Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 04.05.2022, Az. 3 O 23/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

 

Gründe

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung auch aus sonstigen Gründen nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 ZPO).

Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagten weder den geltend gemachten Zinsschaden noch die durch die anwaltliche Vertretung in einem Widerspruchsverfahren und im staatshaftungsrechtlichen Vorverfahren entstandenen Rechtsverfolgungskosten ersetzt verlangen. Der insoweit darlegungsbelastete Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, dass der Kanalanschlussbeitragsbescheid der Beklagten vom 17. September 2013, den die Beklagte nach Erlass einer Aufhebungs- und Erstattungssatzung vom 30. November 2016 durch Widerrufsbescheid vom 22. September 2017 widerrufen hat, rechtswidrig war. Auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.

Das Berufungsvorbringen rechtfertigt eine abweichende Betrachtungsweise nicht.

Dass im Zeitpunkt des Erlasses des Beitragsbescheides bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war, behauptet der Kläger selbst nicht. Die vom Kläger favorisierte Annahme einer hypothetischen Verjährung, wie sie von den Verwaltungsgerichten des Landes Brandenburg regelmäßig in Erwägung gezogen wird, lehnt der Senat in ständiger Rechtsprechung ab (vgl. zum Beispiel die Urteile vom 17. Dezember 2019, Az.: 2 U 66/17 und 2 U 33/18). Zur Begründung verweist der Senat auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. Juni 2019, Az.: III ZR 93/18, das sich eingehend mit allen in diesem Zusammenhang relevanten Gesichtspunkten verfassungs- und abgabenrechtlicher Art auseinandergesetzt hat. Begründeter Anlass, hiervon abzuweichen, besteht nicht, zumal das Bundesverfassungsgericht diese Rechtsprechung der Zivilgerichte ausdrücklich für verfassungsgemäß erachtet hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 1. Juli 2020 - 1 BvR 2838/19 -). Mit Beschluss vom 17. Dezember 2020, Az.: III ZR 82/20, hat der Bundesgerichtshof an seiner Rechtsprechung auch mit Blick auf die weiterhin abweichende Sichtweise des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 4. September 2019, BeckRS 2019, 20378) ausdrücklich festgehalten.

Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht vor dem Hintergrund des vom Kläger herangezogenen stattgebenden Kammerbeschlusses der 2. Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 12. April 2022, Az.: 1 BvR 798/19 (juris), geboten. Auch in diesem Beschluss ist ausdrücklich festgehalten, dass die Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG Bbg n.F. lediglich in Fällen, in denen Beiträge nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG a.F. nicht mehr erhoben werden könnten, gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG (Grundsatz des Vertrauensschutzes) verstößt (Rn. 7). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, weil der Senat in Übereinstimmung mit dem Bundesgerichtshof davon ausgeht, dass der Kanalanschlussbeitrag im Jahre 2013 auch auf der Grundlage des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG a.F. durchaus noch vom Kläger hätte erhoben werden können. Dass der Senat die einfachrechtliche Vorschrift des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG a.F. ohne Verstoß gegen § 31 Abs. 1 BVerfGG willkürfrei in diesem Sinne auslegen darf, hat dieselbe Kammer des Bundesverfassungsgerichts im Nichtannahmebeschluss vom 1. Juli 2020, Az.: 1 BvR 2838/19, eingehend und überzeugend ausgeführt (vgl. dort Rn. 9 - 38). Das unterschiedliche Verständnis von § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG a.F. in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg einerseits und des Bundesgerichtshofs andererseits mag zwar die Rechtseinheit und damit die Rechtssicherheit beeinträchtigen und dazu führen, dass Primär- und Sekundärrechtsschutz bei Rechtsstreitigkeiten von Altanschließern zu abweichenden Ergebnissen gelangen. Eine Verpflichtung, der Auslegung des Landesrechts durch die jeweils andere Gerichtsbarkeit zu folgen, besteht jedoch weder für die Zivilgerichte noch für die Verwaltungsgerichte; die Rechtspflege ist vielmehr aufgrund der in Art. 97 GG garantierten Unabhängigkeit der Richter konstitutionell uneinheitlich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. April 2021 - 9 B 28/20 - juris Rn. 10 unter Verweis auf BVerfG, Kammerbeschluss vom 1. Juli 2020 - 1 BvR 2838/19 - juris Rn. 20). Angesichts dessen vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, wie der Kläger in der Berufungsbegründungsschrift vom 05.07.2022 zu der Annahme gelangen kann, im vorliegenden Fall sei es den Zivilgerichten verwehrt, auch nur Überlegungen über die Rechtmäßigkeit...

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