Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Geringfügigkeitsprüfung bei auf Entgeltpunkten und auf Entgeltpunkten (Ost) der gesetzlichen Rentenversicherung beruhenden Anrechten
Normenkette
VersAusglG § 18 Abs. 1-2
Tenor
1. Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluss hinsichtlich des Versorgungsausgleichs (Ziff. II. des Tenors) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Im Wege interner Teilung werden zu Lasten des Kontos der Antragstellerin bei der Beteiligten, Versicherungsnummer:..., zugunsten des Versicherungskontos des Antragsgegners bei der Beteiligten, Versicherungsnummer:..., an Entgeltpunkten 0,1940 sowie an Entgeltpunkten (Ost) 1,9185 übertragen.
Im Wege interner Teilung werden zu Lasten des Kontos des Antragsgegners bei der Beteiligten, Versicherungsnummer:..., zugunsten des Versicherungskontos der Antragstellerin bei der Beteiligten, Versicherungsnummer:..., an Entgeltpunkten 0,9411 sowie an Entgeltpunkten (Ost) 1,1724 übertragen.
2. Die Entscheidung ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert beträgt 2.116 EUR.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die gem. §§ 58 ff. FamFG statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde der Beteiligten hat Erfolg. Das AG hat unzutreffend den Versorgungsausgleich gem. § 18 VersAusglG insgesamt ausgeschlossen.
1. Die Ehezeit gem. § 3 Abs. 1 VersAusglG ist die Zeit vom 1.7.2002 bis 31.10.2009. In dieser Zeit haben nach den Auskünften des beteiligten Versorgungsträgers vom 26.4.2010 und 18.8.2010 (Bl. 12 ff, 25 ff. VA-Heft) die Ehegatten die nachfolgend dargestellten Anrechte erworben. An den insoweit mitgeteilten Werten und den entsprechenden Vorschlägen hinsichtlich des Ausgleichswertes und des korrespondierenden Kapitalwertes bestehen keine Bedenken, solche werden auch nicht im Rahmen des Beschwerdeverfahrens von den Beteiligten vorgebracht:
Antragstellerin |
|
Ehezeitanteil |
Ausgleichswert |
korrespondierender Kapitalwert |
Entgeltpunkte |
0,3879 |
0,1940 |
1.192,11 EUR |
Entgeltpunkte/Ost |
0,8369 |
1,9185 |
9.933,46 EUR |
Antragsgegner |
|
Ehezeitanteil |
Ausgleichswert |
korrespondierender Kapitalwert |
Entgeltpunkte |
1,8822 |
0,9411 |
5.782,99 EUR |
Entgeltpunkte/Ost |
2,3448 |
1,1724 |
6.070,36 EUR |
Weitere Anrechte außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung haben die Ehegatten nicht erworben.
2. Der Versorgungsausgleich ist auf Grundlage des § 10 Abs. 1 VersAusglG durch interne Teilung jedes einzelnen der vorgenannten Anrechte durchzuführen. Insbesondere besteht entgegen den Ausführungen des AG kein Grund für einen Ausschluss des Versorgungsausgleiches gem. § 18 VersAusglG, sei es teilweise, sei es insgesamt. Für einen Ausschluss des Versorgungsausgleiches gem. § 18 Abs. 1 VersAusglG fehlt es an den dafür notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen.
a. Sind die im Versorgungsausgleich auszugleichenden Werte geringfügig, soll der Versorgungsausgleich nach § 18 Abs. 1 VersAusglG bei einer geringen Wertdifferenz gleichartiger Anrechte bzw. nach § 18 Abs. 2 VersAusglG bei geringen einzelnen Ausgleichswerten ausgeschlossen werden. Dabei besteht eine zwingende Stufenfolge zwischen § 18 Abs. 1 VersAusglG und § 18 Abs. 2 VersAusglG (OLG Jena FamRZ 2011, 38; Johannsen/Henrich/Holzwarth, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 18 VersAusglG Rz. 14; NK-BGB/Götsche, 2. Aufl. 2010, § 18 Rz. 6; Hauß, FPR 2009, 214, 218): Zunächst ist zu prüfen, ob Anrechte der Ehegatten zueinander gleichartig sind. Ist dies der Fall, ist § 18 Abs. 1 Vers-AusglG einschlägig und es kommt auf die Wertdifferenz der Ausgleichswerte der gleichartigen Anrechte an. Erst im Anschluss daran kann eine Prüfung einzelner Ausgleichswerte nach § 18 Abs. 2 VersAusglG erfolgen.
b. Für die Anwendung von § 18 Abs. 1 VersAusglG oder § 18 Abs. 2 VersAusglG ist zwischen den Entgeltpunkten und den Entgeltpunkten (Ost) der gesetzlichen Rentenversicherung zu differenzieren.
§ 18 VersAusglG stellt bei der Anwendung des Abs. 1 und Abs. 2 auf das einzelne Anrecht ab. Das gilt auch für mehrere Anrechte beim selben Versorgungsträger, die zueinander verschiedenartig sind. In der gesetzlichen Rentenversicherung sind Entgeltpunkte im Verhältnis zu Entgeltpunkten (Ost) verschiedenartig. So erfolgt beispielsweise der interne Ausgleich nach § 10 VersAusglG getrennt nach den Entgeltpunkten und den Entgeltpunkten (Ost) der gesetzlichen Rentenversicherung, § 264a SGB VI (vgl. OLG Celle FamRZ 2010, 979). Vergleichbares gilt bei der Bemessung des Verfahrenswerts nach § 50 FamGKG. Hier stellen die in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Entgeltpunkte und Entgeltpunkte (Ost) separate Anrechte i.S.d. § 50 FamGKG dar (OLG Nürnberg NJW 2011, 620).
Weshalb diese dynamikbedingte Differenzierung bei Anwendung sonstiger Normen, insb. solcher des VersAusglG, entfallen sollte, erschließt sich schon deshalb nicht. Eine Saldierung dieser West- und Ost-Anrechte der Ehegatten erfolgt auch im Rahmen der Geringfügigkeitsprüfung nach § 18 VersAusglG nicht. Soweit dies bei Anwendung des § 18 VersAusglG im Einzelnen umstritten ...