Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachehelichenunterhalt: Anspruchsübergang auf den Sozialleistungsträger; Unterhaltsberechnung; Zurechnung eines fiktiven Einkommens
Normenkette
BGB § 1573 Abs. 2, § 1578b; SGB 2 § 33 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Strausberg (Beschluss vom 30.07.2010) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG Strausberg vom 30.7.2010 unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an den Antragsteller 1.685 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 1.332 EUR seit dem 2.3.2010 und aus 353 EUR seit dem 1.4.2010 zu zahlen.
Im Übrigen wird der Antrag des Antragstellers abgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz hat der Antragsteller zu 3/25, der Antragsgegner zu 22/25, die Kosten der zweiten Instanz hat der Antragsteller zu ¼, der Antragsgegner zu ¾ zu tragen.
Der Beschwerdewert beträgt 2.235 EUR.
Gründe
I. Der Antragsteller macht aus übergegangenem Recht einen Anspruch der geschiedenen Ehefrau des Antragsgegners auf nachehelichen Unterhalt für die Zeit vom 8.12.2009 bis zum 30.4.2010 geltend.
Der Antragsgegner und Frau M. B. haben am 21.7.1990 geheiratet. Aus der Ehe ist der Sohn P., geboren am ... 12.1988, hervorgegangen. Die Trennung erfolgte im Januar 2008. Die Ehe wurde durch Urteil des AG Strausberg vom 8.12.2009 (2.2 F 20/09), rechtskräftig seit diesem Tag, geschieden.
Der Antragsgegner arbeitet seit August 1990 als Netzwart bei den Stadtwerken ...
Seine geschiedene Ehefrau ist gelernte Friseurin, hat diesen Beruf jedoch nur bis zum Beginn der 90er Jahre ausgeübt. Nach zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit machte sie sich 1995 selbständig und betrieb ein Geschäft für Lederwaren, das sie 1998 wieder aufgab. Danach arbeitete sie in einer Textilreinigung, von Dezember 2004 bis Juli 2006 in dem ursprünglich von ihr eröffneten, von ihrer Mutter fortgeführten Ledergeschäft. Nach erneuter Arbeitslosigkeit geht die geschiedene Ehefrau des Antragsgegners derzeit einer Teilzeitbeschäftigung als Regalauffüllerin in einem ...-Markt nach. Der Antragsteller gewährte ihr seit Juni 2009 Leistungen nach SGB II, seit Dezember 2009 i.H.v. monatlich 553,71 EUR. Davon unterrichtete er den Antragsgegner durch Schreiben vom 16.12.2009 und forderte ihn auf, Auskunft über sein Einkommen zu erteilen, um seine Unterhaltsverpflichtung zu prüfen.
Der Antragsteller hat durch Schriftsatz vom 22.2.2010, dem Antragsgegner zugestellt am 2.3.2010, das vorliegende (Stufen-)Verfahren eingeleitet. Nach Beendigung der Auskunftsstufe und Rücknahme des Antrags in Höhe eines Teilbetrags von 319,33 EUR hat er nachehelichen Unterhalt aus übergegangenem Recht für die Zeit von Januar bis April 2010 i.H.v. monatlich 479 EUR, insgesamt 1.916 EUR, nebst Zinsen verlangt.
Durch den Beschluss vom 30.7.2010 hat das AG den Antrag zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller habe nicht hinreichend dargetan, dass die geschiedene Ehefrau des Antragsgegners ihren Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht selber habe decken können.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde. Er trägt vor:
Der Antragsgegner erziele ein anrechenbares Einkommen von rund 1.774 EUR. Die Ehefrau habe seit Dezember 2004 nur auf 400 EUR -Basis gearbeitet. Derzeit erhalte sie bei einem Stundenlohn von 5 EUR monatlich nur 291,22 EUR. Mit diesem Stundenlohn seien allenfalls 691,40 EUR im Monat erzielbar, von denen 5 % für berufsbedingte Aufwendungen abzusetzen seien.
Im Hinblick auf die 19 Jahre dauernde Ehe und die Pflege des gemeinsamen Sohnes könne die geschiedene Ehefrau jedenfalls für rd. 5 Monate ab Rechtskraft der Scheidung Unterhalt verlangen. Eine Lebensgemeinschaft mit einem anderen Partner habe in dem streitigen Zeitraum nicht bestanden.
Der Antragsteller hat seinen Antrag wiederum um Unterhalt von 319,33 EUR für die Zeit vom 8. bis zum 31.12.2009 erweitert und beantragt nunmehr, den Antragsgegner unter Abänderung des Beschlusses des AG Strausberg vom 30.7.2010 zu verpflichten, an ihn 2.235,33 EUR (= 319,33 EUR + 479 EUR × 4) zzgl. Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt Beschwerdezurückweisung. Er trägt vor:
Seine geschiedene Ehefrau, die auch während der Ehe gearbeitet habe, sei gehalten, ihren Unterhalt selbst abzusichern. Sie habe langjährige Berufserfahrung in ihrem erlernten Beruf, diese handwerkliche Fähigkeit gehe nicht verloren. Daher könne sie als Friseurin höheres Einkommen, als sie es tatsächlich erhalte, erzielen. Im Übrigen lebe sie seit August 2008 in einer neuen Lebensgemeinschaft. Sein Einkommen sei zu kürzen, weil er für den Unterhalt des gemeinsamen Sohnes aufkomme und rückständigen Trennungsunterhalt zahlen müsse.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
Bei seiner...