Verfahrensgang

LG Potsdam (Aktenzeichen 4 O 220/19)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das am 2. Oktober 2020 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam (Az. 4 O 220/19) durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

 

Gründe

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung auch aus sonstigen Gründen nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 ZPO).

Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin kann von dem Beklagten wegen der infolge der auf ihre Widersprüche später aufgehobenen Festsetzung eines Trinkwasseranschlussbeitrages durch Bescheid vom 18. Dezember 2015 sowie eines Abwasseranschlussbeitrages durch Bescheid vom 21. Dezember 2015 entstandenen Rechtsverfolgungskosten keinen Schadensersatz verlangen. Die Beitragsbescheide waren nicht rechtswidrig. Insbesondere war im Zeitpunkt ihres Erlasses noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Zur Begründung verweist der Senat auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. Juni 2019, Az: III ZR 93/18, das sich eingehend mit allen in diesem Zusammenhang relevanten Gesichtspunkten verfassungs- und abgabenrechtlicher Art auseinandergesetzt hat. Der Senat hat sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in inzwischen ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl. zum Beispiel Urteile vom 17. Dezember 2019, Az: 2 U 66/17 und 2 U 33/18). Begründeter Anlass, hiervon abzuweichen, besteht nicht, zumal das Bundesverfassungsgericht diese Rechtsprechung für verfassungsgemäß erachtet hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 1. Juli 2020 - 1 BvR 2838/19 -). Ergänzend wird auf die vollauf zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Berufungsvorbringen rechtfertigt eine abweichende Betrachtungsweise nicht.

Ein der Klägerin günstiges Ergebnis folgt nicht bereits aus dem Umstand, dass der Beklagte die Beitragsbescheide vom 18. und 21. Dezember 2015 auf den Widerspruch der Klägerin aufgehoben und im Widerspruchsverfahren selber den Standpunkt eingenommen hat, im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2015 (1 BvR 2961/14 u. a.) sei von der Rechtswidrigkeit der Bescheide auszugehen. Diese (unzutreffende) rechtliche Beurteilung bindet den Senat nicht. Selbst im Fall des Eintritts der Bestandskraft eines Verwaltungsakts haben die Regressgerichte dessen Rechtmäßigkeit selbständig zu überprüfen. Denn ob ein Verwaltungsakt rechtmäßig oder rechtswidrig ist, beantwortet sich allein danach, ob die getroffene Regelung sachlich richtig ist und mit der objektiven Rechtslage übereinstimmt oder ob sie sich als sachlich unzutreffend darstellt und gegen die Rechtslage verstößt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 - III ZR 82/05 -, juris). Nichts anderes kann gelten, wenn der entsprechende Verwaltungsakt nicht bestandskräftig, sondern im Widerspruchsverfahren aufgehoben wird. Der Senat hat zwar in einem Streitfall beiläufig ausgesprochen, aus der späteren Aufhebung eines Bescheides ergebe sich bereits dessen Rechtswidrigkeit (vgl. Senat, Urteil vom 26. Juni 2012 - 2 U 46/11 -, juris, Rn. 34). Hieran hat er jedoch später in dieser Allgemeinheit nicht festgehalten, sondern seine Auffassung dahin präzisiert, dass die Aufhebung eines Verwaltungsakts im Widerspruchsverfahren zwar im Einzelfall dessen Rechtswidrigkeit indizieren könne, es dabei jedoch stets auf die Umstände des Einzelfalles ankomme. Steht - wie im Streitfall - nach den Gesamtumständen die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts fest, ist die Aufhebung des Verwaltungsakts nicht geeignet, seine Rechtswidrigkeit zu indizieren (vgl. Senat, Beschlüsse vom 30. Juni 2020 und vom 20. Juli 2020 - 2 U 76/20 -).

Waren die Bescheide des Beklagten vom 18. und 21. Dezember 2015 nach allem rechtmäßig, kann in ihrem Erlass offensichtlich auch keine sittenwidrige Schädigung im Sinne von § 826 BGB gesehen werden.

Es wird angeregt, zur Reduzierung der Kosten das Rechtsmittel zurückzunehmen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14375053

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