Verfahrensgang
AG Neuruppin (Beschluss vom 14.06.2016; Aktenzeichen 55 F 215/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG Neuruppin vom 14.06.2016 aufgehoben. Die Sache wird zur ordnungsgemäßen Durchführung des Überprüfungsverfahrens an das AG zurückverwiesen.
Gründe
1. Der Antragsgegner wendet sich gegen die Aufhebung einer Verfahrenskostenhilfebewilligung.
Mit Beschluss vom 13.06.2013 hat ihm das AG ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für ein Kindesunterhaltsverfahren bewilligt und ihm eine Rechtsanwältin beigeordnet (14 VK).
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe aufgehoben, da der Antragsgegner trotz mehrfacher Aufforderung dem Auskunftsverlangen nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO aF unzureichend nachgekommen sei.
Der sofortigen Beschwerde des Antragsgegners hat das AG gestützt auf einen weiterhin fehlenden Steuerbescheid nicht abgeholfen und die Sache mit Nichtabhilfebeschluss dem Senat vorgelegt.
2. Auf das Aufhebungsverfahren, das auf eine Bewilligung vor 2014 zurückgeht, ist das bis zum 31.12.2013 geltende Recht anzuwenden, § 40 S. 1 EGZPO.
Die nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat vorläufig Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das AG zur Nachholung eines ordnungsgemäßen Überprüfungsverfahrens, § 120 Abs. 4 ZPO aF.
Das AG hat das Recht des Antragsgegners auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, 52 Abs. 3 VerfBbg) schwerwiegend verletzt, indem es wesentliche Teile des Überprüfungsverfahrens ohne Einbeziehung der Verfahrensbevollmächtigten durchgeführt hat. Von den Aufforderungen des AG vom 29.03.2016 und 02.05.2016 hatte die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners nach Aktenlage keine Kenntnis (34, 34r VK). Art. 103 Abs. 1 GG verbürgt den Anspruch des Verfahrensbeteiligten, vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können. Das setzt eine zutreffende und vollständige Information des insoweit in erster Linie zum Tätigwerden bevollmächtigten Rechtsanwaltes voraus.
Hier war in erster Linie zum Tätigwerden die beigeordnete Rechtsanwältin bevollmächtigt (vgl. 26), und an sie haben auch nach dem formellen Abschluss des Hauptsacheverfahrens Zustellungen im Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren (§§ 120 Abs. 4, 124 ZPO aF) gemäß § 172 Abs. 1 ZPO zu erfolgen (vgl. BGH FamRZ 2011, 463). Das Adressierungsgebot aus § 172 ZPO gilt gleichermaßen für formlose Mitteilungen (vgl. Stöber in: Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 172 ZPO, Rn. 2 m.w.N., BeckOK ZPO/Dörndorfer ZPO § 172 Rn. 1, Stand: 01.03.2016).
In Ansehung der Bedeutung des Überprüfungsverfahrens für den Rechtsschutz und das rechtliche Gehör des Rechtsmittelführers und wegen der vom Gesetz bezweckten Entlastung des Beschwerdegerichts drängt hier die Schwere des Mangels, namentlich bei Fehlen einer besonderen Eilbedürftigkeit, zu einer Zurückverweisung (vgl. MüKoZPO/Lipp § 572 Rn. 16 m.w.N.).
Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nicht zu entscheiden (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO).
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 574 Abs. 2, Abs. 3 ZPO), besteht nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 9823233 |
FuR 2017, 32 |