Leitsatz (amtlich)
Ein im Wesentlichen durch Eltern getragener Verein, der darauf gerichtet ist, eine Kindertagesstätte zu errichten und zu betreiben, um hierdurch einen Beitrag zur Erziehung und Förderung der Kinder zu leisten, ist nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet.
Normenkette
BGB §§ 21-22
Verfahrensgang
AG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 84 AR 75/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird die Zwischenverfügung der Rechtspflegerin des AG Frankfurt/O. vom 13.11.2014 aufgehoben.
Das AG wird angewiesen, die Eintragung des Antragstellers im Vereinsregister nicht mit der Begründung abzulehnen, der Zweck des Antragstellers bestehe in der Ausübung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Gründe
I. Die Mitglieder des Antragstellers haben diesen am 25.6.2014 gegründet und eine Satzung verabschiedet (Bl. 6 ff. d.A.), die während des Anmeldeverfahrens am 17.12.2014 teilweise abgeändert worden ist. Satzungsgemäßer Vereinszweck sind nach § 2 die Förderung der Jugendhilfe und die Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung auf der Grundlage der Pädagogik Rudolf Steiners. Dieser Zweck soll durch die Veranstaltung von Vorträgen, Seminaren und Workshops zu Themen der künstlerischen und wissenschaftlichen Grundlagen der Waldorfpädagogik und den Betrieb einer Kindertagesstätte als Einrichtung der freien Jugendhilfe in Trägerschaft der Eltern erreicht werden.
Das AG hat durch Zwischenverfügung vom 17.11.2014 mitgeteilt, dass der Eintragung im Vereinsregister ein Hindernis entgegenstehe. Der Betrieb einer Kindertagesstätte sei als wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen, die nicht nur Nebenzweck des Vereins sei. Das Eintragungshindernis könne nur dadurch behoben werden, dass in der Satzung jeglicher Hinweis auf das Betreiben einer Kindertagesstätte gestrichen werde.
Gegen die ihm am 24.11.2014 zugestellte Zwischenverfügung wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde vom 19.12.2014, beim AG eingegangen am 22.12.2014. Die am 17.12.2014 beschlossene Satzungsänderung enthält in § 2 Nr. 2 als Vereinszweck u.a. weiterhin "den Betrieb einer Kindertagesstätte als Einrichtung der freien Jugendhilfe in Trägerschaft der Eltern".
Der Antragsteller begründet seine Beschwerde wie folgt:
Im Vordergrund seiner Aktivitäten stehe die Umsetzung der ideellen Ziele der Waldorfpädagogik, es gehe ihm nicht um den Betrieb einer Kindertagesstätte als solcher. Der mit der Kindertagesstätte einhergehende Geschäftsbetrieb werde überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand finanziert. Gründe des Gläubigerschutzes könnten dann nicht tragend sein. Die wirtschaftliche Betätigung, die mit dem Betrieb verbunden sei, sei lediglich ein Mittel zur Erreichung des - rein ideellen - Zwecks und allenfalls als Nebenzweck anzusehen. Die steuerliche Anerkennung als gemeinnützig indiziere, dass eine wirtschaftliche Betätigung nur Nebenzweck sei. Die Eltern der in der Tagesstätte zu betreuenden Kinder hätten schließlich viele weitere Aufgaben, so die Organisation von Elternabenden, Basaren, Garteneinsätze, Putzaktionen zur Reinigung der Tagesstätte, Gestaltung der Jahresfeste usw. Die Beschwerde weist darauf hin, dass gemeinnützige Einrichtungen in Deutschland seit jeher in der Form des eingetragenen Vereins betrieben würden.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 4.3.2015).
II. Die Beschwerde ist statthaft gem. § 382 Abs. 4 S. 2 FamFG und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der Frist des § 63 Abs. 1 FamFG eingelegt worden. In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg. Anders als das AG gemeint hat, steht der Eintragung des Antragstellers nicht entgegen, dass sein Zweck i.S.d. § 21 BGB auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet wäre.
1. Zutreffend hat das AG seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass der Betrieb der Kindertagesstätte den maßgeblichen Schwerpunkt der Betätigung des Antragstellers bildet. Die neben der Einrichtung der Tagesstätte in der Satzung genannten Tätigkeitsfelder treten dahinter zurück. Schon der personelle und sachliche Aufwand, den eine Tagesstätte erfordert, geht weit über den Aufwand hinaus, der durch die Veranstaltung von Vorträgen und Seminaren verursacht wird. Die Vorträge und Seminare flankieren auch inhaltlich nur den eigentlichen Kern der Vereinstätigkeit, der in der pädagogischen Betreuung der Kinder liegt; diese findet im Wesentlichen in der Tagesstätte statt.
2. Damit ist die Frage aber noch nicht beantwortet, ob der Betrieb der Kindertagesstätte "Zweck" i.S.d. §§ 22, 23 BGB ist. Mit den Mitteln formaler Begrifflichkeit ist kaum zu entscheiden, ob der Beweggrund oder das "letzte" Ziel zum Zweck erklärt wird, oder eines der Mittel, die letztlich dem Ziel dienen. Die Notwendigkeit dieser Unterscheidung ist älter als das BGB; so sah schon das Bayr. Gesetz vom 29.4.1869 (zitiert bei Staudinger, Seuff. Bl. für Rechtsanwendung, Bd. 62, 314, 316) die Versagung der Zulassung derjenigen Vereine vor, welche "auf Erwerb, Gewinn oder eige...