Leitsatz (amtlich)

1. Die Durchführung eines Nichtabhilfeverfahrens ist keine Voraussetzung für den mit der sofortigen Beschwerde verbundenen Devolutiveffekt, vgl. § 569 Abs. 1 S 1 ZPO, und selbst bei fehlerhaftem oder unterbliebenem Nichtabhilfeverfahren steht die Rückgabe an das Ausgangsgericht im Ermessen des Beschwerdegerichts (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 572 Rz. 4 m.w.N.).

2. Ein nach § 45 ZPO gefällter Beschluss bindet das Gericht als prozessuale Zwischenentscheidung (vgl. Schumann, JZ 1973, 484, 485, Günther, NJW 1986, 281, 283; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 42 Rz. 6; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 46 Rz. 1 m.w.N.), und ein Ablehnungsgesuch, das sich auf bereits beschiedene Ablehnungsgründe stützt, ist unzulässig (vgl. BFH/NV 2000, 53; KG FamRZ 1986, 1022; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 42 Rz. 6; Musielak/Heinrich, ZPO, 9. Aufl., § 42 Rz. 8, jeweils m.w.N.).

3. Eine Partei hat im Rahmen ihrer Prozessförderungspflicht innerhalb eines Verfahrens alle ihr bekannten Ablehnungsgründe gleichzeitig vorzubringen (vgl. § 25 Abs. 1 S 2 StPO). Stehen mehrere Ablehnungsgründe im Raum, sind diese sämtlich geltend zu machen. Ein weiteres Ablehnungsgesuch im selben Verfahren, welches auf einen bereits bei früheren Ablehnungsgesuchen bekannten Grund gestützt wird, ist unzulässig (vgl. Musielak/Heinrich, ZPO, 9. Aufl., § 43 Rz. 3 m.w.N.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 43 Rz. 7 m.w.N.).

4. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nach § 46 Abs. 2 ZPO sind die im Gesuch vorgetragenen Ablehnungsgründe; neue Ablehnungsgründe können im Beschwerdeverfahren nicht mehr nachgeschoben werden (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 46 Rz. 17 m.w.N.); andernfalls ließe sich das nach §§ 44 ff. ZPO eigens ausgestaltete und unverzichtbare Ablehnungsverfahren nicht sinnvoll durchführen.

5. Nach vollständigem Abschluss einer Instanz ist ein Ablehnungsgesuch grundsätzlich nicht mehr zulässig, weil damit die beteiligten Richter ihre richterliche Tätigkeit im konkreten Verfahren beendet haben; die getroffene Entscheidung kann von dem Gericht, dem die im Anschluss daran abgelehnten Richter angehören, nicht mehr geändert werden (allgemeine Meinung, vgl. nur BGH FamRZ 2007, 1734, Musielak/Heinrich, ZPO, 10. Aufl., § 44 Rz. 3; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 42 Rz. 6, jeweils m.w.N.).

6. Vor Eintritt des Vertretungsfalles kann ein nur vertretungshalber zuständiger Richter nicht (vorsorglich) abgelehnt werden (vgl. Musielak/Heinrich, ZPO, 9. Aufl., § 44 Rz. 5 m.w.N.).

 

Verfahrensgang

AG Zossen (Beschluss vom 28.10.2012; Aktenzeichen 6 F 42/12)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners vom 14.1.2013 gegen den Beschluss des AG Zossen vom 28.12.2012 und die Beschwerde vom 10.2.2013 gegen den Beschluss vom 17.1.2013 werden zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten seiner Rechtsmittel.

 

Gründe

I. Der Antragsgegner wird in einer Güterrechtssache auf vorzeitigen Zugewinnausgleich in Anspruch genommen und wendet sich gegen die Zurückweisung zweier Ablehnungsgesuche.

1. Zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit der Richterin am AG H. hat er in seinem Gesuch vom 24.12.2012 (521 ff.), auf das der Senat wegen dessen weiterer Einzelheiten Bezug nimmt, auf frühere Ablehnungsgesuche in gleicher Sache verwiesen und darüber hinaus geltend gemacht, die Amtsrichterin habe es in einem Sorgerechtsverfahren bis heute unterlassen, einen Verfahrensbeistand für zwei Kinder zu bestellen.

Das Sorgerechtsverfahren hatte das AG vom Verbund mit dem Eheverfahren (AG Zossen 6 F 216/11) abgetrennt und durch isolierte Endentscheidung vom 17.4.2012 beendet (AG Zossen 6 F 197/12).

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 28.12.2012 (vgl. 525) hat das AG das Ablehnungsgesuch gegen die Richterin am AG H. durch die Richterin am AG W ... als unzulässig zurück gewiesen, da über die angeführten Gründe bereits rechtskräftig entschieden und das Sorgerechtsverfahren beim AG bereits beendet sei. Auf die sofortige Beschwerde vom 14.1.2013 (533) - hiesiges AZ.: 13 WF 24/13 - hat das AG Sache dem Senat mit Nichtabhilfebeschluss vom 24.1.2013 vorgelegt (556).

2. Zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit der Richterin am AG W ... hat der Antragsgegner in seinem Gesuch vom 10.1.2013 (529 ff.), auf das der Senat wegen dessen weiterer Einzelheiten verweist, geltend gemacht, die abgelehnte Richterin habe sich im Beschluss vom 28.12.2012 mit den Ablehnungsgründen inhaltlich nicht auseinandergesetzt.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 17.1.2013 (544) hat das AG das Ablehnungsgesuch verworfen. Hiergegen hat der Antragsgegner unter dem 1.2.2013 persönlich und unter dem 10.2.2013 anwaltlich sofortige Beschwerde - hiesiges AZ.: 13 WF 25/13 -eingelegt (548, 569). Die sofortige Beschwerde vom 1.2.2013 hat das AG mit Nichtabhilfebescheid vom 7.2.2013 dem Senat vorgelegt (559), den Schriftsatz vom 10.2.2013 hat es mit Schreiben vom 18.2.2013 zur Akte nachgereicht (568).

II. Die nach §§ 113 Abs. 1, 46 Abs. 2, 567 ff. ZPO statthaften sofortigen Beschwerden bleiben...

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