Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird die Streitwertfestsetzung in dem am 26.06.2020 verkündeten Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 11 O 244/19, abgeändert. Der Streitwert für den Rechtsstreit in erster Instanz wird auf bis zu 19.000 EUR festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Das Landgericht hat im Urteil vom 26.06.2020 den Streitwert auf 11.647,21 EUR festgesetzt. Neben den geltend gemachten Zahlungsansprüchen von insgesamt 9.022,21 EUR hat es für das Verlangen auf Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde 30 % des Nennwertes, mithin 2.625 EUR in Ansatz gebracht.
Gegen die Reduzierung der Bürgschaftssumme richtet sich die in eigenem Namen eingelegte Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit der Begründung, die Beklagte habe sich Ansprüchen auf Mängelgewährleistung berühmt. Daher sei bei der Streitwertbemessung kein Abschlag von der Bürgschaftssumme vorzunehmen.
Die Beklagte hat vorgetragen, es handele sich um eine Gewährleistungsbürgschaft, auch wenn sie anders bezeichnet worden sei. Von der landgerichtlichen Streitwertbemessung sei deshalb nicht abzuweichen.
Das Landgericht hat der Beschwerde unter Hinweis auf die eigenen Angaben der Klägerin in der Klagebegründung nicht abgeholfen und sie mit Beschluss vom 06.07.2021 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das gemäß §§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, 68 Abs. 1 GKG als Beschwerde zulässige Rechtsmittel der Prozessbevollmächtigten der Klägerin führt zu einer Anhebung des Streitwertes auf bis zu 19.000 EUR.
Soweit das Landgericht bei der Streitwertfestsetzung die Zahlungsansprüche mit insgesamt 9.022,21 EUR berücksichtigt hat, werden rechtliche Bedenken zutreffend nicht erhoben.
Der Streitwert hinsichtlich des Klageantrages zu 3 auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde ist - anders als vom Landgericht angenommen - mit dem vollen Nennwert von 8.750 EUR zu berücksichtigen. Der Streitwert ist nicht ohne Weiteres mit dem Nennbetrag der Bürgschaft gleichzusetzen, sondern gemäß § 3 ZPO anhand des Interesses der Klägerin zu schätzen, das wesentlich geringer sein kann als der Nennwert. Insbesondere, wenn lediglich die Kosten der Bürgschaft im Raum stehen. Soll mit dem Herausgabeanspruch jedoch verhindert werden, dass der Bürge wegen umstrittener Forderungen in Anspruch genommen wird, ist der Streitwert nach § 3 ZPO mit dem Wert der Forderungen anzusetzen, deren sich die Beklagte gegenüber der Klägerin berühmt (OLG Düsseldorf Beschluss vom 29.01.2016 - I-9 W 8/15, BeckRS 2016, 10807; BGH, Beschluss vom 14.10.1993 - IX ZR 104/93, NJW-RR 1994, 758, beck-online). Hiervon geht auch die von der Beklagten zitierte Entscheidung des OLG Köln (Beschluss vom 22.09.1993 - 2 W 161/93, BeckRS 1993, 05219, beck-online) aus. Denn auch danach bemisst sich der Streitwert nach der Gefahr einer Benutzung der Urkunde.
Vorliegend ging es nicht nur um Fragen der Kostenvermeidung oder der Kreditwürdigkeit, sondern um Vertragserfüllungs-/Gewährleistungsansprüche und deren Abwehr. In einem solchen Falle ist der Wert der Bürgschaftsforderung als Gegenstandswert des auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde gerichteten Prozesses anzusetzen (vgl. OLG Frankfurt a. M. Beschluss vom 16.04.2020 - 22 W 1/20, BeckRS 2020, 21954, beck-online). Dies folgt unabhängig von der rechtlichen Einordnung des Charakters der Bürgschaft bereits daraus, dass die Beklagte - wie sie in ihrem Schriftsatz vom 13.01.2020 klar herausgestellt hat - die Herausgabe wegen der die Werklohnforderung der Klägerin weit übersteigender Gegenforderungen verweigert hat.
Letztlich kann auch aus weiteren Gründen dahinstehen, ob es sich um eine Vertragserfüllungsbürgschaft handelt oder um eine Gewährleistungsbürgschaft, auf die die Beklagte nunmehr abstellt. Für ersteres spricht, dass beide Parteien zu keiner Zeit des Prozesses eine solche in Abrede gestellt haben. Dafür sprechen ferner die vereinbarte Bürgschaftssumme, die gemäß § 9 des Werkvertrages 10 % des vereinbarten Vertragspreises entspricht, als auch der Zeitpunkt des Abschlusses des Bürgschaftsvertrages weit vor Abnahme. Zwar wird im Kreditversicherungsvertrag ausgeführt. "Diese Bürgschaft dient dazu, die vertragsgemäße Ausführung und die vertragsgemäßen Mängelansprüche sicherzustellen.", so dass grundsätzlich alle Ansprüche des Auftraggebers auf rechtzeitige Erfüllung, mithin auch Mängelansprüche jeder Art, beinhaltet sein können. Unterscheiden die Parteien aber zwischen Vertragserfüllungs- und Gewährleistungssicherheiten, verliert die Vertragserfüllungsbürgschaft i.d.R. mit der Abnahme ihre Wirksamkeit (vgl. OLG Celle, Urteil vom 24. Juni 2010 - 13 U 186/09 -, Rn. 11; OLG Karlsruhe, Urteil vom 20. November 1997 - 4 U 74/97 -, Rn. 6; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1987 - IX ZR 263/86 -, Rn. 24, juris). Allerdings hat die Beklagte Gewährleistungsansprüche und Schadensersatz wegen behaupteter Mängel geltend gemacht, die bereits vor Abnah...