Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Anordnung in Kindschaftssachen: Vorabentscheidung gemäß § 64 Abs. 3 FamFG im Beschwerdeverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Für Vorabentscheidung gemäß § 64 Abs. 3 FamFG im Beschwerdeverfahren gegen einen Beschluss im Verfahren der einstweiligen Anordnung gelten die gleichen Maßstäbe (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 20. August 2018 - 13 UF 101/18 -, juris) wie für seine eigentliche Beurteilung, da auch er ohnehin im einstweiligen Verfahren, also bereits mit nur vorläufiger Geltung erlassen worden ist.
Verfahrensgang
AG Zossen (Aktenzeichen 6 F 255/19) |
Tenor
I. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf einstweilige Anordnung der Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts Zossen vom 18.06.2019 wird zurückgewiesen.
II. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die beschwerdeführende Antragsgegnerin wendet sich gegen die einstweilige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes für ihren am 08.09.2016 geborenen Sohn L... allein auf dessen Vater, den Antragsteller.
Die Antragsbeteiligten waren gemeinsam sorgeberechtigt.
Nachdem die Antragsgegnerin den Sohn eigenmächtig von Großbeeren nach Cloppenburg verbracht hatte, hat das Amtsgericht dem Antragsteller in einem Eilbeschluss das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen (19 ff) und diesen Beschluss nach mündlicher Verhandlung durch den angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist (84 ff), aufrechterhalten.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde erstrebt die Antragstellerin die Abweisung des väterlichen Antrages und im Wege einer Vorabentscheidung gemäß § 64 Abs. 3 FamFG bis zur Entscheidung in der Hauptsache die vorläufige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das Kind, das sich wieder bei seinem Vater befindet, auf sich.
Der Senat hat einen Verfahrensbeistand bestellt.
Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich zu äußern.
Verfahrensbeistand und Antragsteller sprechen sich für eine Zurückweisung der Beschwerde samt Aussetzungsantrag aus.
Eine mündliche Verhandlung ist entbehrlich (Keidel/Sternal, FamFG, 19. Aufl., § 64, Rn. 59b).
II. In Ansehung des angefochtenen Beschlusses kommt weder eine Aussetzung noch eine abermals vorläufige Abänderung in Betracht. Es besteht kein dringendes Bedürfnis, die Vollziehung des Beschlusses vom 18.06.2019 durch eine vorläufige Maßnahme auszusetzen und einstweilig anders zu regeln (§§ 64 Abs. 3, 49 Abs. 1 FamFG).
Für vorläufige Änderungen des angefochtenen Beschlusses gelten die gleichen Maßstäbe (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 20. August 2018 - 13 UF 101/18 -, juris), wie für seine eigentliche Beurteilung, da auch er ohnehin im einstweiligen Verfahren, also bereits mit nur vorläufiger Geltung erlassen worden ist.
Das dringende Bedürfnis zum sofortigen, einstweiligen Einschreiten besteht, wenn eine Folgenabwägung ergibt, dass die Nachteile, die für die Rechte und Interessen der Beteiligten entstehen, wenn die einstweilige Anordnung unterbleibt, die Hauptsache aber im Sinne des Antragsteller entschieden würde, schwerer wiegen als die Nachteile, die durch vorläufige Maßnahmen eintreten können, die aber aufzuheben und rückabzuwickeln sind, wenn sich der Antrag in der Hauptsache als erfolglos erweisen sollte.
Auf die Erfolgsaussichten der in der Hauptsache gestellten Anträge kommt es mithin noch nicht entscheidend an. Es bedarf deshalb keiner eingehenden Prognose, ob zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge in Ansehung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes und dessen Übertragung auf den Antragsteller dem Kindeswohl am besten entsprechen. Die Aussicht auf die Hauptsache kann für die Frage nach einer einstweiligen Anordnung allerdings dann eine Rolle spielen, wenn sich ein in der Hauptsache gestellter Antrag von vornherein als offensichtlich unzulässig oder unbegründet erweist. Eine Rechtsfolge, die unter keinen Umständen erreicht werden kann, darf auch nicht durch eine einstweilige Anordnung gesichert werden. Einem im Hauptsacheverfahren gestellten Antrag des Vaters fehlt indessen auf schon auf erste Sicht keinesfalls jegliche Aussicht auf Erfolg.
Die Folgenabwägung fällt gegen eine Aussetzung der Vollziehung und damit zugleich für eine einstweilige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Antragsteller aus.
Sollte das Hauptsacheverfahren zu Gunsten der Mutter ausgehen, so wird sich L... Wechsel in deren Haushalt und ein Einleben in eine dort für ihn neue Umgebung um wenige Monate verzögern. Sollte das Hauptsacheverfahren zu Gunsten des Vaters ausgehen, so bleiben L... ein - wieder rückabzuwickelnder - Wechsel in den Haushalt seiner Mutter, ein damit einhergehender abermaliger Kitawechsel sowie die mit wiederholten Kontinuitätsabbrüchen einhergehenden emotionalen Belastungen erspart.
Zusätzlich zu den mit einer Trennung von einem Elternteil einhergehenden emotionalen Belastungen belasten zwei...