Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidungsmaßstab für einstweilige Anordnungen in Kindschaftssachen
Leitsatz (amtlich)
Das dringende Bedürfnis zum sofortigen, einstweiligen Einschreiten (§§ 64 Abs. 3, 49 Abs. 1 FamFG) besteht, wenn eine Folgenabwägung ergibt, dass die Nachteile, die für die Rechte und Interessen der Beteiligten entstehen, wenn die einstweilige Anordnung unterbleibt, die Hauptsache aber im Sinne des Antragsgegners entschieden würde, schwerer wiegen als die Nachteile, die durch vorläufige Maßnahmen eintreten können, die aber aufzuheben und rückabzuwickeln sind, wenn sich der Antrag in der Hauptsache als erfolglos erweisen sollte.
Verfahrensgang
AG Nauen (Aktenzeichen 21 F 96/14) |
Tenor
Die Anträge des Beschwerdeführers auf einstweilige Anordnung der Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts Nauen vom 21.06.2018 und auf Übertragung des Teilbereichs der elterlichen Sorge zur Regelung schulischer Angelegenheiten zur alleinigen Ausübung auf den Beschwerdeführer werden zurückgewiesen.
Gründe
I. Der beschwerdeführende Antragsgegner wendet sich gegen die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes, des Rechts zur Schulwahl für seine ...2011 geborene Tochter ... allein auf deren Mutter, die Antragstellerin und gegen eine Umgangsregelung. Er erstrebt die elterliche Alleinsorge und einen Umgang des Kindes mit seiner Mutter an den Wochenenden.
Die Eltern übten die elterliche Sorge aufgrund einer Sorgeerklärung gemeinsam aus und trennten sich im Dezember 2013.
Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das Amtsgericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten der Antragstellerin alleine übertragen. Des Weiteren hat es einen Wochenendumgang von freitags nach der Schule bis sonntags 18:00 Uhr im 2-Wochen-Turnus neben Ferien- und Feiertagsregelungen festgelegt. Zur Begründung seiner Sorgerechtsentscheidung hat das Amtsgericht unter Bezugnahme auf ein Sachverständigengutachten in einem parallel geführten Kindesschutzverfahren auf eine stärkere Bindung des Kindes zu seiner Mutter abgestellt und auf seinen Wunsch, künftig bei ihr wohnen und dort zur Schule gehen zu wollen. Bei der Umgangsregelung seien berufliche Belange des Vaters an einer Wochenendarbeit gegenüber seinen Umgangsverpflichtungen nachrangig. Im Übrigen sei den Kontaktwünschen des Kindes zu seinem Vater durch überproportionale Umgangszeiten in den Schulferien Rechnung zu tragen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt der Antragsgegner sein Begehren auf die elterliche Alleinsorge weiter. In Ansehung des Umgangs erstrebt er einen durchgehenden Wochenendumgang des Kindes mit seiner Mutter hilfsweise keinen eigenen Umgang an Wochenenden. Das Amtsgericht habe seine Sorgerechtsentscheidung zu Unrecht auf den Kindeswillen gestützt, der möglicherweise manipuliert sei und jedenfalls nicht dem Kindesinteresse entspreche. Zudem habe das Amtsgericht maßgebliche Aspekte wie Bindungstoleranz, Kontinuität und Förderkompetenz unberücksichtigt gelassen. Die Regelung zu den Wochenendumgängen käme einer unzulässigen zwangsweisen Umgangsanordnung gleich und sei kindeswohlschädlich, da er zu diesen Zeiten zu arbeiten habe.
Der Beschwerdeführer erbittet eine Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses und die Übertragung des Teilbereichs der elterlichen Sorge zur Regelung schulischer Angelegenheiten zur alleinigen Ausübung im Wege der einstweiligen Anordnung, § 64 Abs. 3 FamFG.
Die Beschwerdegegnerin tritt dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung und der Übertragung des Teilbereichs der elterlichen Sorge zur Regelung schulischer Angelegenheiten entgegen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich zu äußern. Eine mündliche Verhandlung ist entbehrlich (Keidel/Sternal, FamFG, 19. Aufl., § 64, Rn. 59b).
II. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist derzeit nicht gerechtfertigt. Es besteht kein dringendes Bedürfnis, die Vollziehung des Beschlusses vom 21.06.2018 durch eine vorläufige Maßnahme auszusetzen und einstweilig anders zu regeln (§§ 64 Abs. 3, 49 Abs. 1 FamFG). Dies gilt insbesondere in Ansehung des der Beschwerdegegnerin allein übertragenen Rechtes zur Regelung schulischer Angelegenheiten. Dieses folgt als Annex dem Aufenthaltsbestimmungsrecht.
Das dringende Bedürfnis zum sofortigen, einstweiligen Einschreiten besteht, wenn eine Folgenabwägung ergibt, dass die Nachteile, die für die Rechte und Interessen der Beteiligten entstehen, wenn die einstweilige Anordnung unterbleibt, die Hauptsache aber im Sinne des Antragsgegners entschieden würde, schwerer wiegen als die Nachteile, die durch vorläufige Maßnahmen eintreten können, die aber aufzuheben und rückabzuwickeln sind, wenn sich der Antrag in der Hauptsache als erfolglos erweisen sollte.
Auf die Erfolgsaussichten der in der Hauptsache gestellten Anträge kommt es mithin noch nicht entscheiden...