Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Versorgungsausgleich bei gekündigter Lebensversicherung
Leitsatz (amtlich)
Eine nach Ehezeitende und vor der Entscheidung des Gerichts über den VA gekündigte und ausgezahlte Lebensversicherung, die ursprünglich dem VA unterfallen wäre, ist nicht im Wege der internen Teilung auszugleichen.
Normenkette
VersAusglG §§ 27, 29
Verfahrensgang
AG Bad Liebenwerda (Aktenzeichen 20 F 172/09) |
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin vom 16.8.2010 auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe
Der Antrag ist gem. § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. §§ 114, 119 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Der durch die Antragstellerin eingelegten Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG bezüglich der Entscheidung zum Versorgungsausgleich fehlt die notwendige Erfolgsaussicht.
1. Zutreffend hat das AG die Versorgung der Antragstellerin hinsichtlich des Ausgleichs ihrer Lebensversicherung bei der A. versicherung AG mit einem Kapitalwert von 1.024,09 EUR nicht gem. § 10 VersAusglG durch interne Teilung ausgeglichen. Die Antragstellerin hat diese mit einem Ausgleichswert von 1.024,09 EUR versehene Versorgung zum 1.12.2008 gekündigt und ausbezahlt erhalten (vgl. die Auskunft der A. versicherung AG vom 22.12.2009, Bl. 103 f. d.A.). Gleiches gilt im Übrigen auch für die weitere bei dieser Beteiligten geführte Lebensversicherung der Antragstellerin mit einem Ausgleichswert von 4.291,67 EUR (vgl. dazu die Auskunft der Beteiligten vom 17.12.2009, Bl. 94 f. d.A.). Daher durften diese Versorgungen nicht mehr im Versorgungsausgleich unmittelbar ausgeglichen werden, da zur Zeit des Entscheidungszeitpunktes des AG die Versorgung nicht mehr existent war. Daran ändert auch die Vorschrift des § 29 VersAusglG nichts, da die Kündigung gleichwohl wirksam war (allgemein dazu NK-BGB/Götsche, 2. Aufl. 2010, § 5 VersAusglG Rz. 32 und § 29 Vers-AusglG Rz. 11).
Da hiernach das AG die Versorgung zutreffend mangels eines noch vorhandenen Ehezeitanteils nicht mehr berücksichtigen konnte, kommt es auf die weitere Frage, inwieweit diese Versorgung unter Umständen gem. § 18 VersAusglG wegen Geringfügigkeit auszuschließen war, im Grundsatz nicht mehr an.
2. Zutreffend hat das AG jedoch die aufgelöste Versorgung im Rahmen seiner Entscheidung nach § 27 VersAusglG im Wege einer Verrechnung mit auf Seiten des Antragsgegners vorhandenen Anrechten berücksichtigt.
a. Nach § 27 Satz 1 VersAusglG findet ein Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Dies ist nach § 27 Satz 2 VersAusglG der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen. Mit § 27 VersAusglG wird ein Auffangtatbestand eingeführt, der in Fällen grober Unbilligkeit eine Korrektur ungerecht erscheinender Ergebnisse bei der Durchführung des Versorgungsausgleiches ermöglicht. Der Versorgungsausgleich ist grob unbillig, wenn seine rein schematische Durchführung unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falls dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs, eine dauerhaft gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an den in der Ehezeit insgesamt erworbenen Versorgungsanrechten zu gewährleisten, in unerträglicher Weise widersprechen würde (BGH FamRZ 2005, 1238 zum bis 31.8.2009 geltenden Recht - § 1587c BGB a.F.). Die Vorschrift stellt eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben gem. § 242 BGB dar (BGH FamRZ 2007, 996 zum bis 31.8.2009 geltenden Recht - § 1587c BGB a.F.). Der Regelungsbereich des § 27 VersAusglG betrifft insbesondere versorgungs- oder familienfeindliche Verhaltensweisen auf Seiten eines Ehegatten (NK-BGB/Götsche, 2. Aufl. 2010, § 27 VersAusglG Rz. 2). So kann ein völliger oder teilweiser Ausschluss des Ausgleichs veranlasst sein, wenn ein Ehepartner in Bezug auf seine Versorgungsanrechte treuwidrig handelt. In Betracht kommt etwa die Kündigung privater Vorsorgeverträge in der Absicht, sie dem Ausgleich zu entziehen (BT-Drucks. 16/10144, 68; Breuers in: jurisPK-BGB, 4. Aufl. 2008, § 27 VersAusglG Rz. 31; NK-BGB/Götsche, 2. Aufl. 2010, § 27 VersAusglG Rz. 52). In solchen Fällen kann vom Ausgleich einzelner oder mehrerer Anrechte des anderen Ehegatten nach § 27 VersAusglG abgesehen werden (Breuers in: jurisPK-BGB, 4. Aufl. 2008, § 27 VersAusglG Rz. 31). Der Versorgungsausgleich ist dann anhand der korrespondierenden Kapitalwerte so durchzuführen, als stünden dem Manipulierenden die treuwidrig nicht erworbenen oder hingegebenen Versorgungsanrechte zu (OLG Karlsruhe FamRZ 1986, 917; NK-BGB/Götsche, 2. Aufl. 2010, § 27 VersAusglG Rz. 56 mit Beispiel).
b. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 27 VersAusglG spielt es im Grundsatz keine Rolle, ob ein lediglich als geringfügig gem. § 18 VersAusglG zu bewertendes Anrecht dem Ausgleichsberechtigten - hier dem Antragsgegner - entzogen worden ist. Dies folgt bereits daraus, dass der Ausschluss eines als gering i.S.d. § 18 VersAusglG anzusehenden Anrechts nicht zwingende gesetzliche Folge ist. § 18 Abs. 1 bzw. Abs. 2 VersA...