Leitsatz (amtlich)
1. Die Beteiligten können gem. § 36 Abs. 1 Satz 1 FamFG einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand des Verfahrens verfügen können. In Gewaltschutzsachen besteht eine solche Dispositionsbefugnis.
2. Die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe erstreckt sich grundsätzlich auf den Abschluss eines Vergleichs, der allein zur Erledigung des Verfahrensgegenstandes geschlossen wird.
3. Die Prüfung von Mutwilligkeit bei Abschluss eines Vergleichs und gleichzeitiger Beantragung von Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe wird aber nur angenommen, soweit es um die vergleichsweise Regelung eines Gegenstandes geht, der über den eigentlichen Verfahrensgegenstand hinausreicht.
4. Die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe erstreckt sich grundsätzlich auf die Kosten eines Vergleichs. Regelt dieser aber auch andere Gegenstände als den Streitgegenstand, so muss hierfür erneut Verfahrenskostenhilfe beantragt werden.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Fürstenwalde (Beschluss vom 18.04.2013; Aktenzeichen 10 F 195/13) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird teilweise abgeändert.
Dem Antragsgegner wird Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... in F. auch für den Vergleich vom 27.3.2013 bewilligt, soweit Gegenstand des Vergleichs das Gewaltschutzverfahren ist.
Der weiter gehende Antrag wird zurückgewiesen.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung Schutzmaßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz gegen den Antragsgegner anzuordnen. Der Antragsgegner ist dem entgegengetreten. Beide Beteiligten haben Verfahrenskostenhilfe beantragt.
Im Termin vor dem AG vom 27.3.2013 haben die beteiligten Eheleute einen Vergleich geschlossen, in dem sie sich wechselseitig verpflichtet haben, sich einander nicht auf eine Entfernung von 50 m zu nähern. Ferner haben sie sich dahin geeinigt, dass die Antragstellerin, nachdem der Antragsgegner ihr eine Liste über seine persönlichen Sachen überreicht hat, diese Sachen für ihn bereitstellen werde, und er ferner berechtigt sein soll, sein Werkzeug mitzunehmen. In einem ergänzenden Vergleich haben die Beteiligten vereinbart, dass die Kosten des Verfahrens wie auch die Kosten des Vergleichs gegeneinander aufgehoben werden sollen.
Durch den angefochtenen Beschluss vom 18.4.2013 hat das AG den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, es habe für ihr Begehren angesichts der einander widersprechenden eidesstattlichen Versicherungen der Beteiligten und der damit nicht gegebenen Glaubhaftmachung für das Begehren der Antragstellerin keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bestanden. Dem Antragsgegner hat das AG für das erstinstanzliche Verfahren Verfahrenkostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten bewilligt, zugleich aber Verfahrenskostenhilfe für den am 27.3.2013 geschlossenen Vergleich abgelehnt. Insoweit hat es die Auffassung vertreten, der Vergleich habe nicht zu Lasten der Staatskasse geschlossen werden dürfen. Für einen Vergleichsabschluss habe keine Veranlassung bestanden. Schließlich hat das AG in jenem Beschluss den Verfahrenswert für die Gewaltschutzsache auf 1.000 EUR und für den Vergleich bezüglich der persönlichen Sachen auf 500 EUR festgesetzt.
Gegen die Entscheidung über die teilweise versagte Verfahrenskostenhilfe wendet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde. Er macht geltend, das Gericht sei gesetzlich gehalten, auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Die Form des Vergleichs habe man gewählt, da sie die Aussicht biete, dass eine Verschärfung des Konflikts zwischen den Ehegatten künftig nicht zu befürchten sei.
Durch Beschluss vom 16.5.2013 hat das AG der Beschwerde nicht abgeholfen. Mit Verfügung vom gleichen Tag hat es Kopien der Akte der Staatsanwaltschaft Frankfurt/O. zugeleitet mit der Bitte um Prüfung "der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Verfahrensbeteiligten wegen der wechselseitigen widerstreitenden eidesstattlichen Versicherungen".
II. Die gem. §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Entgegen der Auffassung des AG kann Verfahrenskostenhilfe für den am 27.3.2013 geschlossenen Vergleich nicht insgesamt versagt werden.
1. Soweit es den Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens, Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz, betrifft, ist dem Antragsgegner Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.
Die Beteiligten können gem. § 36 Abs. 1 Satz 1 FamFG einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand des Verfahrens verfügen können. In Gewaltschutzsachen besteht eine solche Dispositionsbefugnis (vgl. Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Schael, 2. Aufl., § 4 Rz. 35). Dem steht nicht entgegen, dass das Gericht in Gewaltschutzsachen - anders als in den sonstigen Verfahren nach dem FamFG - auf eine...