Leitsatz (amtlich)
1. Die fehlende Aufnahme der Folgesache aus dem Katalog des § 137 FamFG in den Entscheidungsverbund ist - nicht anders als nach früherem Recht mit der Berufung auch nach neuem Recht als Anfechtung der Hauptsache - beschwerdefähig (vgl. vgl. Zöller/Lorenz, ZPO, 29. Aufl., § 137 FamFG, Rz. 30 m.w.N.).
2. Die Rückfrist des § 137 Abs. 2 S 1 FamFG beträgt volle 14 Tage.
3. § 193 BGB beeinflusst die Rückfrist des § 137 Abs. 2 S 1 FamFG nicht.
Verfahrensgang
AG Perleberg (Beschluss vom 05.05.2010; Aktenzeichen 16.2 F 153/10) |
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des AG Perleberg - Familiengericht - vom 5.5.2010 - 16.2 F 153/10 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Gebührenstreitwert für das Beschwerdeverfahren beträgt bis zu 15.000 EUR.
Gründe
I. Die Antragstellerin wendet sich gegen einen Scheidungsbeschluss des AG Perleberg, der davon abgesehen hat, die Entscheidung über nachehelichen Aufstockungsunterhalt der Antragstellerin in den Entscheidungsverbund aufzunehmen.
Nachdem das AG mit Ladungsverfügung vom 19.1.2011 (16 GA) Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 11.4.2011 anberaumt hatte, hat die Antragstellerin am 28.3.2011 einen Antrag auf nachehelichen Unterhalt eingereicht (vgl. 1 BA). Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das AG die Eheleute geschieden und von einer Entscheidung zum nachehelichen Ehegattenunterhalt abgesehen, da dieses Verfahren wegen verspäteter Antragstellung (§ 137 Abs. 2 FamFG) als selbständige Familiensache zu behandeln sei.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Antragstellerin geltend, die Rückwärtsfrist des § 137 Abs. 2 FamFG sei gewahrt, da sie mit Ablauf des Montags, dem 28.3.2011 um 24:00 Uhr, geendet hätte.
Der Antragsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluss. Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf die im Beschwerderechtszug gewechselten Schriftsätze sowie auf seinen Beschluss vom 28.11.2011 in Verfahrenskostenhilfeverfahren.
II.1. Die Beschwerde ist gem. §§ 58, 63, 117 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die fehlende Aufnahme der Folgesache aus dem Katalog des § 137 FamFG in den Entscheidungsverbund ist - nicht anders als nach früherem Recht mit der Berufung auch nach neuem Recht als Anfechtung der Hauptsache - beschwerdefähig (vgl. vgl. Zöller/Lorenz, ZPO, 29. Aufl., § 137 FamFG, Rz. 30 m.w.N.). In der Sache bleibt die Beschwerde ohne Erfolg.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung, § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG, nachdem er allen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Vorgehensweise gegeben hat und keiner der Beteiligten widersprochen hat.
2. Das AG hat die in § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG für die Qualifizierung als Folgesache vorausgesetzte Anhängigkeit der Unterhaltssache zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung im Ergebnis zutreffend verneint. Wie auch die Antragstellerin nicht in Zweifel zieht, gelten für die Fristberechnung nach §§ 16 Abs. 2 FamFG, 222 ZPO die §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB, so dass der 11.4.2010 als Terminstag zur mündlichen Verhandlung für die Fristberechnung nicht mitgerechnet wird. Wie die Beschwerde allerdings verkennt, endet die sodann zu errechnende Rückfrist bei spiegelbildlicher Fristberechnung nicht mit Ablauf (24:00 Uhr), sondern mit Beginn (00:00 Uhr) des 28.3.2011 (vgl. Staudinger/Repgen, BGB, 2009, § 187 Rz. 7, m.w.N.), was im Übrigen auch unmittelbar einleuchtet, da andernfalls die nach der Gesetzesbegründung erforderliche Vorbereitungsfrist zur Behandlung der neuen Streitpunkte (vgl. BT-Drucks. 16/6308, 374, zu Nr. 43) gesetzeswidrig verkürzt würde; sie betrüge nicht mehr 14 Tage, sondern nur noch 13.
Ein Fall des § 193 BGB liegt, worauf der Senat vorsorglich hinweist, schon deswegen nicht vor, weil die in § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG geregelte Anhängigkeit weder - wie von
§ 193 BGB verlangt - an einem bestimmten Tage noch innerhalb einer Frist zu bewerkstelligen ist. Eine analoge Anwendung des § 193 BGB scheitert bereits an einer unbeabsichtigten Lücke und überdies an dem Gesetzeszweck des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Rechtsbeschwerde zuzulassen besteht kein Anlass, weil die diesbezüglichen Voraussetzungen nicht vorliegen (§ 70 Abs. 2 FamFG).
4. Die Festsetzung des Gebührenstreitwertes beruht auf den §§ 40 Abs. 1, 43 Abs. 2, 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG. Die Beschwerde richtet sich gegen die Rechtskraft des Scheidungsausspruches und gegen den nach Ansicht der Beschwerdeführerin übergegangenen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt.
Fundstellen
FamRZ 2012, 892 |
FuR 2012, 266 |
FamRB 2012, 116 |