Verfahrensgang
AG Brandenburg (Entscheidung vom 22.08.2006; Aktenzeichen 42 F 131/06) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - B... vom 22.08.2006 - 42 F 131/06 unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1.
Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, die Kinder Au... G..., geb. am ... 2003 und Ar... G..., geb. am ... 2000, derzeitiger Aufenthalt in ...ring ..., E... zum Zwecke der Rückführung nach, S..., Frankreich, sofort an den Antragsteller herauszugeben.
2.
Für den Fall, dass die Antragsgegnerin die freiwillige Herausgabe der beiden Kinder an den Antragsteller verhindert, wird ihr für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziff. 1. ein Ordnungsgeld von bis zu 10.000,- EUR und Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
3.
Zum Vollzug von Ziff. 2. wird angeordnet, dass der Gerichtswachtmeister, bzw. außerhalb des Geländes des OLG der Gerichtsvollzieher beauftragt und ermächtigt wird, zur Durchsetzung der Herausgabe unmittelbaren Zwang gegen jede zur Herausgabe verpflichtete Person und erforderlichenfalls auch gegen die Kinder anzuwenden. Die Vollstreckungsbeamten sind ermächtigt, sich der Amtshilfe polizeilicher Vollstreckungsorgane zu bedienen.
4.
Die sofortige Vollziehung dieses Beschlusses zum Zwecke der Rückführung wird angeordnet.
5.
Die Vollziehung dieses Beschlusses ist ohne Vollstreckungsklausel zulässig.
6.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen, einschließlich der Rückführungskosten.
7.
Beschwerdewert: 10.000,- EUR
Gründe
I.
Der Antragsteller (der Vater) und die Antragsgegnerin (die Mutter) lebten in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mindestens seit 1999 in S... (Frankreich). Der Antragsteller ist französischer Staatsangehöriger, die Antragsgegnerin besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Aus ihrer Beziehung sind der Sohn Ar... G..., geb. am ... 2000, und die Tochter Au... G..., geb. am ... 2003, hervorgegangen. Der Antragsteller hat jeweils vor der Geburt der Kinder mit Zustimmung der Antragsgegnerin die Vaterschaft urkundlich anerkannt.
Am 10.2.2006 verließ die Antragsgegnerin ohne vorherige Information des Antragstellers mit beiden Kindern die gemeinsame Wohnung in S... und zog nach E.... Dort angekommen, teilte sie dem Antragsteller mit, dass sie sich von ihm getrennt habe und mit den Kindern in Deutschland bleiben werde. Am 16.2.2006 beantragte sie vor dem Amtsgericht E... die Übertragung des alleinigen elterlichen Sorgerechts und die einstweilige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für beide Kinder auf sich. Zur Begründung führte sie aus, sie befürchte, dass der Vater die Kinder gegen ihren Willen nach Frankreich zurückholen werde. Das Amtsgericht E... erließ in dem hierauf eingeleiteten Sorgerechtsverfahren (7 F 26/06) noch am gleichen Tage eine einstweilige Anordnung, mit der es der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder einstweilen übertrug. Das Sorgerechtsverfahren wurde später an das Amtsgericht B... abgegeben (dortiges Aktenzeichen: 43 F 111/06), das mit Beschluss vom 21. September 2006 die einstweilige Anordnung des Amtsgerichts E... vom 16.2.2006 wieder aufhob.
Der Antragsteller hat die Ansicht vertreten, dass die Antragsgegnerin die Kinder widerrechtlich nach Deutschland verbracht und damit eine Kindesentführung im Sinne des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.1980 (HKÜ) begangen habe.
Er hat sinngemäß beantragt,
die Kinder nach Frankreich zurückzuführen und an ihn herauszugeben.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
die Anträge des Antragstellers zurückzuweisen.
Eine Rückführung entspreche nicht dem Wohl der Kinder. Diese seien in Frankreich im Wesentlichen von den im gleichen Haus wohnenden Eltern des Antragstellers versorgt und mit übermäßiger Strenge erzogen worden. Mit Billigung des Antragstellers hätten sie es der Antragsgegnerin erschwert, neben ihrer Berufstätigkeit gemeinsame Aktivitäten mit den Kindern zu entfalten. Der Kindesvater sei wegen vollschichtiger Erwerbstätigkeit kaum in der Lage gewesen, sich um die Kinder zu kümmern. Diese besuchten in E... den Kindergarten und hätten dort ihren Lebensmittelpunkt gefunden.
Das Amtsgericht B... hat für beide Kinder eine Verfahrenspflegerin bestellt und deren Stellungnahme sowie die des für E... zuständigen Jugendamtes eingeholt. Im Termin vom 27.06.2006 hat das Amtsgericht beide Kinder sowie die Eltern und die Verfahrenspflegerin persönlich angehört. Während der Anhörung der Eltern hat die Antragsgegnerin einen Befangenheitsantrag gegen die die Anhörung durchführende Richterin gestellt. Die Richterin hat daraufhin entschieden, die Verhandlung nicht fortzusetzen. Mit Beschluss vom 29.6.2006 hat das Amtsgericht sodann den Befangenheitsantrag zurückgewiesen. Nachdem die hiergegen erhobene Beschwerde der Antragsgegnerin mit Senatsbeschluss vom 31.7.2006 (15 WF 343/06) zurückgewiesen wurde, hat das Amtsgericht ohne nochmalige persönlich...