Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindschaftsverfahren: Anpassung des Verfahrenswerts nach § 45 Abs. 3 FamGKG
Leitsatz (amtlich)
1. Nicht jede Abweichung vom Durchschnittsfall, sondern erst eine solche von erheblichem Gewicht kann eine Unbilligkeit iSd § 45 Abs. 3 FamGKG begründen (vgl. BeckOK KostR/Neumann, 30. Ed. 1.6.2020, FamGKG § 45 Rn. 38 m.w.N.).
2. Für die kostenrechtliche Beurteilung des Umfangs und der Schwierigkeit der Sache als Bewertungskriterium innerhalb des § 45 Abs. 3 FamGKG zählt der gerichtliche Aufwand, nicht der der Beteiligten oder ihrer Anwälte (vgl. BeckOK KostR/Neumann, 30. Ed. 1.6.2020, FamGKG § 45 Rn. 40 m.w.N.).
Verfahrensgang
AG Nauen (Aktenzeichen 21 F 61/17) |
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Nauen vom 06.07.2020 in Gestalt des Teilabhilfebeschlusses vom 20.07.2020 wird zurückgewiesen.
Gründe
1. Der beschwerdeführende Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers erstrebt die Heraufsetzung des Verfahrenswertes für eine Umgangssache vom Regelstreitwert auf 10.000 EUR.
Das knapp drei Jahre dauernde Verfahrens sei zunächst bei einem unzuständigen Amtsgericht eingeleitet, habe sich über vier Anhörungstermine erstreckt, seine Handakte umfasse rund 400 Seiten mit zahlreichen Schriftsätzen und der auf eine Einigung der Eltern zurückgehende verfahrensabschließende Beschluss weise 14 Punkte aus.
Das Amtsgericht hat den Verfahrenswert im Abhilfeverfahren mit Teilabhilfebeschluss, auf den der Senat wegen dessen Einzelheiten verweist (357 ff), auf 5.000 EUR heraufgesetzt und die Sache im Übrigen dem Senat vorgelegt.
2. Die nach § 59 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 57 FamGKG sowie § 32 Abs. 2 RVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde bleibt, soweit sie hier noch angefallen ist, ohne Erfolg. Der Senat entscheidet nach § 57 Abs. 5 S 1 FamGKG als Einzelrichter.
Das Amtsgericht hat die Verfahrensdauer, die Anzahl der Termine und den Regelungsgehalt seines Umgangsbeschlusses zutreffend als besondere Umstände im Sinne des § 45 Abs. 3 FamGKG in sein Festsetzungsermessen für eine Werterhöhung einbezogen und jedenfalls nicht zulasten des Beschwerdeführers unterbewertet, zumal noch nicht jede Abweichung vom Durchschnittsfall, sondern erst eine solche von erheblichem Gewicht eine Unbilligkeit begründen kann (vgl. BeckOK KostR/Neumann, 30. Ed. 1.6.2020, FamGKG § 45 Rn. 38 m.w.N.).
Für die Beurteilung des Umfangs und der Schwierigkeit der Sache als Bewertungskriterium zählt der gerichtliche Aufwand, nicht der der Beteiligten oder ihrer Anwälte (vgl. BeckOK KostR/Neumann, 30. Ed. 1.6.2020, FamGKG § 45 Rn. 40 m.w.N.). Der vom Amtsgericht zu verarbeitende Sach- und Streitstoff war, verteilt auf mehrere hundert Seiten, allerdings schon überdurchschnittlich, wenngleich nicht einmal ein vielfach und typischerweise einzuholendes Sachverständigengutachten erforderlich war. Die regelungsbedürftigen Umgangsmodalitäten entsprechen häufig anzutreffenden Fallgestaltungen bei konfliktbehafteten Eltern.
Auch scheiden besonders gute wirtschaftliche Verhältnisse der Beteiligten als denkbare erleichternde Umstände für eine Werterhöhung aus.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 59 Abs. 3 FamGKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, §§ 59 Abs. 1 S 5, 57 Abs. 7 FamGKG.
Fundstellen
Haufe-Index 14091081 |
FuR 2020, 712 |
JurBüro 2020, 601 |
AGS 2020, 581 |
FF 2020, 466 |