Leitsatz (amtlich)

Klagt ein Versorgungsunternehmen nur auf Duldung der Sperrung eines Gaszählers, so ist für den Gebührenstreitwert dieser Klage das Interesse der Klägerin an der Durchsetzung ihres Zurückbehaltungsrechtes (vgl. §§ 320 BGB, 19 Abs. 2 GasGVV) zur Erlangung vertragsgemäßer, stetiger Kaufpreisvorauszahlungen, § 3 HS 1 ZPO maßgeblich. Weder geht es ihr um den Erhalt rückständiger Teilzahlungen, der im Wege der Zahlungsklage geltend zu machen, noch um die dauerhafte Befreiung von künftigen Lieferverpflichtungen, die durch Beendigung des Grundversorgungsverhältnisses - etwa nach Maßgabe des § 21 GasGVV - zu bewerkstelligen wäre.

Insoweit ist für die Wertberechnung nicht auf den Zeitpunkt der Entstehung des Unterbrechungsrechtes nach § 19 Abs. 2 GasGVV abzustellen, sondern auf den vielfach erst Monate oder Quartale später liegenden Zeitpunkt der Antragstellung, § 40 GKG. Bezogen hierauf ist sodann - unabhängig von der Länge der gerichtlichen Verfahrensdauer (vgl. hierzu etwa OLG Köln, ZMR 2006, 208; OLG Braunschweig, NJW-RR 2006, 1584; OLG Schleswig OLGReport Schleswig 2009, 234) - davon auszugehen, dass eine sechsmonatige Unterbrechung der Energielieferung aus Sicht eines klagenden Versorgungsunternehmens regelmäßig ausreichen wird, um dessen Kunden auch bei hartnäckiger Zahlungsunwilligkeit zur vertragsgemäßen, stetigen Erfüllung ihrer Zahlungspflichten hinreichend anzuhalten.

 

Normenkette

ZPO § 3; GKG § 40; GasVV § 19 Abs. 2, § 21

 

Verfahrensgang

LG Neuruppin (Beschluss vom 22.12.2008; Aktenzeichen 1 O 216/08)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin und unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Beschwerde wird der Gebührenstreitwert in Abänderung des Beschlusses des LG Neuruppin vom 22.12.2008 - 1 O 216/08 - auf bis zu 13.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die beschwerdeführende Prozessbevollmächtigte der Klägerin wendet sich gegen die Streitwertfestsetzug des LG für die Klage eines Versorgungsunternehmens auf Duldung der Sperrung eines Gaszählers.

Das LG hat mit Beschluss vom 22.12.2008 den Streitwert gem. § 3 ZPO nach dem 6-fachen Betrag von monatlichen Abschlagzahlungen über 1.672 EUR mit 9.168 EUR festgesetzt. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, das LG hätte den Jahresbetrag der Abschlagszahlungen ansetzen müssen.

Mit Beschluss vom 16.4.2009 hat das AG Neuruppin - 15 IN 67/09 - das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten eröffnet.

II.1. Die Beschwerde ist nach §§ 68 Abs. 1 GKG, 32 Abs. 2 S 1 RVG statthaft und gem. §§ 68 Abs. 1 Satz 3, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG zulässig. Das Streitwertfestsetzungsverfahren wird durch das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten auch nicht nach § 240 ZPO unterbrochen (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.7.2006 - 2 W 30/06 m.w.N., zitiert nach juris; Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., vor § 236 Rz. 8 m.w.N.).

2. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin, hat nur im austenorierten Umfang Erfolg.

a) Das LG hat den 6-fachen Monatsbetrag der Abschlagszahlungen falsch errechnet. Bei Abschlägen von monatlich insgesamt 1.672 EUR (vgl. 3 GA) beträgt das 6-fache 10.032 EUR.

b) Im Übrigen hat das LG im Ergebnis zutreffend angenommen, dass der Gebührenstreitwert nach dem 6-fachen der monatlichen Abschläge zu bemessen ist. Maßgeblich ist das Interesse der Klägerin an der Durchsetzung ihres Zurückbehaltungsrechtes (vgl. §§ 320 BGB, 19 Abs. 2 GasGVV) zur Erlangung vertragsgemäßer, stetiger Kaufpreisvorauszahlungen, § 3 HS 1 ZPO. Weder geht es ihr um den Erhalt rückständiger Teilzahlungen, der im Wege der Zahlungsklage geltend zu machen, noch um die dauerhafte Befreiung von künftigen Lieferverpflichtungen, die durch Beendigung des Grundversorgungsverhältnisses - hier nach Maßgabe des § 21 GasGVV - zu bewerkstelligen wäre.

Der Senat stellt insoweit für die Wertberechnung nicht auf den Zeitpunkt der Entstehung des Unterbrechungsrechtes nach § 19 Abs. 2 GasGVV ab, sondern auf den vielfach erst Monate oder Quartale später liegenden Zeitpunkt der Antragstellung, § 40 GKG. Bezogen hierauf geht er sodann - unabhängig von der Länge der gerichtlichen Verfahrensdauer (vgl. hierzu etwa OLG Köln, ZMR 2006, 208; OLG Braunschweig, NJW-RR 2006, 1584; OLG Schleswig OLGReport Schleswig 2009, 234) - davon aus, dass eine sechsmonatige Unterbrechung der Energielieferung aus Sicht eines klagenden Versorgungsunternehmens regelmäßig ausreichen wird, um dessen Kunden auch bei hartnäckiger Zahlungsunwilligkeit zur vertragsgemäßen, stetigen Erfüllung ihrer Zahlungspflichten hinreichend anzuhalten.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 68 Abs. 3 GKG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2275322

RdE 2010, 229

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