Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 12 O 279/16) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18.08.2021 - 12 O 279/16 - im Kostenpunkt abgeändert. Die Kosten des mit vorgenannten Beschlusses abgeschlossenen Beschwerdeverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens hat ebenfalls der Beklagte zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf bis zu 500 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 31.08.2021 gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) - Rechtspflegerin - vom 18.08.2021, soweit ihr darin die Kosten für das mit Schriftsatz vom 29.01.2020 eingeleitete Beschwerdeverfahren gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16.01.2020 auferlegt worden sind.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft, insbesondere ist der Beschwerdewert nach §§ 104 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. 567 Abs. 2 ZPO erreicht, denn die hier noch streitgegenständlichen Kosten für das erste Beschwerdeverfahren belaufen sich auf mehr als 200 EUR (Gerichtsgebühr nach KV 1812 a.F. in Höhe von 60 EUR zzgl. zwei Anwaltsgebühren in Höhe von 0,5 nach VV 3500 a.F. bezogen auf einen Streitwert von bis zu 6.000 EUR in Höhe von je 177 EUR). Dem Rechtsbehelf steht auch nicht das Verbot der isolierten Anfechtung von Kostenentscheidungen nach § 99 Abs. 1 ZPO entgegen. Dieses gilt nach Sinn und Zweck nur für richterliche Entscheidungen, nicht für solche des Rechtspflegers (Senat, Beschluss vom 16.02.2000 - 8 W 93/99, juris Rn. 8). Die sofortige Beschwerde ist zudem sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses eingelegt worden (§ 569 Abs. 1 ZPO).
Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Die Kosten für das erste Beschwerdeverfahren hat nicht die Klägerin, sondern der Beklagte zu tragen. Die Begründung der Rechtspflegerin, die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Klägerin nach dem Rechtsgedanken der §§ 95, 97 ZPO aufzuerlegen, weil sie den Einwand der Erfüllung nicht im Anhörungsverfahren, sondern erst im Beschwerdeverfahren erhoben habe, trägt nicht. Zwar richtet sich die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO. Die Begründung des Landgerichts verkennt jedoch, dass die Klägerin bestritten hat, die Kostenfestsetzungsanträge des Beklagten vor Erlass des Kostenfestsetzungsverfahrens zur Anhörung erhalten zu haben. Ausweislich der Akte sind beide Anträge der Klägerin unter dem 29.11.2019 formlos übersandt worden, dies belegt allerdings den Zugang bei der Klägerin nicht und ein solcher kann auch nicht auf Grundlage allgemeiner Lebenserfahrung unterstellt werden. Die Anwendung der §§ 95, 97 ZPO setzt jedoch voraus, dass der Partei die Nichteinhaltung der ihr gesetzten Frist bzw. die nicht rechtzeitige Geltendmachung neuen Vorbringens zum Vorwurf gemacht werden kann. Muss man nach dem Sach- und Streitstand aber davon ausgehen, dass die Klägerin die Kostenfestsetzungsanträge des Beklagten vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses nicht gekannt hat, bestand für sie keine Veranlassung, die von ihr zwischenzeitlich erbrachte Zahlung gegenüber dem Gericht offenzulegen. Auch der Umstand, dass der Betrag ihrer Zahlung dem in den Kostenfestsetzungsanträgen geltend gemachten Erstattungsanspruch fast vollständig entspricht, stellt kein Indiz für den Erhalt der Kostenfestsetzungsanträge dar, denn die Klägerin hat vorgetragen, sie habe den zu zahlenden Betrag selbst ermitteln können, weil er den ihr selbst für die Tätigkeit ihres Prozessbevollmächtigten entstandenen Kosten entsprochen habe.
Kommt mithin eine Anwendung der Rechtsgedanken der §§ 95, 97 ZPO vorliegend nicht in Betracht, richtet sich die Kostenentscheidung nach § 93 ZPO. Diese Norm kommt in Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend zur Anwendung, wenn der Kostenschuldner auch ohne Festsetzung zur Erstattung bereit ist (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 104 Rn. 21.50). Diese Voraussetzungen sind erfüllt: Die Klägerin hat zur Kostenfestsetzung keinen Anlass gegeben, weil sie am 29.11.2019 - und damit zeitgleich mit Absendung der Kostenfestsetzungsanträge zur Stellungnahme an sie - einen Betrag von 5.712 EUR zum Ausgleich der Kosten des Rechtsstreits an den Beklagten gezahlt hat und deshalb darauf vertrauen durfte, dass der Beklagte, sollte er zwischenzeitlich Kostenfestsetzungsanträge eingereicht haben, seine Anträge nach Zahlungseingang korrigiert. Soweit nach vorgenannter Zahlung noch ein Betrag von 23,61 EUR offen stand, steht dies der Kostentragungspflicht des Beklagten nicht entgegen, weil dieser Betrag im Verhältnis zur Gesamtforderung geringfügig war und keine höheren Kosten veranlasst hat (arg. e § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen nach § 574 ZPO nicht vorliegen.
Fundstellen