Tenor

Der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ...... vom 24. August 2005 wird insoweit aufgehoben, als die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten festgestellt worden ist.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten hierin entstandenen notwendigen Auslagen werden der Landeskasse auferlegt.

 

Gründe

I.

Der Senat hat über die sofortige Beschwerde des zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Beschwerdeführers gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts an der Havel vom 24. August 2005 zu entscheiden, mit welchem "bezüglich der Verurteilung durch die 1. große Strafkammer des Landgerichts ......vom 6. Juli 1994 (20 Ks 9/93) die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten" festgestellt worden ist.

Das Landgericht ......hatte im oben genannten Verfahren gegen den Beschwerdeführer wegen dreifachen Mordes eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt. Nach den Urteilsgründen hatte dieser am 22. September 1990 seine Ehefrau und seine zwei Stieftöchter ........ durch einen bewusst herbeigeführten Verkehrsunfall mit anschließender Inbrandsetzung des Pkw, in welchem sich die vorgenannten Personen befanden, getötet. Zur Rechtsfolgenentscheidung hat die Schwurgerichtskammer ausgeführt:

"Da die Tatbegehung vor dem 3.10.1990, dem Tag der Herstellung der Deutschen Einheit liegt, findet gem. Art. 315 EGStGB ...... das materielle Strafrecht der DDR Anwendung. Die objektive (äußere Seite) des Straftatbestandes des Mordes gem. § 112 Abs. 1 und 2 Nr. 3 StGB-DDR in der Fassung des 4. StÄG vom 18. Dezember 1987 ........erfüllte der Angeklagte, ...

Der Straftatbestand des Mordes gem. § 112 Abs. 1 .... sieht einen Strafrahmen von nicht unter zehn Jahren oder lebenslängliche Freiheitsstrafe vor, während der seit dem 3.10.1990 geltende Straftatbestand des Mordes gem. § 211 Abs. 1 StGB für den Mörder eine lebenslange Freiheitsstrafe bestimmt, die dann absolut und zwingend ist, wenn außergewöhnliche schuldmildernde Umstände, aufgrund welcher die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe als unverhältnismäßig erscheint, wodurch der Strafrahmen des § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB anzuwenden wäre, nicht gegeben ist.

Als milderes Gesetz war daher das materielle Recht der DDR anzuwenden, das in §§ 112 Abs. 1 und 2 Nr. 3 des 4. StÄG -DDR fixiert, dass insbesondere auf lebenslängliche Freiheitsstrafe erkannt werden kann, wenn die Tat in besonders brutaler Weise begangen wird. Wie bereits ausgeführt, ist das Mordmerkmal der Tötung in besonders brutaler Weise vorliegend gegeben. Sie ist Ausdruck der gefährlichen unmenschlichen Tatausführung des Angeklagten und lässt auch im Hinblick auf die Täterpersönlichkeit des Angeklagten keine außergewöhnlichen schuldmindernden Umstände erkennen. Vielmehr ist die Schuld des Angeklagten von einer besonderen Schwere gekennzeichnet. Sie ist im vorliegenden Fall vor allem deshalb besonders schwer, weil das gesamte Tatbild einschließlich der Persönlichkeit des Angeklagten von den erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Mordfällen erheblich abweicht. Der Angeklagte hat mit seiner Tötungshandlung zugleich mehrere Menschen ermordet. Darüber hinaus zeichnet sich die Tatausführung des Angeklagten durch besonders verwerfliche Umstände aus, wodurch sich sein Schuldgehalt deutlich über den vergleichbarer Fälle hinaushebt und eine besondere Schuldschwere beim Angeklagten zum Tragen kommt. ..."

Der Tenor des Urteils der Schwurgerichtskammer des ..... enthält neben der Verurteilung wegen dreifachen Mordes zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe keine Feststellung der besonderen Schwere der Schuld.

Gegen das Urteil vom 6. Juli 1994 legte der Angeklagte Revision ein. Die Revision wurde durch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16. Mai 1995 als unbegründet verworfen.

Der Verurteilte befindet sich nach vorausgegangener Untersuchungshaft seit dem 17. Mai 1995 in Strafhaft. 15 Jahre Freiheitsstrafe wird der Verurteilte voraussichtlich am 30. September 2007 verbüßt haben.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2004 beantragte der Verurteilte, die Schwere seiner Schuld im Sinne von § 57 a StGB zu prüfen und ggf. die Mindestverbüßungsdauer festzusetzen. Die Staatsanwaltschaft .....beantragte, die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten und eine Mindestverbüßungsdauer von 20 Jahren festzustellen.

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts .....hat durch Beschluss vom 24. August 2005 die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten festgestellt und die weiteren Anträge als unzulässig verworfen. Der Beschluss wurde dem Verurteilten am 21. September 2005 und dem Verteidiger am 16. September 2005 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 23. September 2005 legte der Verteidiger für den Verurteilten sofortige Beschwerde ein, die er mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2005 im Wesentlichen damit begründete, dass die Strafvollstreckungskammer in unzulässiger Weise von den Feststellungen des Schwurgerichts abgewichen sei und die Voraussetzungen der besonderen Schwere der Schuld bei dem Verurteilten nicht hätten ...

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