Entscheidungsstichwort (Thema)
Richterablehnung in einstweiligem Anordnungsverfahren über Ehewohnungssache: Besorgnis der Befangenheit wegen Verfahrensfehler
Leitsatz (amtlich)
1. Die Durchführung eines Nichtabhilfeverfahrens ist keine Voraussetzung für den mit der sofortigen Beschwerde verbundenen Devolutiveffekt, vgl. § 569 I S. 1 ZPO, und selbst bei fehlerhaftem oder unterbliebenem Nichtabhilfeverfahren steht die Rückgabe an das Ausgangsgericht im Ermessen des Beschwerdegerichts (Senat FamRZ 2013, 1600 m.w.N.).
2. Aufgrund der Art und Weise der Verfahrensführung und der von dem Richter getroffenen Entscheidungen kann sich eine Besorgnis der Befangenheit nur ergeben, wenn sie auf eine willkürliche Benachteiligung oder Bevorzugung einer Partei schließen lässt. Dass eine getroffene Entscheidung oder Handlung tatsächlich oder jedenfalls nach Auffassung der ablehnenden Partei fehlerhaft ist, genügt hingegen nicht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die richterliche Entscheidung oder Handlung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und so grob fehlerhaft erscheint, dass sie sich als willkürlich darstellt (vgl. BeckOK ZPO/Vossler, 34. Ed. 1.9.2019, ZPO § 42 Rn. 18 m.w.N.).
3. In einen Terminsvermerk in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind gem. § 28 Abs. 4 S. 2 FamFG die wesentlichen Vorgänge aufzunehmen. Dabei sieht das Gesetz bewusst davon ab, Mindestvoraussetzungen über Form und Inhalt des Vermerks aufzustellen, insbesondere wurde eine Übernahme der Bestimmungen über das Protokoll im Zivilprozess (§§ 159 ff. ZPO) nicht vorgesehen (BT-Drs. 16/6308, 187). Mindestangaben umfassen Ort und Zeit des Termins sowie die Anwesenden. Im Übrigen kann je nach Einzelfall eine stichwortartige Zusammenfassung des Verlaufs des Termins genügen oder ein ausführlicher Vermerk nötig sein (vgl. BeckOK FamFG/Burschel, 32. Ed. 1.10.2019, FamFG § 28 Rn. 14, 14b m.w.N.).
Verfahrensgang
AG Nauen (Aktenzeichen 21 F 153/19) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts
Nauen vom 24.09.2019 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
1. Der beschwerdeführende Antragsgegner wendet sich gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs in einem einstweiligen Anordnungsverfahren über eine Ehewohnungssache.
Der Antragsgegner hat in einem Termin am 04.09.2019 die zuständige Richterin am Amtsgericht N... wegen Verfahrensfehler abgelehnt (vgl. 31).
Die abgelehnte Richterin hat sich dienstlich geäußert (vgl. 40).
Der Antragsgegner macht zur Begründung seines Ablehnungsgesuchs im Wesentlichen geltend, das Amtsgericht habe im Termin in verfahrenswidriger Weise auf einer eidesstattlichen Versicherung des Antragsgegners bestanden, habe sich geweigert, etwaiges mündliches Vorbringen des Antragsgegners auch zur eidesstattlichen Versicherung zu protokollieren ebenso wie die Begründung des Ablehnungsgesuchs (vgl. 42 ff).
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht durch die Vertreterin der abgelehnten Richterin das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt (51, 52).
Mit seiner hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde lehnt der Antragsgegner die Vertreterin der abgelehnten Richterin als Verfasserin des Beschlusses im Ablehnungsverfahren ihrerseits wegen verfrühter Beschlussfassung als befangen ab, beanstandet ihre Ausführungen und nimmt zur dienstlichen Äußerung der zuerst abgelehnten Richterin Stellung.
2. Die nach §§ 6 Abs. 2 FamFG, 567 ff. ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Der Senat entscheidet unabhängig davon, ob ein Nichtabhilfeverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Die Durchführung eines Nichtabhilfeverfahrens ist keine Voraussetzung für den mit der sofortigen Beschwerde verbundenen Devolutiveffekt, vgl. § 569 Abs. 1 S 1 ZPO, und selbst bei fehlerhaftem oder unterbliebenem Nichtabhilfeverfahren steht die Rückgabe an das Ausgangsgericht im Ermessen des Beschwerdegerichts. Hier sprechen die in Ablehnungssachen generell zu erstrebende Beschleunigung einer Entscheidung, die durch verschiedene Befangenheitsanträge bereits eingetretene Verzögerung des Verfahrens, die im Verfahren der einstweiligen Anordnung besonders zu beachtende Eilbedürftigkeit sowie die Erfolglosigkeit des Gesuchs für eine eigene Sachentscheidung des Senats, zumal der Vereinfachungs- und Beschleunigungseffekt, den das Abhilfeverfahren bezweckt, bei einer Rückgabe vorliegend in sein Gegenteil verkehrt würde (vgl. Senat FamRZ 2013, 1600 m.w.N.).
Gemäß §§ 6 Abs. 1 S 1 FamFG, 42 Abs. 2 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Geeignet, Misstrauen gegen eine unparteiliche Amtsübung des Richters zu rechtfertigen, sind nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gege...