Verfahrensgang

LG Potsdam (Entscheidung vom 12.09.2006; Aktenzeichen 27 Ns 106/06)

AG Brandenburg (Aktenzeichen 22a Ds 10/06)

 

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Potsdam vom 12. September 2006 mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Potsdam zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Brandenburg a. d. Havel verhängte gegen den Angeklagten mit Urteil vom 3. April 2006 wegen wiederholten Zuwiderhandelns gegen eine räumliche Beschränkung nach § 61 Abs. 1 AufenthG eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von vier Monaten. Auf die hiergegen eingelegte, auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Potsdam mit Urteil vom 12. September 2006 ebenfalls eine viermonatige Freiheitsstrafe verhängt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten.

II.

Das form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel hat Erfolg.

Die - im Revisionsverfahren von Amts wegen zu überprüfende (vgl. Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 327 Rdnr. 9, § 352 Rdnr. 4 m.w.N.) - Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch erweist sich als unwirksam, denn die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils bieten keine ausreichende Grundlage für die Strafzumessung.

Die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch setzt voraus, dass die infolge der Beschränkung in Rechtskraft erwachsenen Feststellungen zur Tat eine ausreichende Grundlage für die Prüfung des Schuldspruches und der Rechtsfolgenentscheidung bieten (vgl. BGHSt 27, 70; OLG Düsseldorf VRS 90, 215 m. w. N.; Meyer-Goßner, aaO. § 318 Rdnr. 33). Daran fehlt es hier, weil die amtsgerichtlichen Feststellungen den Schuldspruch der wiederholten Zuwiderhandlung gegen eine räumliche Beschränkung nach § 61 Abs. 1 AufenthG (vgl. § 95 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG) nicht tragen.

Den Gründen des erstinstanzlichen Urteils ist lediglich zu entnehmen, dass der u.a. wegen wiederholter Verstöße gegen das Asylverfahrensgesetz vorbestrafte Angeklagte am 20. Oktober 2005 gegen 16.00 Uhr auf dem Hardenbergplatz in Berlin angetroffen wurde, "obwohl seitens der Ausländerbehörde der Stadt Brandenburg an der Havel der Aufenthalt auf die Stadt Brandenburg an der Havel und den Landkreis Potsdam-Mittelmark beschränkt war" und obwohl er sich bereits an diversen, im einzelnen genannten Tagen in den Jahren 1998 bis 2003 "unerlaubt außerhalb des ihm zugewiesenen Aufenthaltsbereiches" aufgehalten habe.

Diese Feststellungen stützen aus mehreren Gründen nicht den Vorwurf der nach § 95 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG strafbaren wiederholten Zuwiderhandlung gegen eine räumliche Beschränkung nach § 61 Abs. 1 AufenthG.

1.

Den Ausführungen lässt sich bereits nichts Näheres über den ausländerrechtlichen Status des Angeklagten und die Grundlage für seine Aufenthaltsbeschränkung entnehmen. Der Strafbarkeit nach § 95 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG unterliegt allein der Verstoß gegen die in § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG geregelte, gesetzlich angeordnete räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers - bei dem die Abschiebung vorübergehend ausgesetzt ist (§ 60 a AufenthG) - auf das Gebiet des betreffenden Bundeslandes. Aus den Urteilsgründen geht jedoch nicht hervor, dass dem Angeklagten eine entsprechende Duldung nach § 60 a AufenthG mit der sich daraus kraft Gesetzes gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ergebenden Aufenthaltsbeschränkung erteilt worden ist. Auch kann die den Feststellungen zu entnehmende Anordnung der Beschränkung des Aufenthaltsrechtes auf die Stadt Brandenburg a. d. Havel und den Landkreis Potsdam-Mittelmark allenfalls auf einer nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ergangenen behördlichen Auflage beruhen, deren Zuwiderhandlung nicht nach § 95 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG strafbar sein, sondern lediglich als Ordnungswidrigkeit nach § 98 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG geahndet werden kann (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16. Oktober 2006 - 3 Ss 204/06, StraFo 2006, 508, zit. aus juris).

2.

Darüber hinaus fehlt es gleichermaßen auch an ausreichenden Feststellungen für ein wiederholtes Zuwiderhandeln. Da ein nach § 95 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG strafbarer Verstoß gegen die räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ein mehrfaches Zuwiderhandeln voraussetzt und erstmalige Verstöße lediglich als Ordnungswidrigkeit nach § 98 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG geahndet werden, bedarf es genauerer Angaben über weitere Gesetzesverletzungen. Die vom Amtsgericht getroffene Feststellung, der Angeklagte habe sich auch an weiteren, konkret benannten Tagen außerhalb des ihm zugewiesenen Aufenthaltsbereichs aufgehalten, genügt hierfür nicht, denn dem lässt sich nichts über die Art der zugrunde liegenden Aufenthaltsbeschränkungen entnehmen. Auf dieser Grundlage kann nich...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge