Verfahrensgang
LG Cottbus (Aktenzeichen 3 O 97/23) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 6. Mai 2024, Aktenzeichen 3 O 97/23, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
1. Die statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt sowie gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO begründet worden. Nach einstimmiger Überzeugung des Senats hat das Rechtsmittel aber offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Gegen die Abweisung der Klage ist nichts zu erinnern. Dem Kläger steht aufgrund des behaupteten Unfallereignisses vom 30. Mai 2021 ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte gem. § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG und § 10 Abs. 1 BbgStrG als der hier allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage nicht zu.
a) Der Beklagte ist unstreitig Straßenbaulastträger für die in Rede stehende Landesstraße, § 9a Abs. 1 Satz 1 BbgStrG, und als solcher verpflichtet, die Straßen in einem den regelmäßigen Verkehrsbedürfnissen genügenden Zustand zu unterhalten, § 9 Abs. 1 Satz 2 BbgStrG, bzw. jedenfalls auf einen nicht verkehrssicheren Zustand vorbehaltlich anderweitiger Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden durch Verkehrszeichen oder Verkehrseinrichtungen hinzuweisen, § 9 Abs. 2 BbgStrG.
Der Inhalt der Straßenverkehrssicherungspflicht geht dahin, die öffentlichen Verkehrsflächen - wie alle sonstigen einem Verkehr eröffneten Räume oder Sachen - möglichst gefahrlos zu gestalten und zu erhalten sowie im Rahmen des Zumutbaren alles zu tun, um den Gefahren zu begegnen, die den Verkehrsteilnehmern aus einem nicht ordnungsgemäßen Zustand der Verkehrsflächen drohen (BGH, Urteil vom 18. Dezember 1972 - III ZR 121/70, BGHZ 60, 54 = NJW 1973, 460). Das erfordert nicht, dass die Straße praktisch völlig gefahrlos sein muss. Das ist mit zumutbaren Mitteln nicht zu erreichen und kann deshalb von dem Verkehrssicherungspflichtigen nicht verlangt werden. Vielmehr muss sich auch der Straßenbenutzer den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen und die Straße so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbietet. Der Verkehrssicherungspflichtige muss dagegen in geeigneter und in objektiv zumutbarer Weise alle, aber auch nur diejenigen Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht erkennbar sind und auf die er sich nicht einzurichten vermag. Ob danach eine Straße in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entsprechenden Zustand ist, entscheidet sich im Einzelnen nach der allgemeinen Verkehrsauffassung. Art und Häufigkeit der Benutzung des Verkehrsweges und seine Bedeutung sind dabei zu berücksichtigen (Senat, Beschluss, vom 4. Oktober 2022 - 2 U 23/22 -, Rdnr. 6, Urteil vom 17. Juli 2012 - 2 U 56/11, DAR 2012, 578 = BeckRS 2012, 15693; vgl. weiter bei Reinert, in: Beck'scher Online-Kommentar zum BGB, 70. Edition mit Stand 1. August 2023, § 839 BGB Rdnr. 70).
Hindernisse auf oder in der Fahrbahn sind grundsätzlich zu beseitigen, soweit sich aus ihnen Gefahren ergeben, die unvermutet sind und die Verkehrsteilnehmer nicht oder nicht ohne weiteres erkennen und auf die sie sich nicht rechtzeitig einrichten können (BGH, Urteil vom 5. Juli 2012 - III ZR 240/11 -, NVwZ-RR 2012, 831 = MDR 2012, 1088, Rdnr. 11). Das umfasst auch erhebliche Fahrbahnunebenheiten wie Schlaglöcher und Bodenwellen. Zwar muss jeder Verkehrsteilnehmer grundsätzlich mit Hindernissen auf der Fahrbahn rechnen und sich auf sie einstellen. Hierzu gehört für Fahrzeugführer, das Sichtfahrgebot nach § 3 StVO zu wahren, um Gefahrenstellen rechtzeitig zu erkennen und ihnen auszuweichen. Ein besonders schlechter Straßenzustand warnt dabei gewissermaßen vor sich selbst und muss daher nicht extra ausgewiesen werden (Senat, Urteil vom 13. Februar 2007 - 2 U 12/06 -, Rdnr. 16 f). Wo der Gesamtzustand einer Straße so schlecht ist, dass sie einem einzigen Schlagloch gleicht, wird kein Verkehrsteilnehmer mehr berechtigte Sicherheitserwartungen haben können. Der Verkehrssicherungspflichtige ist allerdings dann nicht vollständig entlastet, wenn die Gefahrenstelle zwar erkennbar ist, der konkrete Umfang aber für den Verkehrsteilnehmer nicht oder in der konkreten Situation nicht vollständig eingeschätzt werden kann (Rebler, Verkehrssicherungspflicht: Straßenzustand, Bauarbeiten, Bäume, ZfSch 2019, 185/187 f; Tassarek-Schröder/Rönsberg in: Rotermund/Krafft, Kommunales Haftungsrecht, 5. Auflage 2013, Kapitel I Rdnr. 598 f). Der Benutzer muss sich rechtzeitig auf die Gefahren einstellen können (BGH, Urteil vom 5. Juli 2012 - III ZR 240/11 -, NVwZ-RR 2012, 831 = MDR 2012, 1088, Rdnr. 11).
Das gilt grundsätzlich ebenso für Fahrradfahrer. Auch sie haben prinzipiell die öffentlichen Straßen und Wege so hinzunehmen, wie sie sich ihnen erkennbar darbieten, und müssen etwaigen erkennbaren Gefahren durch eine entsprechend vorsichti...