Leitsatz (amtlich)

Behandelt das erstinstanzliche Gericht den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil fehlerhaft als zulässig, so hat das Rechtsmittelgericht das angefochtene Endurteil aufzuheben und den unzulässigen Einspruch zu verwerfen. Dies gilt auch dann, wenn die hierdurch erfolgende Beibehaltung des Versäumnisurteils im Verhältnis zum angefochtenen Endurteil für den Berufungsführer eine Verschlechterung bedeutet.

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Urteil vom 22.12.2006; Aktenzeichen 32 F 227/03)

 

Tenor

1. Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des AG Oranienburg vom 22.12.2006 (Aktz. 32 F 227/03) wird vorläufig eingestellt.

2. Der Senat weist darauf hin, dass nach derzeitigem Stand das angefochtene Urteil aufzuheben und der Einspruch des Beklagten vom 3.11.2004 gegen das Versäumnisurteil des AG Oranienburg vom 16.9.2004 (Aktz. 32 F 227/03) zu verwerfen ist.

3. Den Parteien wird aufgegeben, binnen einer Frist von drei Wochen zu erklären, ob Zustimmung zum schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO erteilt wird.

 

Gründe

I. Mit dem am 16.9.2004 verkündeten Versäumnisurteil hat das AG Oranienburg den Beklagten verurteilt, an die Klägerin ab November 2003 monatlichen Unterhalt i.H.v. 405,63 EUR sowie einen rückständigen Unterhalt i.H.v. 2.059,86 EUR zu zahlen. Dieses Urteil ist dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 20.10.2004 zugestellt worden, wie auch in dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.4.2005 (Bl. 222; dort unter der erkennbaren Falschangabe 20.12.2004) festgestellt worden ist. Hiergegen hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 3.11.2004, eingegangen am 4.11.2004, Einspruch eingelegt. Das Eingangsdatum des Einspruches ist ebenfalls im vorgenannten Protokoll festgestellt worden, im Übrigen trägt die Einspruchsschrift auch das Faxdatum 4.11.2004, 1:27 Uhr.

II. Der Einspruch des Beklagten vom 3.11.2004 war unzulässig, da die Frist des § 339 Abs. 1 ZPO nicht eingehalten war.

Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteil zu laufen, § 339 Abs. 1 ZPO. Mit der am 20.10.2004 erfolgten Zustellung des Versäumnisurteils begann die Frist damit am 21.10.2004 zu laufen (§§ 339 Abs. 1 ZPO i.V.m. 222 ZPO i.V.m. 187 Abs. 1 BGB) und endete demgemäß am 3.11.2004 (§ 188 Abs. 2 BGB), einem Mittwoch. Der am Folgetag, dem 4.11.2004 eingegangene Einspruch (Bl. 131 d.A.) war daher verspätet eingelegt worden.

III. Die Unzulässigkeit des Einspruchs hat zur Folge, dass durch das Rechtsmittelgericht das angefochtene Endurteil aufzuheben und der Einspruch zu verwerfen ist (vgl. Musielak/Stadler, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 340, Rz. 4). Dem steht auch nicht entgegen, das die hierdurch erfolgende Beibehaltung des Versäumnisurteils im Verhältnis zum angefochtenen Endurteil für den Beklagten eine Verschlechterung bedeutet. Die Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Einspruchs erfolgt von Amts wegen, § 341 Abs. 1 ZPO. Das Verschlechterungsverbot bezieht sich nicht auf Verfahrensfragen, über die von Amts wegen zu befinden ist (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 528 ZPO Rz. 31. Der Mangel der Zulässigkeit eines Rechtsmittels/-behelfs stellt einen absoluten, auch vom Rechtsmittelgericht zu beachtenden Verfahrensmangel dar (BGH NJW 1986, 1494 m.w.N.).

Aus diesem Grunde beabsichtigt der Senat eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren, wozu die Zustimmung der Parteien einzuholen ist, § 128 Abs. 2 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1809993

FamRZ 2008, 287

MDR 2007, 1448

OLGR-Ost 2007, 1053

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?