 17:00 Uhr,
k) in den Osterferien des Landes Brandenburg von Dienstag nach Ostern, 9:00 Uhr, bis Sonntag nach Ostern, 17:00 Uhr.
Die Mutter stellt sicher, dass das Kind zu Beginn eines jeden Umgangs von den Pflegeeltern abgeholt und zum Ende eines jeden Umgangs zur Abholung durch die Pflegeeltern bereit gehalten wird. Die Pflegeeltern stellen sicher, dass das Kind zu Beginn eines jeden Umgangs zur Abholung durch die Mutter bereit gehalten und am Ende eines jeden Umgangs von der Wohnung der Mutter abgeholt wird.
An die Stelle eines ohne Verschulden der Mutter ausgefallenen Umgangswochenendes tritt das darauf folgende Wochenende, es sei denn, es handelt sich ohnehin um ein Umgangswochenende.
Die Feiertags- und die Ferienregelung gehen den regelmäßigen Umgangswochenenden vor. Der Turnus des Wochenendumgangs bleibt in jedem Fall unverändert.
Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Anordnungen wird der Mutter und den Pflegeeltern ein Zwangsgeld i.H.v. bis zu 1.500 EUR angedroht.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen, so dass die vom AG getroffene Verbleibensanordnung bestehen bleibt.
Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 BGB. Die Mutter ist am ... 1975 geboren, ihre Kinder M. H. am ... 1998 und S. H. am ... 2004. Die Mutter war psychisch krank und stand unter Betreuung (AG Eisenhüttenstadt 4 XVII 159/03). Durch Beschluss des AG vom 15.3.2004 wurden das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitsfürsorge, das Recht, behördliche Angelegenheiten zu regeln, sowie die Berechtigung, vertragliche Angelegenheiten wahrzunehmen, soweit M. betroffen ist, im Wege der einstweiligen Anordnung dem Jugendamt als Ergänzungspfleger übertragen (7 F 69/04). Für S. wurde am 27.7.2004 durch das Jugendamt eine Pflegschaft beantragt. Durch Beschluss vom 6.8.2004 hat das AG für S. eine Vormundschaft eingerichtet und das Jugendamt zum Vormund bestellt, befristet bis zum 3.9.2004 (7 F 206/04). Durch Beschluss vom 13.8.2004 ist die Anordnung bis zum 12.11.2004 verlängert worden. Seit dem 13.8.2004 befindet sich das Kind ohne Unterbrechung bei den Beteiligten zu 2., den Pflegeeltern. Durch Beschluss vom 11.4.2005 hat das AG das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitsfürsorge, die Vermögenssorge, das Recht, behördliche Angelegenheiten zu regeln sowie die Berechtigung, vertragliche Angelegenheiten zu regeln, für die beiden Kinder M. und S. dem Jugendamt als Ergänzungspfleger übertragen (7 F 6...