Verfahrensgang
AG Zehdenick (Beschluss vom 19.05.2015; Aktenzeichen 31 F 50/15) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG Zehdenick vom 19.05.2015 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 Euro festgesetzt.
II. Der Antrag der Antragsgegnerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
I. Die beschwerdeführende Antragsgegnerin erstrebt die Durchführung eines ehevertraglich ausgeschlossenen Versorgungsausgleichs.
Der am 17.08.1978 geborene Antragsteller und die am 22.08.1983 geborene Antragsgegnerin sind seit 01.09.1998 und 04.10.2004 Polizisten in Brandenburg, Eltern eines am 31.08.2008 geborenen Sohnes und schlossen am 29.08.2009 die Ehe, aus der ein am 29.05.2011 geborener weiterer Sohn hervorging. Die Eheleute trennten sich am 01.07.2013 und schlossen nach Auszug des Antragstellers zum 01.10.2013 am 23.10.2013 eine notarielle Scheidungsvereinbarung. In dieser vereinbarten sie, der Antragsteller als Polizist in der Besoldungsgruppe A 10, die Antragsgegnerin als Polizistin in der Besoldungsgruppe A 9, für die Zukunft Gütertrennung, erklärten, dass ein Zugewinnausgleich durch urkundlich weiter getroffene Vereinbarungen erledigt sei, schlossen den Versorgungsausgleich aus und verzichteten auf nachehelichen Unterhalt mit Ausnahme von Betreuungsunterhalt; zum weiteren Inhalt wird auf die Ablichtung der Vertragsurkunde verwiesen (8 ff).
Auf den am 23.01.2015 zugestellten Scheidungsantrag, dem die Antragsgegnerin im Termin am 19.05.2015 zugestimmt hat, hat das AG die Ehe der Beteiligten geschieden und einen Versorgungsausgleich nach § 6 VersAusglG nicht stattfinden lassen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde erstrebt die Antragsgegnerin die Durchführung des Versorgungsausgleichs. Unter Hinweis auf einen 12monatigen Bezug von Elterngeld nach der Geburt des zweiten Sohnes durch sie und darauf, dass sie während der übrigen Ehezeit Anwartschaften lediglich aus einem Bruttogehalt von 2.841,91 EUR erwerben konnte, der Antragsteller hingegen bis zum 31.12.2013 aus einem Bruttogehalt von 3.116,15 EUR und sodann aus einem solchen von 3.600 EUR und wegen aus ihrer Sicht für sie nachteilige Regelungen halte der Vertrag, den sie mangels finanzieller Mittel ungeprüft gelassen und unter psychischer Anspannung unterschrieben habe, auch in Ansehung einer dem Antragsteller anzulastenden fehlenden Regulierung eines Einbruchsschadens, einer vom ihm weitgehend einbehaltenen Steuerrückzahlung und seiner bis heute fehlenden Beteiligung an Kita- und Hortkosten einer Inhaltskontrolle nicht stand.
Der Antragsteller verteidigt den angefochtenen Beschluss und tritt dem Beschwerdevorbringen entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf den Schriftsatzwechsel im Beschwerderechtszug. Er entscheidet ohne mündliche Verhandlung (§ 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG), von der ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten ist.
II. Die nach §§ 58 ff, 228 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Dass die Antragsgegnerin erstmals zweitinstanzlich Angriffe gegen die Notarvereinbarung (im Folgenden auch: NV) führt, die dem AG für sich genommen keinen Anlass zu einer weiter gehenden Prüfung gab (vgl. hierzu Senat, B. v. 11.08.2015 - 13 UF 102/14 = NotBZ 2016, 43), steht ihrer Beschwerdeberechtigung nicht entgegen (vgl. Schulte-Bunert/Weinreich/Unger, FamFG, 4. Aufl., § 59, Rn. 18).
2. Die Beschwerde ist unbegründet. Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt, weil die Eheleute ihn durch Vereinbarung ausgeschlossen haben, § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VersAusglG. Der Senat ist hieran gebunden, weil weder Wirksamkeits- noch Durchsetzungshindernisse bestehen, § 6 Abs. 2 VersAusglG.
a) Die Vereinbarung ist formell wirksam, da sie in gleichzeitiger Anwesenheit beider Eheleute notariell beurkundet wurde, §§ 7 Abs. 3 VersAusglG, 1410 BGB.
b) Die Vereinbarung hält einer Inhalts- und Ausübungskontrolle stand, § 8 Abs. 1 VersAusglG.
aa) Der Ehevertrag vom 23.10.2013 hält der Wirksamkeitskontrolle am Maßstab des § 138 BGB stand. Nach gefestigter höchstrichterlich Rechtsprechung, der der Senat folgt, unterliegen die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten. Die Disponibilität der Scheidungsfolgen darf allerdings nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle ist zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz ...