Verfahrensgang

AG Nauen (Entscheidung vom 13.04.2015; Aktenzeichen 34 OWi 65/15)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Nauen vom 13. April 2015 wird zugelassen.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Nauen vom 13. April 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Nauen zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Die Zentrale Bußgeldstelle des Landes Brandenburg hat mit Bescheid vom 5. Dezember 2015 gegen den Betroffenen wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um mindestens 16 km/h, die am ... September 2014 um 15:01 Uhr auf der BAB ... bei km 141,7, Fahrtrichtung Autobahndreieck ..., begangen worden sein soll, ein Bußgeld in Höhe von 30,00 € festgesetzt.

Nach Einspruch des Betroffenen hat die Bußgeldrichterin mit Verfügung vom 20. Februar 2015 Termin zur Hauptverhandlung auf den 13. April 2015 anberaumt und hierzu den Betroffenen und dessen Verteidigerin förmlich geladen.

Zu Beginn der Hauptverhandlung hat die Verteidigerin des Betroffenen ausgeführt, dass "die übereinstimmende Identität des Betroffenen zu dem Frontfoto der Messung nicht angezeifelt", er keine weiteren Angaben zur Sache machen werde und beantragt, den Betroffenen von seiner Pflicht zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung gem. § 73 Abs. 2 OWiG zu entbinden. Dessen ungeachtet hat das Amtsgericht Nauen durch Urteil vom 13. April 2015 den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid vom 5. Dezember 2015 verworfen, weil der Betroffene trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne genügende Entschuldigung zum Termin der Hauptverhandlung nicht erschienen sei. Weiter führen die Urteilsgründe aus, dass der Antrag auf Entbindung von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen erst in der Hauptverhandlung und daher verspätet gestellt worden sei. Auch habe sich der Betroffene von seiner Verteidigerin mangels wirksamer Vertretungsvollmacht nicht vertreten lassen können.

Gegen dieses Urteil richtet sich der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, mit dem er die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, zugleich erhebt er Rechtsbeschwerde.

Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat in ihrer Stellungnahme vom 28. Oktober 2015 beantragt, die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Nauen vom 13. April 2015 zuzulassen, auf die Rechtsbeschwerde das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Nauen zurückzuverweisen.

II.

Der Senat entscheidet entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg.

1. Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 1 Satz 2, 80 Abs. 1 OWiG statthaft und gemäß §§ 79 Abs. 3 Satz 1, 80 Abs. 3 Satz 1 OWiG, §§ 341, 344, 345 StPO form- und fristgerecht bei Gericht angebracht worden.

2. Die Verwerfung des Einspruchs nach § 74 Abs. 2 OWiG kann als Prozessurteil nur mit der Verfahrensrüge beanstandet werden.

a) Die Antragsbegründung enthält eine den Erfordernissen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO iVm. §§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 3 OWiG entsprechende Verfahrensrüge. Denn soweit im Grundsatz bei der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs darzulegen ist, was der Beschwerdeführer im Falle der Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte, erfährt dies dann eine Ausnahme, wenn gerügt wird, die Verwerfung nach § 74 Abs. 2 OWiG beruhe auf einer unterbliebenen oder auf einer rechtsunwirksamen Ablehnung, den Betroffenen von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist nicht nur dann verletzt, wenn der Betroffene daran gehindert wird, zu den für die gerichtliche Entscheidung erheblichen Tatsachen Stellung zu nehmen, sondern auch dann, wenn das Gericht eine Stellungnahme des Betroffenen nicht zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung berücksichtigt (vgl. dazu Schmidt-Aßmann in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Loseblatt, Art. 103, Rdnr. 94; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 26.09.2005, 2 Ss (OWi) 148 Z/02; Senatsbeschluss vom 1. August 2011, 1 Z - 53 Ss-OWi 239/11 - 134/11). Der Betroffene trägt in der Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor, das Amtsgericht hätte kein Prozessurteil erlassen dürfen, sondern es hätte ihn auf seinen Antrag von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbinden und auf Grund der Beweisaufnahme in seiner Abwesenheit eine Entscheidung in der Sache treffen müssen. Damit führt er zugleich in ausreichender Weise aus, dass das Recht auf Gehör unter dem zweiten der beiden vorgenannten Aspekte verletzt worden sei.

b) Das Rechtsmittel hat mit der Verfahrensrüge der Verletzung rechtlichen Gehörs - vorläufigen - Erfolg. Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde aus vorgenanntem Grund zu (§ 80 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das ange...

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