Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit einer Abänderungswiderklage gegen bereits im laufenden Verfahren ergangene Teilurteile über Unterhalt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Erhebung einer Abänderungswiderklage gegen bereits im laufenden Verfahren ergangene Teilurteile über den Unterhalt ist regelmäßig sachdienlich und daher zulässig.

2. Zur Darlegungslast des Unterhaltsgläubigers beim Bezug von Grundsicherungsleistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII.

 

Normenkette

ZPO § 323

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Aktenzeichen 35 F 6/03)

 

Tenor

1. Der Antrag der Klägerin vom 5.7.2005 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Berufungsverfahrens wird zurückgewiesen.

2. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 BGB zurückzuweisen.

Insoweit wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen gegeben.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist die am 20.8.1983 geborene Tochter des Beklagten. Die Kindesmutter, die die vietnamesische Staatsbürgerschaft besitzt, wurde nach der Geburt der Klägerin gemeinsam mit dieser aus der damaligen DDR ausgewiesen und kehrte nach Vietnam zurück.

Im Jahre 1999 erkrankte die Klägerin an Schizophrenie und musste mehrfach stationär betreut werden. Am 12.7.2002 ist sie gemeinsam mit ihrer Mutter nach Deutschland zurückgekehrt. Nach den Feststellungen des Rentenversicherungsträgers ist sie aufgrund ihrer Erkrankung derzeit voll erwerbsunfähig. Die Kindesmutter geht einer Erwerbstätigkeit ebenfalls nicht nach und bezieht Sozialhilfe.

Der Beklagte ist von Beruf Polizeibeamter. Er ist verheiratet.

Mit Vergleich vom 27.1.2003 (Bl. 56 d.A. SH I - EAO) verpflichtete sich der Beklagte zur Zahlung von Krankenkassenbeiträgen für die Klägerin i.H.v. damals 116,62 EUR monatlich, die sich zwischenzeitlich unstreitig auf 125,58 EUR belaufen. Darüber hinaus erging am 21.3.2003 gegen den Beklagten ein Teilanerkenntnisurteil (Bl. 322 d.A.), mit dem er zur Zahlung eines monatlichen Kindesunterhalts an die Klägerin i.H.v. 326 EUR ab Februar 2003 verurteilt worden ist.

In der Zeit ab 1.6.2004 erhielt die Klägerin unter Anrechnung der laufenden Unterhaltszahlungen (326 EUR) und der Zahlung der Krankenversicherungsbeiträge (125,58 EUR) Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz von zuletzt 125,83 EUR (Bl. 399 d.A.). Da der Beklagte sämtliche Zahlungen einstellte, wurden der Klägerin ab Dezember 2004 Leistungen zur Grundsicherung i.H.v. monatlich 577,41 EUR (Bl. 423 d.A.) gewährt.

Die Klägerin hat den Rechtsstreit hinsichtlich der ursprünglich begehrten und über den Vergleich bzw. das Teilanerkenntnisurteil hinausgehenden Unterhaltsansprüche in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem ein Antrag des Beklagten auf Zahlung von Kindergeld für die Klägerin bestandskräftig zurückgewiesen worden war. Dieser Erledigungserklärung hat sich der Beklagte nicht angeschlossen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die in diesem Verfahren ergangenen Titel abzuändern seien, weil die Klägerin nunmehr bedarfsdeckende Einkünfte in Form der Leistungen zur Grundsicherung beziehe.

Der Beklagte hat im Wege der Widerklage beantragt, den vor dem AG Oranienburg am 27.1.2003 geschlossenen Vergleich und das Teilanerkenntnisurteil des AG Oranienburg vom 21.3.2003 dahingehend abzuändern, dass er ab dem 1.12.2004 zur Zahlung von Krankenkassenbeiträgen und laufenden Unterhalt nicht mehr verpflichtet sei.

Die Klägerin hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Widerklage unzulässig sei, weil einer Abänderung der Titel deren Rechtskraft entgegenstehen würde. Vielmehr müsse der Beklagte ein gesondertes Abänderungsverfahren betreiben. Darüber hinaus sei die Widerklage aber auch unbegründet, weil die Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz subsidiär ggü. den Unterhaltsleistungen seien.

Das AG Oranienburg hat mit der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass der Rechtsstreit, soweit er über die titulierten Forderungen hinaus einen Teilbetrag von 38 EUR betrifft, in der Hauptsache erledigt ist und hat die weiter gehende Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Widerklage hat es antragsgemäß den Vergleich und das Teilanerkenntnisurteil dahingehend abgeändert, dass eine Zahlungspflicht des Beklagte ab Dezember 2004 nicht mehr besteht. Die Kosten des Rechtsstreits hat es gegeneinander aufgehoben. Zur Begründung der Entscheidung hinsichtlich der Widerklage hat es ausgeführt, dass diese als Abänderungswiderklage zulässig und begründet sei, da die nunmehr gewährten Leistungen zur Grundsicherung den Bedarf der Klägerin vollständig decken würden.

Gegen dieses Urteil richtet sich, soweit der Widerklage stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben worden sind, die Berufung der Klägerin, mit welcher sie insb. ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft. Darüber hinaus vertritt sie die Auffassung, dass die Abänderungsvoraussetzungen auch nicht mehr bestehen würden, da zwischenzeitlich Leistungen zur Grundsicherung nicht mehr gewährt werden würden. Die ursprüngliche Be...

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